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Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition)

Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition)

Titel: Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz-Josef Dohmen
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entdeckte Lisa erneut sich selbst. Sie hockte dort, die Arme um die Knie geschlungen, die Augen fest verschlossen. Schließlich sah Lisa, wie ihr zweites, menschliches Ich aufschrie und dann die Hände auf die Ohren presste. Sie wollte nichts mehr hören oder sehen. Wo befand sich dieser Wald? Was würde dort mit ihr geschehen? Sie wusste es nicht, aber es musste etwas Fürchterliches sein. Mit diesen quälenden Gedanken endete ihr Traum und sie fiel endlich in den lang ersehnten, erlösenden und traumlosen Schlaf. Immerhin war ihr dieses Mal der Anblick des grausamen Dämons erspart geblieben. Doch die Schlafende wurde von einem ganz anderen Augenpaar aufmerksam beobachtet ...
     
    Die Meeresströmungen hatten ihr Werk vollbracht: Die beiden Erdenjungen, das Mädchen in der Lederjacke und der bewusstlose Taure waren an Land gespült worden. Weit, weit weg von dem Teil des Strandes, an dem Lisa, ihre einstige Weggefährtin, in jenem Moment nach einem Weg über das Meer suchte. Die Sonne trocknete die jungen Leute, während ihre Bewusstlosigkeit sich in einen erholsamen Schlaf verwandelte. Für eine Sekunde vielleicht schlug Ben die Augen auf. Er sah helles Sonnenlicht und hörte, wie aus weiter Ferne, das Rauschen des Meeres. Doch schon schlief er wieder ein und sah und hörte für viele Stunden gar nichts mehr. Von den beiden Katzen, die ebenso wie ihre großen Freunde ins Meer gespült worden waren, fehlte noch immer jede Spur. Wo mochten sie stecken?
     
    Lisa schreckte mitten in der Nacht im Schlaf hoch. Plötzlich war sie hellwach. Wie lange hatte sie geschlafen? Wieder einmal hatte sie gespürt, dass eine Gefahr lauerte. Und gleichzeitig sah sie der Gefahr in die Augen. Waren das etwa menschliche Augen?
    „Na, aufgewacht, kleines Mädchen?“, krächzte sie das Nachtwesen an.
    Langsam gewöhnten sich die Augen des Mädchens an die Dunkelheit, und sie erkannte nach und nach die Umrisse und schließlich auch Einzelheiten ihres Gegenübers. Das Gesicht des Wesens befand sich in Lisas Augenhöhe, doch der Eindruck täuschte, denn es stand, während sie saß.
    „Wer bist du? Pass bloß auf, ich weiß durchaus, mich meiner Haut zu wehren! Ich bin bei meiner verrückten, schießwütigen Großtante aufgewachsen und hab vor nichts und niemandem Angst! Außerdem habe ich eine Pistole in meiner Tasche!“, log sie, dass sich die Balken bogen. Noch dazu war sie sicher, dass sie nicht einmal eine Großtante besaß.
    „Eine Pistole? Was soll denn das sein, kleines Mädchen?“, krächzte die Gestalt weiter. „Ist aber auch egal, was das ist. Du brauchst keine Angst vor mir zu haben. Ich kann dir helfen, kleines Mädchen.“
    Lisa kannte den aufdringlichen Kerl erst seit wenigen Augenblicken, doch schon ging ihr die andauernde Anrede als Kleines Mädchen gehörig auf die Nerven. Aber sie ahnte auch auf unbestimmte Weise, dass ihr von dem Kleinen keine Gefahr drohte.
    „Wie kannst du mir helfen?“
    „Das werde ich dir sagen, kleines Mädchen. Ich nehme einmal an, dass du das Meer überqueren willst, oder sehe ich das falsch?“
    „Nein! Du hast Recht“, antwortete die Rothaarige und betrachtete die Gestalt näher.
    Das Mondlicht half ihr bei ihrer Beobachtung. Das Kerlchen war gut einen Meter groß, beziehungsweise klein, und in ein Fell gehüllt. Scheinbar eine grob zugeschnittene Elchhaut. Er wirkte wie ein dürres Männlein mit einem kleinen  Kugelbauch. Außerdem war er barfüßig. Lisa glaubte, jeweils sechs dreckige Zehen an den ebenso dreckigen Füßen zu erkennen. Ansonsten schienen die dünnen Gliedmaßen zahlenmäßig korrekt zu sein. Zumindest  im  Sinne  menschlicher  Korrektheit. Gerade kratzte er sich mit den schmalen langen Fingern am Kopf. Er hatte wirre, ungewaschene purpurrote Haare, die bei einem Beobachter das Bild eines brennenden Kopfes entstehen ließen. Das Gesicht war schmal mit einer langen Hakennase und lebhaften, kleinen braunen Augen. Irgendwie – trotz allem – ziemlich sympathisch. Wenn man davon absah, dass seine Zahnreihen unvollständig und, soweit doch noch vorhanden, faulig-schwarz waren, wie Lisa jetzt wieder zu sehen bekam, als er das Mädchen erneut ansprach.
    „Ja, schau mich nur an, kleines Mädchen! Gib zu, dass du nie einen schöneren Mann als mich gesehen hast. Ein echtes Einzel- und Prachtstück. Ich will mich ja nicht selber loben, aber ich bin der allerschönste Mann in dieser Dimension. Nicht wahr?“
    „Naja, über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten.

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