Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition)
flüsterte Lisa. „Von Anfang an nur belogen. Und auch der Dämon. Ich wollte euch doch gar nicht verlassen. Ich bin getäuscht worden!“
„Das wissen wir doch“, sagte das andere Mädchen nun sehr viel sanfter als zuvor. Dann umarmte sie Lisa und ließ sie weinen. Und wenn sich Ben nicht täuschte, war auch die obercoole Nessy selbst den Tränen nah. „Du kannst mich doch nicht alleine lassen mit all den Jungs“, flüsterte sie nun. „Du bist doch die beste Freundin, die ich je hatte. Auch, wenn ich dich manchmal anschnauze, bist du doch wie eine Schwester für mich. Ach, Quatsch, du bist meine Schwester. Lass mich bloß nicht mehr alleine zurück.“
Der Rest des intensiven Gesprächs ging in einer inniger Umarmung für fremde Ohren verloren. Aber das war ohnehin egal.
Endlich konnte Lisa wieder für alle verständlich ihre schrecklichen Erlebnisse in Worte fassen.
„Sie haben mir erzählt, ihr wärt alle tot“, weinte sie.
„Uns hatten sie das Gleiche über dich erzählt“, antwortete Ben. „Aber sie lügen. Wir alle leben noch. Und ab sofort sollten wir als Blaue Gruppe auch ohne Wenn und aber zusammen bleiben. Außerdem sollten wir unseren Yoghi zum Ehrenmitglied machen, denn ohne ihn hätten wir es nie bis hierher geschafft.“
„Ich auch nicht“, bestätigte Lisa. „Er hat mich gerettet. Aber diese kleinen grünen Waldmonster? Was ist mit diesen Lügnern? Sind sie weg?“
„Ja, sie sind weg. Und kommen nie wieder“, behauptete Charly.
Längst nicht alles war angesprochen worden, und immer noch stand vieles ungeklärt im Raum. Wie war es Aichet gelungen, Lisa in die Irre zu führen? Warum konnte Lisa den Dämon in ihren Träumen sehen? Warum hatte dieser es auf Ben abgesehen, obwohl es ja Lisa war, die laut der Prophezeiung dem Bösen gegenüber zu treten hatte? So viele Fragen, doch das hatte noch Zeit. Lisa sollte sich erst wieder beruhigen, und der Weg war ohnehin noch so weit. Schließlich waren sie wieder den ganzen Tag marschiert und legten erst am späten Nachmittag eine erste Rast ein.
Endlich fand Charly Gelegenheit, Lisa die Goldkette mit dem Anhänger in Form eines Apfels wiederzugeben. Das Mädchen war überglücklich, das einst notgedrungen verkaufte Geschenk der Waldhexe wiederzusehen. Sie hatte nicht mehr damit gerechnet. Nachdem sie sich die Kette um den Hals gehängt hatte, machte sie Anstalten, Ben zum Dank einen Kuss auf die Wange zu drücken. Doch der konnte sich gerade noch retten, indem er vorgab, in seinem Rucksack unbedingt und dringend nach den Müsliriegeln suchen zu müssen. Charly machte Lisa dann noch mit den Katzen bekannt, die das Mädchen zwar im Tranjandorf bereits gestreichelt hatte, jedoch mehr als überrascht war, die Tierchen hier und jetzt zu sehen.
Dann wandten sie sich unangenehmeren Dingen zu.
„Verdammt!“, maulte Charly. “Irgendwann muss dieser blöde Wald doch mal ein Ende nehmen. Ich will zu diesem Unsterblichen, damit er uns endlich hinschickt, wo man auf uns wartet, statt meine Zeit hier mit einem tagelangen Waldsparziergang zu vertun.“
„Wem sagst du das, Kumpel?“, entgegnete Ben. „Aber ich habe bis jetzt nirgends auch nur ein Anzeichen von einem Ende dieser grünen Welt gesehen.“
„Vielleicht sollten wir uns in Richtung Fluss halten“, schlug Lisa vor. „Wenn es da eine Brücke gibt, können wir nachsehen, was auf der anderen Seite des Hügels ist.“
„Stimmt. Aber bis dahin sind wir mindestens einen Tag älter, schätze ich“, glaubte der erschöpfte Yoghi. „Aber versuchen sollten wir's.“
„Nach Osten oder Westen?“, fragte Charly.
„Gute Frage“, entgegnete Rippenbiest. „Ich bin ein Steppenwesen. Der Wald ist mir fremd.“
Und Ben erinnerte sich an den Spielchip, den ihm der Spieler in der Mitte der Mitte geschenkt hatte. „Überlassen wir es dem Zufall: Vorderseite bedeutet Osten, Rückseite des Chips Westen.“
„Warum nicht?“, meinte Nessy.
Er warf die Plastikscheibe hoch in die Luft und fing sie knapp eine Sekunde später geschickt wieder auf: „10.000“, stellte er nüchtern fest.
„Go East“, übersetzte Charly.
Also machten sie sich nach der Rast auf den Weg nach Osten. Und der Wirt behielt Recht. Am gleichen Tag schafften sie es nicht mehr, den Fluss zu erreichen. So breit war der Wald inzwischen geworden. Nach einer weiteren Nacht im finsteren Wald ging es weiter. Vorbei an Fichten, Tannen, Buchen. Haselnusssträuchern, Farnwedeln, Fliegenpilzen. An Eichhörnchen,
Weitere Kostenlose Bücher