Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition)
Dachsen und scheuen Rehen.
„Was sagt eigentlich unsere Traumkarte, die der alte Athrawon entworfen hat? Wie sieht unsere nächste Etappe aus?“, wollte Rippenbiest von den anderen wissen, als sie schon wieder einen halben Tag hinter sich gebracht hatten.
Ben schaute einmal mehr in seinen Notizen nach und fand nördlich den nächsten Punkt auf der verschlissenen Karte: „Die Wüste der Sandmenschen.“
„Wüste?“, jammerte Charly. „Es sieht hier nicht so aus, als würden wir in nächster Zeit eine Wüste finden.“
Irrtum.
*
Kapitel 23
Remington Modell 10 von 1916
E r stand in seinen Pantoffeln am Fenster und blickte gedankenverloren auf den offenen Hof hinaus. Der Hof sah verwildert aus, das musste er zugeben. Fast schon wie ein Teil des Waldes, der ihn umgab. Einen Haufen Tiere gab es im Hof und in dessen Umgebung. Und natürlich im Haus selbst. Draußen waren die Katzen, junge und uralte. Dazu ein paar umhertollende Hunde, die nicht wussten, dass sie eigentlich die naturgemäßen Feinde der Katzen sein sollten, einen verirrten Esel und ein paar Kühe und Kälber. Aber nicht als sogenanntes Nutzvieh. Nein, halt nur so. Als Mitbewohner. Nur er selbst war ein Mensch. Der einzige in dem großen, vielleicht siebzig Jahre alten Haus aus verblichenen roten Klinkern. Er schaute weiterhin aus dem Fenster und wartete auf sie. Auf die müden Wanderer. Er wusste natürlich, dass sie unterwegs zu ihm waren. Obwohl sie selbst es nicht wussten.
„Ich kann sie noch nicht sehen“, sagte er. Zu sich selbst oder zu einem seiner Tiere? Wer konnte das wissen? „Es ist aber auch noch zu früh. Sie können noch gar nicht bis hier her gekommen sein. Das müsste ich wissen. Also schreibe ich wohl noch was, denke ich.“
Er entfernte sich vom Fenster im ersten Stock und nahm seine alte Schreibmaschine ins Visier. Eine 1916er Remington Modell 10. Gutes altes Stück. Auch wenn manchmal das „A“ klemmte. Doch im Moment diente sie eh anderen Zwecken als dem Schreiben, was der Beruf und die Berufung des Anfangvierzigers mit dem Fünftagebart war. Jetzt lag eine junge schwarze Katze darauf. Mit weißen Pfoten und rosa Nase. Sie schlief. Einen Namen hatte sie nicht. Der Mann hatte sich eigentlich nie die Mühe gemacht, seinen Tieren so etwas wie Namen zu geben. Schien ihm nicht wichtig genug. Aber der Schlaf einer Katze, der war wichtig. Fast schien er dem Mann heilig zu sein.
„Schreib ich halt ein andermal weiter. Wenn du ausgeschlafen hast. Sie kommen sowieso noch nicht.“
Er ging zum abgewetzten alten Sessel, ließ sich wie ein doppelt so alter Mann hineinfallen und las weiter in einem Buch, das ein anderer einst geschrieben hatte. Der Mann im Sessel rückte seine goldfarbene Brille zurecht und begann auf Seite 627 weiterzulesen.
„Gutes Buch. Guter Mann, dieser Stephen King. Aber meines wird noch besser. Hoffe ich zumindest.“
20 Seiten weiter döste er ein.
Gegen Mittag hatten die Sechs den Hufeisenfluss immer noch nicht erreicht. Und wieder legten sie eine Rast ein, denn die Hitze wurde nun immer unerträglicher. Wie in der Wüste. Nur dass sie sich hier doch immer noch mitten im Wald befanden.
„Mir rinnt der Schweiß literweise den Körper runter“, maulte Yoghi. „Wenn wir erst am Bach sind, werfe ich mich gleich rein!“
„Gute Idee!“, pflichtete Charly ihm bei. „Wenn wir nur schon da wären. Aber weit und breit nichts als Wald, Wald, Wald. Blöder Wald!“
„Und die Äste hängen viel zu niedrig“, schimpfte der große Taure. „Hab bald mehr Beulen als Hörner!“
„Es wäre aber wirklich bald an der Zeit, Wasser zu finden. Unsere Feldflaschen könnten eine Füllung gut gebrauchen“, meinte Ben besorgt.
„Genauso wie mein Bauch. Ich hab da hinten ein Reh gesehen, das würde einen feinen Braten abgeben“, schwärmte der Wirt und rieb sich voller Vorfreude über die Kugel seines Bauches.
„Ich krieg die Keule!“, rief Charly fröhlich dazwischen.
„Ich hab schon vor einiger Zeit einen Schwur getan, niemals ein Tier des Nichts zu töten, wenn es nicht unbedingt nötig sein sollte“, entgegnete sein Freund Ben. „Aber wenn unsere Vorräte aufgebraucht sind, werden wir deinen Vorschlag noch mal überdenken müssen, Kumpel. Im Zweifel wird dann Rippenbiests Axt mal wieder benötigt...“
„Allzeit bereit“, sagte der Taure nur und grinste.
„Wär mal was Feines, statt immer nur diesen zusammengepressten Vollkornmist“, gab auch Nessy zu.
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