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Der Courier des Czar

Der Courier des Czar

Titel: Der Courier des Czar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Sultans von Petersburg? fragte Feofar-Khan, der mit diesem sonderbaren Titel den Kaiser von Rußland bezeichnete.
    – Von ihnen hast Du nichts zu fürchten, weder nach Sonnenaufgang, noch nach Sonnenuntergang zu, entgegnete Iwan Ogareff. Unser Einfall erfolgte zu plötzlich, und bevor die russische Armee im Stande ist, ihnen Hilfe zu leisten, werden Irkutsk oder Tobolsk in Deine Hände gefallen sein. Die Truppen des Czaren sind bei Kolywan aufgerieben worden, wie es überall geschehen wird, wo die Deinen gegen jene verächtlichen Heerhaufen des Occidentes streiten werden.
    – Und welchen Rath giebt Dir Deine Ergebenheit für die Sache der Tartaren ein? fragte der Emir nach einer kurzen Pause.
    – Mein Rath, entgegnete Iwan Ogareff lebhaft und schnell, geht dahin, der Sonne entgegen zu ziehen! Das Gras der östlichen Steppen sollen die Rosse der Turkomanen abweiden. Jetzt gilt es, Irkutsk einzunehmen, die Hauptstadt der Provinz des Ostens, und mit ihr eine Geißel zu gewinnen, welche den Besitz eines großen Landes aufwiegt. Jetzt muß, da es der Czar nicht selbst sein kann, an seiner Stelle der Großfürst, sein Bruder, in Deine Hände fallen.«
    Das war das letzte Ziel, dem Iwan Ogareff nachstrebte. Hörte man ihn so reden, so hätte man ihn wohl für einen Abkommen jenes grausamen Stephan Razine halten können, der das südliche Rußland im 18. Jahrhundert verwüstete. Sich des Großfürsten zu bemächtigen, ihn ohne Mitleid in Fesseln zu schlagen, nach dieser Befriedigung seines Hasses geizte er unablässig. Die Einnahme von Irkutsk unterwarf übrigens gleichzeitig das ganze östliche Sibirien der Herrschaft der Tartaren.
    »Es geschehe, wie Du sagst, Iwan, erwiderte Feofar-Khan.
    – Wie lauten Deine Befehle, Takhsir?
    – Noch heute soll unser Hauptquartier nach Tomsk verlegt werden.«
    Iwan Ogareff verneigte sich und zog sich in Begleitung des Housch-Begui zurück, um die Befehle des Emirs auszuführen.
    Eben als er zu Pferde steigen wollte, um nach den Vorposten zurückzukehren, entstand in einiger Entfernung, in dem von den Gefangenen eingenommenen Theile des Lagers, ein gewisser Tumult. Man vernahm wüstes Geschrei, dem zwei oder drei Gewehrschüsse folgten. Handelte es sich hier um den Versuch einer Revolte oder einer Massenflucht, welche summarisch zurückgewiesen wurde?
    Iwan Ogareff und der Housch-Begui gingen ein wenig nach der Gegend zu und fast gleichzeitig erschienen zwei Männer, trotz der Anstrengung der Soldaten, sie zu halten, vor den beiden Officieren.
    Der Housch-Begui machte ohne weitere Nachforschungen ein Zeichen mit der Hand, welches einem Todesbefehl gleichkam, der die Köpfe der Gefangenen wohl schnell hätte in den Sand rollen lassen, als Iwan Ogareff einige Worte fallen ließ, die dem schon über Jenen geschwungenen Säbel Halt geboten.
     

    Der Emir näherte sich Iwan Ogareff. (S. 230.)
     
    Der Russe hatte schnell erkannt, daß die beiden Gefangenen Fremde waren, und befahl, sie ihm vorzuführen.
    Man ließ nun Harry Blount und Alcide Jolivet vortreten.
     

    Iwan Ogareff nahm die Papiere und las sic mit Aufmerksamkeit durch. (S. 234.)
     
    Seit der Ankunft Iwan Ogareff’s im Lager hatten sie schon verlangt, vor ihn gebracht zu werden. Die Soldaten schlugen ihren Wunsch einfach ab. Daraus entspann sich ein Streit, der mit einem Fluchtversuche und einigen Gewehrschüssen endigte, denen die Journalisten noch ohne Verwundung entgingen, immerhin hätten sie ohne das Dazwischentreten des Emirs ihren Widerstand gewiß bald mit dem Leben zu büßen gehabt.
    Letzterer examinirte die ihm vollständig unbekannten Gefangenen einige Augenblicke. Dieselben hatten zwar dem Auftritt im Relais zu Ichim beigewohnt, als Michael Strogoff von Iwan Ogareff geschlagen wurde. Der brutale Reisende von damals hatte indeß den mit anwesenden Personen keinerlei Aufmerksamkeit geschenkt.
    Harry Blount und Alcide Jolivet dagegen erkannten Jenen vollkommen wieder und Letzterer sagte halblaut:
    »Sieh da! Es scheint der Oberst Ogareff und der grobe Reisende von Ichim sind ein und dieselbe Person!«
    Dann raunte er seinem Begleiter noch ins Ohr:
    »Setzen Sie ihm unsere Angelegenheit auseinander, Blount, Sie erweisen mir einen großen Gefallen. Dieser russische Oberst in einem Tartarenlager mißfällt mir gar zu sehr, und wenn mein Kopf auch nur Dank seiner Vermittelung noch auf seinen Schultern sitzt, so würden sich meine Augen doch eher verächtlich von ihm abwenden, als ihm in’s Angesicht zu sehen.«
    In

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