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Der Consul

Der Consul

Titel: Der Consul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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die Villen ihrer Väter und hatten von einem Abenteuer zu berichten.
    Wir gingen zur Leiche. Der Leichenwagen stand daneben, die Träger hatten den Sarg auf dem Boden abgestellt und rauchten. Irgend etwas schien den Arzt veranlasst zu haben, den Abtransport zu stoppen. Jetzt sah ich die Leiche auf dem Bauch liegen. Münting steckte seine Nase zwischen Röhms verdrehte Hände.
    »Was ist?« fragte ich ihn.
    Er winkte mich hinunter. Ich beugte mich zu Röhms Händen und roch.
    »Riechen Sie es?« fragte der Arzt.
    Es stank nach Öl, besonders an den Kabelenden. »Was?«
    »Das Öl.«
    »Ja. Na und? Ist wohl durch eine Ölpfütze geschwommen.«
    »Schauen Sie sich mal die Fessel an.«
    Es war ein dickes schwarzes Stromkabel.
    »Die verwendet man draußen oder in Feuchträumen«, sagte Münting. »Röhm wurde in Rückenlage angeschwemmt. Könnte doch sein, dass er so die Spree hinuntergetrieben wurde. Wenn es so ist und die Fessel nach Öl stinkt, muss das Öl irgendwann zwischen Isolierung und Leitdraht eingesickert sein, bevor Röhm ins Wasser geworfen wurde. Öl schwimmt bekanntlich.«
    »Aha«, sagte ich. Mir erschien die Theorie waghalsig.
    Münting warf mir einen bösen Blick zu. »Ich serviere Ihnen Spuren, und Sie interessieren sich nicht dafür.«
    »Entschuldigen Sie«, sagte ich. Münting war reizbar, ich wusste es. Es wäre dumm gewesen, ihn zu verärgern. Ich begann zu frieren, der Regen hatte meinen Mantel an den Schultern durchnässt. »Wenn er also die ganze Zeit auf dem Rücken getrieben ist, dann wurde er mit einem Kabel gefesselt, das in Öl gelegen hat. Aber wer legt ein Kabel in Öl?«
    »Nicht unbedingt gelegt, gerutscht vielleicht«, sagte Münting. »Zum Beispiel in einer Autowerkstatt, einer Tankstelle, in einem Elektrobetrieb und so weiter. Das Kabel ist etwa einen Dreiviertelmeter lang, es könnte in einer Ölpfütze auf dem Boden gelegen haben. Könnte doch sein, ist besser als nichts.« Er wandte sich an die Sargträger und deutete auf Röhm. »Bringen Sie ihn zur Gerichtsmedizin.«
    Als Münting ohne Abschied gegangen war, stellte ich mich an den Rand des Kais. Von der anderen Seite leuchtete die Stadt. Der kalte Wind trieb mir feine Regentropfen ins Gesicht. Ich wusste, Wohlfeld stand hinter mir und wartete auf eine Entscheidung. »Können Sie einen Sack auftreiben und ihn mit irgendwas füllen, das sich nicht auflöst im Wasser. Der Sack sollte gut einen Meter siebzig groß sein, sechzig breit und soviel wiegen wie Röhm. Die genaue Größe und das Gewicht erfragen Sie beim Arzt. Wenn wir einen eingrenzbaren Todeszeitpunkt haben, machen wir ein paar Versuche.«
    Wohlfeld nickte, er verstand schnell. Er würde eines Tages einen guten Leiter der aktiven Mordkommission abgeben. »Sie wollen berechnen, wie lange die Leiche getrieben sein könnte. Wo sie also ins Wasser geworfen worden sein könnte. Da gibt es aber ein paar Unwägbarkeiten.«
    »Das stimmt. Wir wissen nicht, wie lange Röhm nach dem Mord transportiert wurde. Wir wissen nicht, ob die Leiche irgendwo hängengeblieben ist, als sie im Wasser trieb. Eigentlich wissen wir gar nichts, außer dass Röhm ermordet wurde. Aber in der Kriminalistik gibt es oft mehr Unwägbarkeiten als Spuren. Da braucht es Phantasie und Glück. Dem Glück muss man hier und da nachhelfen. Davon abgesehen, müssen wir uns darum kümmern, ob er Feinde gehabt hat.«
    Wohlfeld lachte.
    Ich schaute ihn streng an.
    »Die Zahl von Röhms Feinden dürfte in die Millionen gehen«, sagte Wohlfeld.
    Er hatte recht. »Aber die meisten hatten keinen Zugang zu ihm. Kennen Sie hier irgendwo einen Laden, wo wir einen Kaffee kriegen?«
    »Bahnhof Ostkreuz«, sagte Wohlfeld. »Vielleicht haben wir
    da Glück.«
    Wir hatten Glück. Neben dem Bahnhof hatte eine Kaschemme geöffnet. Vier Männer saßen einzeln an Tischen, nur einer hatte etwas vor sich stehen, einen Becher Malzbier. Auf einer Schiefertafel wurde ein Stammgericht angepriesen: Pferdegulasch mit Kartoffeln fünfunddreißig Pfennig, »preiswert und nahrhaft«. Der Mann mit dem Malzbier las den Lokal-Anzeiger. Fettgedruckt las ich: »Hitler ermordet! Bürgerkrieg?« Ich schaute noch einmal hin und verstand es nicht.
    »Die Journaille rennt uns die Bude ein«, sagte Wohlfeld.
    »Darum soll sich der Herr Präsident kümmern.«
    Der Wirt trug eine fleckige graublaue Schürze. Wir bestellten zwei Tassen Kaffee.
    »Erst Hitler, dann Röhm. Das ist kein Zufall«, sagte Wohlfeld.
    »Kann sein. Aber Hitler wurde in Weimar

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