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Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition)

Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition)

Titel: Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz-Josef Dohmen
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Leutchen diese herbekommen hatten. Das wenige, zum Gedeihen notwendige Licht, erhielten sie durch kleine Röhren, die durch den Fels bis oben in die Wüste hineingetrieben worden waren und einige der unzähligen Sonnenstrahlen durchließen. Die Gäste waren mehr als beeindruckt ob des Einfallsreichtums ihrer Gastgeber.
    „Sie sind unsere einzigen Nahrungsmittel, die Kakteen. Das einzige, was hier unten wächst“, dachte der alte Sandmensch in die Köpfe der Neuankömmlinge, als hätte er deren Gedanken gelesen. „Versucht sie. Sie sind sehr schmackhaft.“
    „So? Mit all den Stacheln?“, fragte Charly laut und blickte ungläubig auf die fußballgroßen, runden Stachelgewächse. „Ich will mir doch nicht den Hals in Stücke reißen lassen.“
    „Aber nein!“, dachte der Alte. „Wir bereiten sie selbstverständlich zu. Als Gemüse, Braten, Salat oder Dessert. Wenn ihr wollt auch als Kaktussuppe. Sucht euch aus, was ihr versuchen möchtet. Nur keine Scheu, ihr habt doch sicher alle großen Hunger.“
    Die Wanderer wählten mit einigen Bedenken ihre Menüs aus. Wenig später brachten ihnen ein paar ältere Sandmenschfrauen die Kakteengerichte in tönernen, primitiven Gefäßen.
    „Setzt euch und esst bitte“, dachte der Obersandmensch hörbar. Die Gäste setzten sich gegenüber der unterirdischen Sippe auf harte Steinbänke, die überall in dem viereckigen Gewölbe entlang der Wände aus dem Fels gehauen worden waren. Und nachdem sie sahen, dass die Einheimischen mit ihrem Mahl begonnen hatten, starteten auch sie die Aktion Verspeise-den-Kaktus. Und während sie so kauten, mussten sie zugeben, dass es gar nicht mal so schlecht war, das Kaktuszeug. Und Ben fand, es schmeckte sogar deutlich besser als der Marmorkuchen von Charlys Oma, an den er sich noch düster und äußerst ungern erinnerte. Schließlich war das gemeinsame Mahl beendet. Das karge Geschirr aus Stein und dürrem Holz wurde weggeräumt. Ben richtete seine Taschenlampe auf die Reihe der vierzehn Sandmenschen, die ihm gegenübersaßen. Da sie keine Augen hatten, konnten sie das Licht auch nicht wahrnehmen.
    „Betrachte uns ruhig, Sohn der Sonne“, dachte der Alte, der wieder in seinen Gedanken zu lesen schien. „Wir sind zwar gewiss nicht schön anzuschauen für euch, wie ich vermute, aber besser als ganz ohne Gesellschaft, oder?“
    „Das stimmt!“, sagte Ben mit dem Mund. Dann stellte er den Alten auf die Probe. Erzähle uns eure Geschichte, dachte er. Niemand hatte es mitbekommen. Zumindest keiner der Gäste.
    „Du hast Recht, Ben, Sohn der Sonne. Ich kann deine Gedanken lesen. Und die Gedanken aller anderen auch. Dass wolltest du doch wissen, oder?“
    „Ja“, stammelte Ben überwältigt. Doch irgendwie passte ihm das nicht so recht, wenn einer in seinen Gedanken herumfuhrwerkte. So etwas Ähnliches hatte Aichet mit Lisa gemacht.
    „Dich interessiert die Geschichte meines Volkes?“, dachte der Obersandmensch, obwohl er die Antwort auf seine Frage längst gelesen hatte.
    „Ja. Dies ist ja unter anderem eine Bildungsreise“, antwortete Ben mit echtem Interesse.  
    „Und deine Begleiter auch, wie ich erkenne“, dachte der alte blinde Mann wieder hörbar.
    „Aber ich hab mein Maul gar nicht auf...“
    „Mann, Yoghi!“, unterbrach ihn Charly. “Hast du immer noch nicht  spitzgekriegt, dass die Blindfische in unseren Gedanken lesen können, als wär's die Kirchenzeitung?“
    „Ups“, machte der Wirt und schien wenig begeistert zu sein.
    „Dann werde ich euch alles über uns erzählen“, dachte der Mann ohne Augen. „Wir haben noch ein wenig Zeit, bis ihr den Preis für das Wasser zahlen müsst.“
    Ben hörte das gar nicht gern. Ihm wäre lieber gewesen, der Alte hätte den Preis bereits genannt. Er traute den Blinden nicht über den Weg. Er versuchte daher, seine Gedanken auszuschalten, so dass sie in ihnen nicht lesen konnten. Und wenn das nicht ging, wenigstens an irgendwas Unverfängliches zu denken. Wie etwa an die letzte Kirmes in seiner fernen Heimat. Zuckerwatte, dachte er, und der alte Mann zeigte keine Regung. Kannte wohl keine Zuckerwatte.
    Die Gäste richteten ihre Lampen auf die Blindensippe. Die Erdmenschen waren normal groß. Die Erwachsenen zwischen einssechzig und einsfünfundachtzig. Nur der älteste der Familie war noch etwas größer. Sie waren allesamt - Männer, Frauen und Kinder jeden Alters - sehr mager. Kein Wunder bei dieser einseitigen und stachligen Kost. Sie zeigten, was sie von anderen Menschen,

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