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Der Cyberzombie

Der Cyberzombie

Titel: Der Cyberzombie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jak Koke
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Aufmerksamkeit so sehr nachließ, daß er sich seiner Umgebung nicht mehr bewußt war. Nur dann konnte Lethe die neurale Verbindung zum Silikon-Interface hersteilen.
    Doch als sie den Fluß überquerten, konzentrierte Burnout sich darauf, den breiten Streifen offenen Geländes so rasch wie möglich zu überqueren, um wieder in den Schutz des dichten Pinienwaldes zu gelangen. In diesem Augenblick spürte Lethe, daß sich ihnen etwas im Astralraum näherte. Etwas Finsteres, Gefährliches und Bösartiges.
    Als Lethe sich dem Etwas zuwandte, erkannte er sofort, was es war. Es handelte sich um ein zweibeiniges Wesen, das aus getrocknetem Blut zu bestehen schien. Das Wesen folgte ihnen geduckten, schlurfenden Schrittes.
    Wo sich Risse in der Haut der Kreatur zeigten, trat dunkles Blut aus, zäh wie Öl. Es war ein Blutgeist, der aus den geopferten Überresten eines lebendigen Metamenschen beschworen worden war. Als Geist war die Kreatur armselig, insbesondere im Vergleich zu Lethe, und wenn er in seinen Bewegungen frei gewesen wäre, hätte er ihn mühelos bannen können. Innerhalb des magischen Netzes, das ihn gefangenhielt, konnte Lethe seine Kräfte jedoch nicht anwenden.
    Er muß geschickt worden sein, um Burnout zu suchen, dachte er. Lethe wurde klar, daß es dem Geist offenbar möglich gewesen war, sie anhand der Verschmutzungsspur zu verfolgen, die Burnout im Astralraum zurückließ.
    »Verschwinde«, sagte Lethe zu dem Geist. »Dieses Wesen geht dich nichts an und wird bald nicht mehr hier sein. Laß uns in Frieden ziehen.«
    Die Antwort des Blutgeists bestand aus einem bellenden Lachen.
    Burnout lief immer noch mit extremer Geschwindigkeit über den Asphalt, wobei er tiefen Kratern und Felsbrocken geschmeidig und mühelos auswich. Er war blind und taub für den Geist, der ihn rasch einholte, sich der Tatsache nicht bewußt, daß er von einer Macht gejagt wurde, die ihn unabhängig von seinen physischen Fähigkeiten zerstören konnte.
    Je näher der Geist kam, desto verzweifelter wurde Lethe. Er mußte Burnout irgendwie mitteilen, welche Gefahr ihm drohte. Vielleicht konnte der verschlagene Mensch noch einen Trick aus dem Hut zaubern. Lethe nahm seine ganze Willenskraft zusammen und versuchte die Laufrichtung des Cyberzombies zu ändern, so daß er den Blutgeist bemerken würde, der ihn verfolgte, aber Burnout war zu sehr auf sein Ziel konzentriert.
    Der beinahe greifbare Gestank des Blutgeists nach reinem Bösen drohte Lethe zu überwältigen, als er sich nur wenige Meter von Burnout entfernt in der physikalischen Welt manifestierte und seine langen steinernen Hände ausstreckte, um den Cyberzombie zu [tacken und zu vernichten.
    »Burnout! Hinter dir!« Es war ein unfreiwilliger Aufschrei. Und wie ein weit entferntes Echo hörte Lethe den Widerhall seiner Worte tief in Burnouts Verstand.
    Der Cyberzombie zögerte keinen Augenblick. Gedankenschnell warf er sich mitten im Schritt zur Seite, rollte sich ab und kam geduckt wieder auf die Beine. Chromklingen schnappten aus seinen Unterarmen, und sein Gliederarm fuhr aus und ging über seinem Kopf in Stellung. Der Lauf des Maschinengewehrs fing an zu rotieren, und plötzlich zerriß ein stakkatoartiges Knattern die Stille, als die Waffe einen kontinuierlichen Strom von Kugeln ausspie.
    Der Blutgeist brüllte auf. Es war ein Laut der Überraschung und der Wut, enthielt jedoch trotz des Beschusses mit den großkalibrigen Kugeln, die in dem gallertartigen roten Fleisch verschwanden, keinen Unterton von Schmerz. Dann griff er sie an. Mit einem ungeschlachten Sprung landete er an der Stelle, wo Burnout Sekundenbruchteile zuvor noch gestanden hatte.
    Der Cyberzombie reagierte in Erwartung des Angriffs, indem er ein einhändiges Rad schlug und dabei mit seinen Cyberspornen nach dem Blutgeist hieb. Das Maschinengewehr drehte sich, so daß der Geist auch weiterhin mit einem Kugelhagel eingedeckt wurde.
    Die Kugeln schienen überhaupt keine Wirkung zu zeigen, doch als Burnouts Sporne über den Oberschenkel des Geists fuhren, sah Lethe, wie sich ein dünner Riß öffnete und mehr dunkles Blut aus der Wunde quoll. Als die Kreatur diesmal aufheulte, handelte es sich unüberhörbar um einen Schmerzenslaut.
    Der Blutgeist begegnete dem Angriff mit blitzartiger Geschwindigkeit. Er warf sich mit ausgestreckten Armen auf Burnout und packte ihn an der Hüfte.
    Plötzlich glaubte Lethe, in Flammen zu stehen. Das Böse brannte in seinem Innersten und schien seine Lebensessenz zu verzehren.

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