Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition)
Feuer machen.“
„Das brauchst du nicht, Kleines. In deinem Rucksack findest du eine kleine Schachtel voller nützlicher Feuerhölzer. Sie riechen leicht nach Schwefel. Reibe eins mit dem Kopf an der rauen Seite der Schachtel und du hältst dein eigenes kleines Feuer in der Hand. Damit kannst du lose Zweige und schließlich kleinere Äste für ein Nachtfeuer entflammen.“
Haam öffnete die Streichholzschachtel und reichte sie dem staunenden Mädchen.
„Was ist das? Zauberei, Großvater?“
„Aber nein, Kindchen. Auf Zauberei versteht sich nur die Hexe im Wald. Diese Feuerhölzer habe ich von einem Händler aus dem Norden bekommen. Ich habe sie gegen ein paar der uralten Tonkrüge ertauscht. Gerne habe ich sie nicht geopfert, aber ich hielt die kleinen Dinger für äußerst nützlich.“
„Da hast du wohl Recht. Aber wo kommen sie her? Wer hat sie gemacht? Die Hölzer erscheinen mir wie ein kleines Wunder.“
„Genaues weiß ich leider nicht, Kindchen. Der Händler meinte damals, er habe sie seinerseits von jemandem bekommen, dessen Heimat im Norden des großen Binnenmeeres zu finden gewesen sei.“
„Das Meer der sprechenden Fische? Aber ich dachte, das sei endlos wie unsere Bunten Berge?“
„Wenn der Händler die Wahrheit gesprochen hat, dann kann man es wohl überqueren oder umrunden. Aber ich bin kein Seefahrer und habe es daher nie versucht. Ein- oder zweimal habe ich als junger Mann an seiner Küste gestanden. Damals kam es mir unendlich groß vor, doch was weiß ich schon von der Welt?“
„Mehr als ich“, sagte Lisa leise.
„Und du willst es wirklich tun?“
„Ja, Großvater.“
„Dann geh, und sprich mit niemandem darüber. Geh hinter dem Hügel vorbei, dann wird niemand dich sehen. Außerdem liegt dort auch unser Friedhof.“
„Ich weiß“, meinte seine Enkeltochter und Tränen liefen über ihr sommersprossiges Gesicht. Ein drittes und letztes Mal umarmten sie sich. Kein weiteres Wort fiel. Es war alles gesagt worden. Lisa zog die alten
Wanderschuhe an, die ihr ein bisschen zu groß waren, schulterte den vollgepackten Rucksack und verließ Haams Hütte durch die Hintertür. Der alte Mann blieb allein zurück und weinte nun seinerseits.
Lisa umrundete den Ruinenhügel und gelangte an der gegenüberliegenden Seite zum kleinen Friedhof des Dorfes. Dort waren viel zu viele frische Gräber zu finden. Das Mädchen verhielt einige Augenblicke lang an den Gräbern ihrer Eltern.
„Ich muss euch leider verlassen, Mutter und Vater. Ich tue dies auch für euch, denn das Böse, das euer Leben genommen hat, ist unterwegs, um auch alles andere zu zerstören. Ich versuche, es zu stoppen und euren Tod zu rächen, doch seid mir nicht böse, sollte ich versagen. In diesem Fall werden wir uns bald wiedersehen, denke ich. Macht es gut, wo immer ihr jetzt sein mögt und wünscht auch mir alles Gute bei dem, was getan werden muss.“
Lisa rückte noch einmal die Last auf ihrem schmalen Rücken zurecht und verließ den eingezäunten Friedhof und somit die letzte Ruhestätte ihrer Eltern. Bald darauf hatte sie ihre Heimat bereits hinter sich gelassen und sah den Unheimlichen Wald vor sich aufragen. Ihr Abenteuer hatte begonnen.
Nach der Hitze, die sie zur Mittagszeit zum Schwitzen gebracht hatte, genoss Lisa beinahe den Eintritt unter das Schatten spendende Blätterdach des Unheimlichen Waldes. Zu Beginn war der Wald noch so licht, dass genügend Sonnenstrahlen den Weg durch die Baumkronen fanden, um den Handelspfad in sanfte Helligkeit zu tauchen. Von den grausamen Kreaturen, die laut den alten Geschichten zwischen den Bäumen lauern sollten, war zu Beginn von Lisas Reise noch nichts zu sehen. Aber die Nacht war ja auch noch fern und Lisa frohen Mutes. Der Pfad war an die zwei Meter breit und bestand aus dunkler, über die Jahrhunderte festgetretener Erde. Offenbar wurde er in letzter Zweit wenig benutzt, denn erste Grasbüschel und Kräuter hatten sich bereits wieder darauf niedergelassen und versuchten, den Weg dem Walde einzuverleiben. Links und rechts des Pfades wuchsen Haselnusssträucher, Adlerfarn und Büsche voller reifer Holunderbeeren. Dahinter spendeten gewaltige Bäume dem jungen Mädchen Schatten: Rotbuchen, Fichten, Birken und die ein oder andere Korkeiche wechselten hier einander ab. Ungeheuer sah Lisa hier immer noch nicht, doch zwischen den Bäumen und dem Unterholz entdeckte sie immerhin einige eher harmlosere Tiere wie den scheuen Dachs, ein Grauhörnchen
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