Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition)
gegen ein männliches Exemplar ausgetauscht und dann als zahmes Würmchen getarnt. Derjenige kannte die verschiedenen Farbvarianten der männlichen und weiblichen Tiere, daher liegt der Verdacht nahe, dass ihm auch bekannt sein musste, dass die von ihm in den Käfig gesetzte Schlange bissig, giftig und schließlich tödlich sein würde. Wenn du mich fragst Ben, hat der Unbekannte den Tod eines oder gar mehrerer Kandidaten in Kauf genommen oder es sogar darauf angelegt.“
„Aber wer würde das tun?“, fragte Ben entsetzt.
„Genau das ist die Frage, die auch mich derzeit mehr als alles andere beschäftigt. Derjenige muss wissen, wo sich unser Lager befindet und hatte sicherlich nicht zufällig eine gefährliche Schlange zur Hand. Also hatte er auch Kenntnis von Herrn Schlemils Unterrichtsplanung. Wobei euer Gelehrter allerdings bereits geäußert hat, dass er mit vielen Leuten diesbezüglich geplaudert hat. Daher verläuft diese vage Spur alsbald im Sande. Ich kenne auch niemanden, dem ich eine solche Schandtat zutrauen würde.“
„Naja“, meinte Ben nur.
„Was heißt Naja?“, fragte Meister Athrawon freundlich. „Nur keine Scheu. Wenn du einen Verdacht hast, dann heraus damit. Ich werde dir nicht den Kopf abreißen, sofern du falsch liegst.“
„Ich dachte da an Schlömi, den Koch. Er kann mich nicht leiden, weil ich ein Erdling bin. Und die anderen Kandidaten mag er auch nicht sonderlich. Ich weiß allerdings nicht, ob das ausreicht, eine Schlange auf junge Leute loszulassen.“
„Nun, deinen Verdacht kann ich auf gewisse Weise nachvollziehen. Noch dazu, wo ja auch der Farbeimer, aus welchem die hellrote Farbe auf der Schlange stammt, in Schlömis Küchendomizil gefunden wurde. Zudem ist mir auch die unschöne Sache mit den Sechsbeinkatzen in der Jungentoilette nicht verborgen geblieben. Auf all das habe ich Schlömi inzwischen angesprochen. Die Sache mit den Katzen hat er denn auch bereut. Das war für einen Scherz mehr als ein wenig zu derb. Doch hat er mit dem Schlangentausch gewiss nichts zu tun. Ich kenne ihn lange genug, um zwar zu wissen, dass er nicht gerade ein Musterexemplar eines Kinderfreundes ist, aber so eine Schandtat ist ihm nicht zuzutrauen. Davon abgesehen kennt er sich mit Schlangen und deren Eigenschaften gewiss nicht aus. Bestenfalls könnte er aus so einem Tier einen halbwegs genießbaren Eintopf fabrizieren. Ich hoffe doch, dass du trotz eurer Differenzen meinem Urteilsvermögen in dieser Angelegenheit traust, Ben.“
Der Junge wollte schon widersprechen, doch kam ihm der alte Gelehrte mit einem weiteren schwerwiegenden Argument zuvor.
„Ich sollte wohl noch hinzufügen, dass unser bärbeißiger Koch derjenige war, der die Schlange schließlich ohne Ansehen der eigenen Gefahr erschlagen hat, bevor sie noch Schlimmeres hätte anrichten können.“
Ben dachte zwar, was bis zu Schlömis finalem Schlag passiert war, sei schon schlimm genug gewesen, aber er enthielt sich eines entsprechenden Kommentars. Er nickte nur und fragte sich, wer sonst für diesen furchtbaren Angriff in Frage käme.
„Könnte es ein Außenstehender gewesen sein?“
„Schwer vorstellbar“, entgegnete der Lehrer. „Außer uns hier vor Ort und den Mitarbeitern des ein oder anderen Ministeriums weiß schließlich niemand, wo wir uns befinden, und mit den Presseleuten habe ich Stillschweigen vereinbart.“
„Traut Ihr den Leuten denn, Meister Athrawon?“
„Nicht weiter, als ich sie werfen kann. Doch haben diese Leute weder Motiv, noch Zugang zu den Zelten. Ich denke daher, dass der Angriff aus einen anderen Richtung erfolgte. Ich werde wohl noch weiter darüber nachgrübeln müssen. Bis dahin sollten wir jedoch mit keinem Außenstehenden über die Angelegenheit sprechen, um nicht unnötig Schaulustige, Gaffer oder Hobbydetektive anzulocken.“
„Damit bin ich mehr als einverstanden. Ich möchte auf keinen Fall auf irgendeinem Titelblatt oder in einer blödsinnigen Talkshow landen.“
„Schön, schön. Dann sind wir uns also einig. Das werde ich auch den anderen noch kundtun“, schlug Athrawon vor. „Außerdem werden wir wohl einen Wachdienst bemühen müssen, der unser Lager des nachts bewacht. Sicher ist sicher, denke ich. Obwohl mir übel wird, wenn ich nur daran denke, was das kostet. Vielleicht kann ich ja am nächsten Wochenende ein paar gute Geschäfte in meinem Laden im Zentrum tätigen. Sollte ich dann was für unser Lager abzwacken können, wäre es mir ein Vergnügen, die Wachleute
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