Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition)
davon abhalten können, dir beinahe den Kopf abzureißen.“
„Er hat es aber nicht getan, oder? Ich gehe weiter auf dem Pfad. Im Wald würde ich mich nur verlaufen.“
„Nicht, wenn du mit mir gehst. Lass mich dein Führer auf deiner weiteren Reise sein. Als Dank für deine Großtat im Kampf gegen das Ungeheuer. Was sagst du zu meinem Angebot?“
„Nein. Ich bleibe auf dem Handelsweg, so wie mein Großvater es mir aufgetragen hat.“
„Alte Leute reden oft dummes Zeug.“
„Mein Großvater nicht. Und nun verschwinde, bevor ich noch einmal meine Fackel bemühe.“
Lisa schwenkte den Holzscheit vor den Augen des Kobolds hin und her, hatte aber nicht die Absicht, ihn erneut als Waffe einzusetzen. Er sollte lediglich als Warnung dienen, da Lisa sich nun sicher war, den kleinen Kerl nicht leiden zu können.
„Blöde Kuh!“, sagte der, streckte ihr die dunkelbraune, fleckige Zunge raus und verschwand im Wald.
„Sei froh, dass ich keine Pfanne bei mir habe, sonst würde ich Bratkartoffeln aus dir machen. Hunger hätte ich genug“, murmelte Lisa vor sich hin, obwohl der Kobold längst ihren Blicken entschwunden war. So blieb es bei einem kargen Frühstück aus langsam recht hart und unappetitlich gewordenen Broten und einem Schluck Wasser. Wieder fand sie keine Gelegenheit sich zu waschen und kam sich nun allmählich sehr schmutzig vor. Ihr ehemals leuchtend rotes Haar starrte jetzt vor Schmutz und Staub, und ihr Kleid war ebenso dreckig und an einigen Stellen zerrissen. Doch ihr blieb nichts anderes übrig, als ebenso hungrig wie ungewaschen den dritten Tagesmarsch unter den frühen Sonnenstrahlen in Angriff zu nehmen.
Mehrmals blickte sie während ihrer Wanderung nach rechts und glaubte, einen kleinen Schatten im Unterholz zu erspähen. Außerdem vernahm sie auch manchmal ein Knacken von Zweigen. Offensichtlich folgte ihr jemand auf dieser Seite des Unheimlichen Waldes, und schon wenig später glaubte sie zu wissen, um wen es sich handelte.
„Komm mit mir“, wisperte ein Stimmchen aus dem Wald.
„Ich hab dir gesagt, lass mich in Frieden!“, rief Lisa ins Dickicht hinein und war sich nun endgültig sicher, dass sich Potato noch immer in ihrer Nähe aufhielt und ihrem Weg nach Norden folgte.
„Aber bei mir bist du in sicheren Händen“, wisperte es wieder.
„Halt den Mund!“
Danach hörte sie nur noch hin und wieder das Knacken zerbrechender Zweige. Potato gab sich offensichtlich nicht so leicht geschlagen, aber Lisa blieb bei ihrem Plan, den Pfad vorerst nicht zu verlassen.
Zwei Stunden später setzte wieder der inzwischen wohlbekannte Schmerz in Lisas Füßen ein. Sie lies sich jedoch davon nicht entmutigen und unterbrach ihre Wanderung erst, als sie zu ihrer Rechten einen seltsamen Felsen erblickte. Sollte dies etwa der Fischfelsen sein, von dem Großvater gesprochen hatte? Das Moos auf dem meterhohen Stein war vorhanden. Ebenso die beiden Ausbuchtungen im Fels, in denen man mit etwas Phantasie durchaus Rücken- und Schwanzflosse eines Fisches erahnen konnte. Dies musste also der erwartete Wendepunkt ihrer Wanderung sein. Gerne verließ sie den Pfad nicht, dem sie seit zweieinhalb Tagen gefolgt war, doch ihr Großvater hatte sie angewiesen, genau das zu tun. In östlicher Richtung sollte sie nach der Hexe suchen, die ihr vielleicht weiterhelfen konnte. Also bog sie nach Osten ab und verschwand zwischen den Stämmen zweier gewaltiger Eichen. Im selben Moment stürmte Potato auf den Pfad und stemmte die kleinen Hände in die Hüften.
„He, blöde Kuh! Du bist auf die falsche Seite abgebogen. Hoffentlich wirst du gefressen!“ Der Kartoffelkobold zeigte ein fieses Grinsen und entblößte zwei Reihen nadelspitzer Zähnchen. „Selten Blöde Kuh!“ rief er ihr noch einmal hinterher, drehte sich um und verschwand wieder auf seiner Seite des Waldes zwischen den Sträuchern und Bäumen.
Lange dauerte es nicht, da beschlich Lisa bereits das bange Gefühl, dass sie sich womöglich verlaufen hatte. Hier inmitten von Stämmen, Wurzeln, Farn und vermodertem Unterholz fehlten ihr jedwede Anhaltspunkte, und den Handelspfad hatte sie längst hoffnungslos aus den Augen verloren. Also stolperte sie todmüde weiter in die Richtung, die sie für Osten hielt. Der Stand der Sonne half ihr dabei, doch wusste sie nicht, ob sie nicht längst rechts oder links am Hexenhaus vorbeigelaufen war, ohne es bemerkt zu haben. Hinzu kam die drückende Mittagshitze, so dass ihr der Schweiß in Sturzbächen überall
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