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Der Courier des Czar

Der Courier des Czar

Titel: Der Courier des Czar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Alcide Jolivet, welche nicht der Zufall, sondern die Gewalt der Umstände, ebenso wie Michael Strogoff, nach dem Hafen von Livenitchnaia geführt hatte.
    Man erinnert sich, daß sie bei dem Einzuge der Tartaren in Tomsk kurz vor der gräßlichen Gerichtsvollstreckung, welche jenes Fest schloß, abreisten. Sie zweifelten gar nicht daran, daß ihr alter Reisegefährte um’s Leben gebracht worden sei, und wußten also nicht, daß er auf Befehl des Emirs damals nur geblendet wurde.
    Noch an demselben Abend verließen sie damals, nachdem sie Pferde erhalten, Tomsk, entschlossen, ihre weiteren Berichte über den Feldzug nur aus dem Lager der Russen zu entsenden.
    Alcide Jolivet und Harry Blount wandten sich in größter Eile nach Irkutsk Sie hofften Feofar-Khan zuvor zu kommen und hätten das auch unzweifelhaft durchgesetzt, wenn sie nicht die dritte Abtheilung des Tartarenheeres, welche durch das Thal des Jeniseï ganz unerwartet aus Süden herauszog, aufhielt. Ebenso wie Michael Strogoff wurden sie vor Ueberschreitung der Dinka abgeschnitten und mußten in Folge dessen nach dem Baikalsee herabziehen.
    Bei ihrer Ankunft in Livenitchnaia fanden sie den Hafen schon verlassen. Von einer anderen Seite erwies es sich ihnen unmöglich, nach Irkutsk hinein zu gelangen, da die Stadt schon von der Tartarenarmee belagert wurde. Sie hielten sich hier bereits drei Tage auf, als das Floß ankam.
    Die Absicht der Flüchtlinge ward ihnen sofort mitgetheilt. Ohne Zweifel vermehrte der Umstand, daß es nun Nacht wurde, die Aussicht auf einen glücklichen Erfolg und auf die Möglichkeit, nach Irkutsk hinein zu kommen. Sie beschlossen also die Sache zu wagen.
    Alcide Jolivet setzte sich sofort mit dem alten Seemann in Verbindung, um für sich und seinen Begleiter Erlaubniß mitzufahren zu erlangen, und bot ihm als Bezahlung jeden Preis, den er fordern würde, an.
    »Hier bezahlt man nicht, erwiderte ihm ernst der alte Seemann, man wagt nur sein Leben, nichts weiter.« Die beiden Journalisten schifften sich ein und Nadia sah sie auf dem Vordertheile des Schiffes Platz nehmen.
    Harry Blount war noch immer der steife, frostige Engländer, der während der ganzen Fahrt durch den Ural kaum ein Wort an sie gerichtet hatte.
    Alcide Jolivet erschien etwas ernster als gewöhnlich, was unter den gegebenen Verhältnissen wohl nicht allzu sehr Wunder nehmen durfte.
    Kaum hatte Letzterer sich auf dem Vordertheile des Schiffes eingerichtet, als er eine Hand auf seiner Schulter fühlte.
    Er drehte sich um und erkannte Nadia, die Schwester jenes früheren Nikolaus Korpanoff, jetzt Michael Strogoff, des Couriers des Czaren.
    Fast hätte er vor Verwunderung einen Schrei ausgestoßen, als er das junge Mädchen einen Finger an ihre Lippen legen sah.
    »Kommen Sie mit mir«, bat Nadia.
    Mit gleichgiltigem Gesicht und einem Zeichen gegen Harry Blount, ihm nachzufolgen, ging Alcide Jolivet mit ihr.
    War das Erstaunen der beiden Journalisten aber schon groß genug, Nadia auf dem Flosse zu begegnen, so überschritt es alle Grenzen, als sie auch Michael Strogoff’s ansichtig wurden, den sie längst nicht mehr am Leben glaubten.
    Michael Strogoff sprach bei ihrer Annäherung nicht.
    Alcide Jolivet wendete sich an das junge Mädchen.
     

    »Kommen Sie mit mir«, bat Nadia. (S. 343.)
     
    »Er sieht Sie nicht, meine Herren, sagte sie. Die Tartaren haben ihm die Augen verbrannt’ Mein armer Bruder ist blind!«
    Das lebhafte Gefühl des Mitleids malte sich in Alcide Jolivet’s und seines Gefährten Zügen. Einen Augenblick später saßen Beide neben Michael Strogoff, drückten ihm die Hand und erwarteten, was er ihnen zu sagen habe.
    »Meine Herren, begann dieser mit verhaltener Stimme, Sie dürfen nicht wissen, wer ich bin, noch zu welchem Zwecke ich mich nach Sibirien begeben hatte. Ich ersuche Sie, mein Geheimniß zu bewahren. Versprechen Sie mir das?
    – Auf Ehre, antwortete Alcide Jolivet.
    – Auf Gentlemans Wort, fügte Harry Blount hinzu.
    – Ich danke, meine Herren.
    – Können wir Ihnen nach irgend welcher Seite nützlich sein? fragte Harry Blount. Wünschen Sie, daß wir Sie bei der Ausführung Ihrer Aufträge unterstützen?
    – Ich ziehe es vor, allein zu handeln, erwiderte Michael Strogoff.
    – Aber jene Schurken haben Ihre Augen zerstört, sagte Alcide Jolivet.
    – Ich habe ja Nadia; ihre Augen sind für mich genug!«
    Eine halbe Stunde später trieb das Floß, nachdem es den kleinen Hafen verlassen, in den Fluß hinein. Es war gegen fünf Uhr

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