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Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition)

Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition)

Titel: Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz-Josef Dohmen
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irgendwann werden es genug sein für uns alle.  Alle 233 Menschen meines Volkes werden dann ein Augenpaar bekommen. Wir setzen sie in die schwarzen Löcher unserer Köpfe ein, und wir werden sehen. Dann können wir alle hinaus und endlich ein neues, besseres Leben beginnen.“
    „Wo habt ihr die Augen her?“, fragte Ben laut und glaubte, die Antwort bereits zu kennen. Fürchtete, die Antwort bereits zu kennen.
    „Von unseren bisherigen Gästen“, dachte der Alte fröhlich. „Damit haben sie das Wasser und damit ihr Überleben bezahlt. Ein fairer Preis, wie ich meine.“
    Ben dachte zurück an die Skelette, die sie anfangs des Stollens entdeckt hatten. Bis eben hatte er sie noch für die Überreste der Sandmenschen gehalten, die beim Tunnelbau oder an Altersschwäche gestorben waren. Aber inzwischen war ihm klar geworden, dass es sich um die Knochen der Bedauernswerten handelte, die auf der Suche nach Überleben diesen Tunnel betreten und nur den Tod gefunden hatten. Die gewaltsame Entfernung ihrer Augen nicht überlebt hatten. Was für ein grauenvoller Gedanke.
    „Ihr seid doch irre!“, schrie Charly wütend, während sich Lisa hinter ihm duckte und sich fest an ihn klammerte. „Ihr bringt die Menschen für einen verdammten Schluck Wasser um?“
    Der Alte schien keineswegs beunruhigt. „Ein Schluck Wasser, der ihr Überleben bedeutet hat. Und längst nicht jeder, dem wir mit unseren Steinmessern mit aller Vorsicht die Augen entfernt haben, ist daran gestorben. Sicherlich, die meisten, aber nicht alle. Es war eine faire Chance – wir retteten ihr Leben und ließen ihnen eine kleine Chance, es sogar zu behalten. Wenn auch ohne ihr Augenlicht. Sie waren oben in der Wüste zum sicheren Tod verurteilt. Wenn sie über dieser trostlosen Stollenwelt angelangt waren und auf ihr Ende warteten, orteten wir ihre letzten Gedanken  und schickten den Wirbelsturm. Er wird von unserem Denken gesteuert und legt einen der oberen Ausgänge frei. Als Einladung an die Menschen dort oben. Und zwar nur an Menschen, denn mit den Augen anderer Wesen können wir nichts anfangen. Die Menschen haben stets eine faire Chance gehabt. Sie hätten die Einladung nicht annehmen brauchen. Aber sie haben es getan und sind zu uns heruntergekommen. Genau wie ihr. Und genau wie sie, werdet ihr den Preis für das lebensnotwendige Wasser bezahlen.“
    Der Alte grinste, als wäre all das, was er da sagte, selbstverständlich. Vielleicht war es das ja sogar in seiner dunklen Welt: Etwas Selbstverständliches, anderen die Augen herauszupulen. Die Sandmenschenmänner holten sogleich aus einer kleinen Nische, die versteckt im Schatten der Wände lag, rasierklingenscharfe Steinsplittermesser heraus und richteten sie bedrohlich gegen die sogenannten Gäste. Die nahezu durchsichtigen Klingen, die wie in Steinzeitmanier gefertigt waren, blitzten gefährlich im schwachen Sonnenlicht aus dem Osten auf.
    „Sollten wir hier je lebend rauskommen, mach ich euch endgültig fertig!“, zischte Luna leise zu Charly. „Ich dreh euch die ungewaschenen Hälse um, sobald wir aus dem Loch hier raus sind. Das schwör ich euch. Garantiert! Schließlich habt ihr mir die Suppe eingebrockt!“
    „Scheiß der Hund drauf“, entgegnete der dicke Junge nur. „Wozu hast du eigentlich deine blöde Flinte? Kannst du uns nicht dem Weg nach Osten freischießen?“
    „Zuviele Sandmenschen, zuwenig Munition, Fettsack! Aber meine Stunde kommt noch. Wenigstens ich werde diesem Irrenhaus entkommen.“
    Ben glaubte indes nicht daran, dass sie oder auch nur der skrupellose Luna diesen Stollen je wieder lebend verlassen würden. Aber während die blinden Brüder näherkamen, um sie zu welchen von ihnen zu machen oder gar zu töten, schirmte Ben vorsichtshalber seine Gedanken ab und versuchte, auf eine möglichst rettende Idee zu kommen, welche die Gegner nicht so leicht durchschauen würden.
    Und als sich Luna wieder klammheimlich ans Ende der Gruppe verzogen hatte, die anderen dagegen grimmig den Feinden ins blinde Gesicht blickten (knurrend, in Yoghis Fall, weil er wusste, dass sie sein Grimmen ja nicht sehen konnten) und Luna sich schließlich in die Hosen machte, dachte Ben intensiver denn je an die Kirmes zurück: Kandierte Äpfel, Kandierte Äpfel, Kandierte Äpfel. Doch in seinem unerreichbaren Unterbewusstsein bildete sich einmal mehr ein durchaus verwegener Plan. Maßgeblich dafür war die aktuelle Position, in der sich die Parteien befanden: Die Auserwählten hielten sich

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