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Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition)

Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition)

Titel: Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz-Josef Dohmen
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gegangen und etliche waren wieder gestorben. Doch für die wenigen, die es bis dahin geschafft hatten, begann ein ganz neues Leben. Der Hohlraum war sehr geräumig. Ein langer Stollen. Das Flussbett eines ehemaligen unterirdischen Wasserlaufs vermutlich, von dem nur noch eine  schmale, aber ausreichende Wasserrinne zeugte. Der Stollen führte weit und immer tiefer in das Gestein hinein. Noch weiter sogar, als bis zu dieser natürlich entstandenen Kammer. Und die Familien, die sich nach und nach wieder bildeten, begannen damit, den Gang weiter auszubauen. Sie stellten aus Metall-Erz und Stein erst untaugliche, dann primitive, schließlich brauchbare Werkzeuge her, um dem Stollen mehr und mehr Lebensraum abzuringen. So bekam jede Generation ein paar wenige Meter dazu. Und das Graben hat bis heute angehalten. Wir sind weit in die östliche Richtung, wie ihr sie nennt, vorgedrungen. Auf der Suche nach einer Aufstiegsmöglichkeit. Wir hofften, dass irgendwo oben hinter der scheinbar grenzenlosen Todeswüste ein Land ist, auf dem man leben kann. Auf der Suche nach diesem Ausgang sind wir alle zu Bergleuten geworden, die weiter und weiter dem Gestein wertvollen Raum abgetrotzt haben. Doch leider hat die Tatsache, dass die besten Bergleute der Dimension aus uns wurden, noch einige andere Veränderungen mit sich gebracht. Körperliche wie geistige. Nachdem Generationen von  uns hier in tiefster Finsternis gelebt haben, meinte unser Schöpfer wohl, unsere Augen seien nutzlos geworden. So gebaren unsere Frauen nur noch Kinder ohne Augen. Bis heute ist es noch so. Längst ist der Letzte, der noch hätte sehen können, gestorben. Unsere Ohren wurden besser, um das fehlende Sehvermögen auszugleichen. Aber das reichte noch nicht. Da wir ohnehin die Lippen des anderen beim Sprechen nicht sehen konnten, gaben wir es bald auf, sie zum Reden zu benutzen und begannen, mit unseren Gedanken zu sprechen. Und scheinbar gefiel es auch unserem Schöpfer, denn inzwischen besitzt jeder, sogar die kleinen Kinder, diese Gabe. Und auch an unserem wenig schönen Äußeren ist unsere düstere Umwelt schuld. Unsere Haut muss ganz schön blass sein, so ganz ohne Sonnenlicht. Totenblass, dachtest du doch eben, nicht war, Ben, Sohn der Sonne?“
    „Ja, stimmt“, gab Ben zu und wurde selbst ein wenig blass, weil es ihm so unheimlich war, gelesen zu werden, als sei er ein offenes Buch. Aber das sah natürlich niemand in der Dunkelheit des Gewölbes. Dann versuchte er wieder, an die Kirmes zu denken. Er dachte pausenlos – wie er hoffte – an die Achterbahn. Achterbahn, Achterbahn, Achterbahn... Und wieder keine Reaktion des Alten; wusste wohl auch nicht, was eine Achterbahn war. Und das wiederum war Ben ganz recht. Er lächelte ein wenig in sich hinein, ob seines kleinen Triumphs. Dann dachte der Sandmensch wieder laut. Selbst seine Familie, die diese Geschichte sicher gut genug kannte, lauschte gebannt dem guten Erzähler. Was für ein eindrucksvolles Volk, das unter solchen Umständen überlebte und mit so erbärmlichen Mitteln einen Aufenthaltsort wie diesen geschaffen hatte, kam es Lisa in den Sinn.
    „Und seit diesen Tagen hat das ewige Warten ein Ende. Unsere Bergleute – ich selbst bin leider zu alt dafür, aber meine Söhne und Enkel, sowie die jungen Männer der anderen 25 Familien in den in östlicher Richtung folgenden Seitenstollen haben es vollbracht – sie erreichten vor kurzem ihr Ziel. Während sie weitere Brocken des Gesteins wegbrachen, gab es plötzlich nach und stürzte ins Freie. Und zum ersten Mal atmeten sie die Luft ungefiltert von der Oberfläche. Sie ertasteten, dass sie nun wohl an einem flachen Hang ausgekommen waren. Und sie fühlten Dinge, die unsere Vorfahren Gras genannt haben und Blumen. Doch das Beste ist: Dort ist es nicht heiß. Traumhafte Temperaturen in einer traumhaften Welt.“
    „Aber warum zögert ihr noch?“, wollte Ben wissen. „Geht doch endlich alle hinaus und genießt ein neues Leben in Freiheit.“
    „Das wollen wir“, dachte der Sandmensch. „Aber wir können dort nicht leben, ohne etwas zu sehen. Wir haben keine Augen, Feinde zu erkennen oder Freunde. Wir sind auf Augen angewiesen, wenn wir diese Welt endlich verlassen und in die neue heile Welt im Osten einziehen wollen.“
    „Da sehe ich leider keine Chance für euch“, sagte Ben mitfühlend. „Aber ihr habt gute Ohren, einen wachen Verstand...“
    Des Sandmenschen Gedanken unterbrachen ihn. „Nichts ersetzt die Augen. Nur andere

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