Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition)
am Körper herablief. Nicht einmal die turmhohem Mammutbäume spendeten genug Schatten, um für eine willkommene Abkühlung sorgen zu können. Verzweifelt wanderte sie weiter und achtete nur noch darauf, nicht über eine Wurzel oder eine halb im Erdreich versunkenen Ast zu stürzen. Was sollte sie nur tun, wenn sie bis zum Abend die Hütte nicht gefunden hatte? Im Dunkeln wäre sie hier sicherlich verloren. Wer weiß, ob es nicht noch ein zweites Hyaenodon im Unheimlichen Wald gab. Oder gar noch Schlimmeres. Hätte sie das Angebot des frechen und ungehobelten Kobolds vielleicht doch besser annehmen sollen? Wenn wenigstens ein Bach oder ein Teich in der Nähe zu finden wäre, dachte sie bei sich, dann könnte sie ihre Wasserflaschen auffüllen, deren Inhalt nun doch schnell zu schwinden drohte. Und trinken musste sie unbedingt in dieser Hitze.
Doch bald schon war der letzte Schluck getrunken und der letzte Apfel gegessen. Sie würde sich nach Beeren und Früchten des Waldes umsehen müssen, doch noch wichtiger war Wasser. Sie wusste bald gar nicht mehr, wonach sie überhaupt suchte. Nach einem Bach, nach dem Hexenhaus oder etwas Essbarem? Das einzige, was sie schließlich fand, war ein halbwegs schattiges Plätzchen unter einer ausladenden alten Esche. Sie setzte sich auf den Boden und aß ihr letztes Brot. Danach würde ihr Proviant endgültig erschöpft sein, denn eigentlich hatte sie gehofft, bei der alten Hexe Lebensmittel für die Weiterreise zu erhalten. Doch an deren Hütte war sie sicher längst vorbeigelaufen. Lisa erschrak, denn unerwartet sprang ihr etwas Pelziges auf den Schoß. Es war ein kleines hellbraunes Wildkaninchen, das sie aus großen Augen anblickte. Lisa hatte noch nie so ein zutrauliches Langohr gesehen. Schließlich gab sie ihm den Rest ihres Brotes zu fressen und streichelte es, solange es fraß. Danach sprang das Kaninchen wieder auf den Waldboden zurück und verschwand satt im Unterholz, wobei es Lisa hungrig, durstig und allein zurück ließ.
Sollte das Mädchen nun weiter in die Richtung gehen, die es für Osten hielt? Sollte sie den langen Marsch überleben, würde sie irgendwann wieder auf den Bunten Berge stoßen. Von dort aus könnte sie sich zurück nach Süden oder weiter in den Norden bewegen. Doch war der Weg vermutlich weit, und Lisa wusste nicht, ob sie noch genügend Kraft dafür besaß. Die andere Möglichkeit wäre, nach Westen zurückzukehren in der Hoffnung, nun doch endlich die Hütte der Hexe oder zumindest den Sicherheit versprechenden Handelspfad zu finden. Wenn sie erst einmal zum Weg zurückgefunden hatte, konnte sie immer noch überlegen, was dann zu tun sei. Zudem war der Weg zurück vielleicht nicht so weit wie der nach Osten zu den Bunten Bergen. Lisa entschied sich dafür umzudrehen, um irgendwann wieder auf den Pfad zu gelangen. Schnaufend rappelte sie sich hoch, schulterte ihren Rucksack und setzte sich in Bewegung. Einmal mehr stiegen ihr Tränen in die Augen, denn sie fürchtete, dass ihre Mission bereits hier und jetzt beendet und das Ende der Welt deswegen endgültig besiegelt sei. Nicht einmal die simple Herausforderung, den Weg zu einer Waldhütte zu finden, hatte sie bewältigt. Ihr Großvater würde grenzenlos enttäuscht sein. Sie hatte ihm ja gesagt, sie sei für diesen Auftrag nicht geeignet. Hätte er sie doch zurückgehalten. Nun endlich bahnten sich salzige Tränen ihren Weg.
Nicht einmal eine Stunde später war sie sicher, sich nun vollends verirrt zu haben. Nichts, was sie auf ihrer Wanderung zu Gesicht bekam, kam ihr vom Hinweg auch nur vage bekannt vor. Womöglich war sie erneut zu weit nördlich oder südlich von ihrer ursprünglichen Route abgekommen. Sollte sie sich nicht besser einfach zu Boden fallen lassen, um hier an Ort und Stelle zu sterben? Vielleicht wäre das die ideale Lösung. Doch noch trieb sie die kleine Hoffnung voran, zumindest wieder auf den Handelsweg zurückzukehren. So setzte sie immer weiter einen müden Fuß vor den anderen.
„Lisa?“
Das Mädchen schlurfte weiter, ohne Notiz von der Stimme zu nehmen, die aus dem Wald zu vernehmen war.
„Lisa, wo bist du?“
Endlich blieb das Menschenkind stehen und lauschte. Hatte da nicht irgendwer seinen Namen gerufen? Die Stimme des Kobolds schien es auf jeden Fall nicht gewesen zu sein. Diese Stimme war älter und menschlicher gewesen.
„Bitte antworte mir Kind, sonst kann ich dich nicht finden!“
„Ich bin hier“, antwortete sie mit zitternder
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