Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition)
ist so heiß. Ich habe Angst, dass er stirbt!“
Nun war nichts mehr zu erkennen von Charlys gewöhnlicher Coolness. Blankes Entsetzen verzerrte sein Gesicht. „Könnt Ihr ihn nicht retten?“
„Aber den Biss kann niemand überleben, hat Herr Schlemil gesagt“, meinte Elmar. Flaad nickte traurig.
„Halt bloß dein Maul!“, warnte Nessy und schaute mit strengem Blick in die Runde. „Ihr haut jetzt alle ab, damit Meister Athrawon tun kann, was immer ihm möglich ist. Ihr anderen stört ihn nur dabei. Also raus mit Euch. Und zwar zackig!“
„Vielen Dank, junge Dame“, meinte Athrawon. „Dem kann ich nur zustimmen. Nur der Kalmar sollte bleiben.“
Niemand stellte die Anweisung des Meisters in Frage, und so verließen nacheinander die meisten Auserwählten, der Koch und auch die Gelehrten, die inzwischen den Weg ins Zelt gefunden hatten, den Ort des Geschehens und ließen nur Ben, Charly, Herrn Schlemil sowie den Meister und Otto zurück. Bens Atem ging inzwischen flach und pfeifend. Jeder sichtbare Teil seines Körpers war von einem schimmernden Schweißfilm bedeckt, und obwohl Ben längst das Bewusstsein verloren hatte, schüttelten immer noch starke Krämpfe den verletzten Jungen.
„Otto“, sagte Meister Athrawon mit erstaunlich ruhiger Stimme. „Was muss passieren, damit du deine Tinte versprühst?“
„Wie bitte? Ich verstehe nicht...“
„Es gibt doch Kalmare, deren Tinte nicht nur zur Tarnung dienst, sondern auch, um den Angreifer seinerseits zu vergiften und anschließend zu verspeisen. Gehörst du zu ihnen?“
„Ja, schon, aber diesen barbarischen Trick wenden wir Kalmare schon lange nicht mehr an. Wir sind ja keine Tiere, Meister. Außerdem klappt das nur unter Wasser, an Land kann sich das Gift nicht ausbreiten und verpufft wirkungslos.“
„Umso besser, für die Wirkung werde ich selbst sorgen. Ich brauche nur dein Tintengift. Ben braucht es.“
„Dann muss mich wer angreifen. Von alleine geht das leider nicht. Ist so eine Art Reflex.“
„Geh!“, befahl der Meister dem Kalmaren. „Hol den Tauren. Und beeile dich!“
Auf allen Achten spurtete der Angesprochene aus dem Versammlungs- und Küchenzelt und kehrte beinahe im gleichen Moment mit Rippenbiest im Schlepptau wieder zurück zu Meister Athrawon. Etwas Blöderes als „Ist er tot?“ fiel dem Tauren als Ansprache nicht ein.
„Noch nicht, junger Freund“, erwiderte der alte Gelehrte. „Und damit das auch nicht passiert, muss du dem Kalmaren die Gliedmaßen verknoten.“
„Bitte was?“
„Frag nicht, tu es! Das ist ein Befehl!“
Als ausgebildeter Krieger stellte Rippenbiest den Befehl nicht infrage, noch dazu, wo der Meister persönlich diesen ausgesprochen hatte. Er wandte sich dem Kalmaren zu und langte nach dessen zahlreichen Armen und Beinen. Ein finsterer Blick und ein grollendes Knurren aus der Kehle des Stiers begleiteten die unheimliche Aktion.
„L-l-l-lass das...“, stotterte der arme Otto, doch da hatte Rippenbiest auch schon zugegriffen. Hände wie Schraubstöcke griffen sich die erstbesten Beine (oder waren es Arme?) des Festlandkalmaren. Diesem blieb folglich gar nichts anderes übrig, als seine Gifttinte zu versprühen. Ein feiner, tiefblauer Nebel ließ die Umrisse Ottos verschwinden, und Rippenbiest musste verwirrt und mehr oder weniger blind von dem Kalmaren ablassen. Da sich der Tintenfisch jedoch an Land und nicht in der Tiefsee befand, brach alsbald die undurchdringliche Nebelwand in sich zusammen und bildete, ohne irgendwen vergiftet zu haben, eine beinahe schwarze Pfütze auf dem Boden des Zeltes. Meister Athrawon hatte sich inzwischen einen Suppenlöffel aus einem der Küchenschränke besorgt, mit dem er sich aus der Pfütze bediente. Rasch trug er die Flüssigkeit auf die Bisswunde in Bens Schienbein auf. Gespannt auf das Ergebnis seines Experiments betrachtete er, ob und wie die hochrote und geschwollene Wunde wohl reagieren würde. Schon nahm die Schwellung ab, und auch der Atem des Auserwählten wurde regelmäßiger.
„Gerade noch rechtzeitig“, murmelte Meister Athrawon vor sich hin. „Hol den Koch“, bat er den Tauren. „Er soll Ben in mein Zelt bringen, in mein Bett legen und warm zudecken.“
Rippenbiest gehorchte und musste kurz darauf zusehen, wie der schmierige Koch seinen Mitschüler für seine Verhältnisse geradezu behutsam in die haarigen Arme nahm und aus dem Zelt brachte.
„Wird er es schaffen?“, wollte der Taure wissen.
„Ich denke schon“, antwortete
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