Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Cyberzombie

Der Cyberzombie

Titel: Der Cyberzombie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jak Koke
Vom Netzwerk:
es blieb ein Funken Hoffnung. Wenn dieser Schamane so mächtig und gütig war, wie Burnouts Schilderung vermuten ließ, konnte er vielleicht dazu überredet werden, Lethe dabei zu helfen, aus Burnouts Körper zu entkommen und auch das Drachenherz zu Thayla zu bringen.
    »Was du sagst, hat einiges für sich, obwohl mir scheinen will, daß du mit einer Enttäuschung rechnen mußt.«
    Burnout antwortete nicht.
    »Das Drachenherz ist mächtig, vielleicht das mächtigste magische Artefakt, das es augenblicklich auf der ganzen Welt gibt. Aber in dir ist so viel totes Material ...«
    Burnout nickte, und Lethe wurde klar, daß der Cyberzombie geweint haben würde, hätte er noch menschliche Augen gehabt. »Ja. Ich habe mich von allem getrennt. Aber ich muß es versuchen. Auch wenn die Chance verschwindend gering ist, einen Versuch ist es wert. Außerdem stehe ich ohnehin mit dem Rücken zur Wand. Das ist die einzige Möglichkeit, mir einen Vorteil gegenüber Ryan zu verschaffen. Ich kenne seine Art. Er wird nicht aufgeben. Er wird immer mehr gegen mich auffahren, bis er mich erledigt hat. Ich muß es tun.«
    In diesem Augenblick lugte die Sonne über die Felswand, und strahlendes Licht zuckte durch die kühle kristallklare Luft, die nach Pinien roch. Burnout erhob sich, und dreißig Zentimeter lange Klingen schossen aus seinem Unterarm, als er nach dem Fels griff. Die Klingen bohrten sich in das Gestein und verankerten sich darin. Burnout stemmte einen Fuß gegen den Fels und hielt ihn dort, während ein langer Sporn aus der Ferse schoß und sich ebenfalls im Gestein verankerte.
    »Zeit zum Aufbruch«, sagte Burnout. Dann zog er sich hoch und begann mit den Verankerungen für den nächsten Schritt in seinem Bemühen, die Felswand zu erklimmen.
    Sie hatten ungefähr die Hälfte geschafft, als sie das unmißverständliche Dröhnen sich nähernder Hubschrauber hörten.

3
     
    Ryan schaute durch die zerkratzten Makroplastfenster der Lear-Cessna Platinum III. Der Flug vom Hells Canyon war ohne besondere Vorkommnisse verlaufen, so daß er genügend Zeit gehabt hatte, wegen seiner bevorstehenden Begegnung mit Nadja nervös zu werden.
    Können wir einander je wieder nahe sein? fragte er sich.
    Die endlose Stadt breitete sich über das Land unter ihm aus. In der Ferne reckten sich Konzern-Arcologien und Regierungs-Wolkenkratzer aus blauem und silbernem Glas in die Höhe, deren Glanz vom Dunst des blutfarbenen Smogs gedämpft wurde und die in der spätnachmittäglichen Sonne dunkler wirkten.
    Der Sprawl lag da wie ein Tiger, der von einem Rudel Hyänen niedergekämpft worden war. Das riesige Raubtier hatte Tausende winziger Wunden erlitten, bis ihn die Kraft zu kämpfen oder zu fliehen verließ. Es lag einfach nur noch da und blutete sein Leben in den rostfarbenen Potomac.
    In den in Schutt und Asche liegenden Bereichen der Stadt brannten noch die Feuer der Krawalle und ließen schwarzen Rauch aufsteigen. Außerhalb des Zentrums waren Wohngebäude und niedrigere Bürogebäude mit Brettern vernagelt. Nur wenige Leute wagten sich nach Dunkelzahns Ermordung auf die Straße. Die einzigen Fußgänger waren Krawallmacher, kleine Gruppen schwer bewaffneter Bundespolizisten und Abteilungen der Konzernsicherheit.
    Ryan wußte, daß diese Stadt kein Einzelfall war. In tausend anderen konnte es ebenso aussehen. Tausend individuelle Namen - Newark, Philadelphia, Baltimore -, doch alles nur ein endloser Streifen aus Stahl und Beton. Eine unendliche Metropolis, die von Boston nach Atlanta reichte.
    Es hätte jede Stadt sein können, aber das war es nicht. Es war Washington FDC, der Regierungssitz der Vereinigten Kanadischen und Amerikanischen Staaten. Die Stadt, in der Dunkelzahn ermordet worden war. Bis zu seinem vorzeitigen Tod vor zwei Wochen war der Großdrache Ryans Herr und Gebieter gewesen - sein Wohltäter, Lehrer, Freund und Ersatzvater. Ryan vermißte den alten Wurm.
    »Boß, wir landen auf dem National Airport mitten im Herzen des Bundesbezirks, und es sieht ganz so aus, als würden Limousinen auf der Landebahn warten. Miss Daviar muß beachtliche Hebel in Bewegung gesetzt haben, um die Sicherheitsvorkehrungen derart zu umgehen.« Dhins tiefe, heisere Stimme klang an diesem Nachmittag gutgelaunt. Er war froh, Urlaub von der erschöpfenden Routine des Hells Canyon zu haben. »Ich stehe auf hochrangige Freunde.«
    Ryan nickte, obwohl Dhin ihn nicht sehen konnte. Nadja hatte nach der Verlesung von Dunkelzahns Testament und der sich daraus

Weitere Kostenlose Bücher