Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition)
traurigen Blick des angeblich verwaisten Mädchens nach.
„Na, von mir aus komm schon rein. Du kannst auf dem Sofa im Schlafzimmer pennen. Aber wehe, du klaust was! Ich hetze dir die Bullen auf den Hals. Und Morgen früh verschwindest du. Ich hab nämlich auch was Wichtiges zu tun!“
Das Mädchen schlüpfte rasch durch die Tür in die Diele. „Danke, Herr.“
„Hör auf, mich Herr zu nennen. Ich bin Charly. Und sag bloß nicht Karl-Heinz zu mir. Wer bist du?“
„Ich bin Lisa, Herr.“
„Ich nehme an, du willst erst mal was essen und trinken?“
„Das wäre sehr nett von Euch, Herr. Zuletzt hat mir die Hexe etwas gegeben.“
Lisa hatte ihren Rucksack abgelegt, sich auf das Dreiersofa fallen lassen und schaute sich mit großen Augen im Wohnzimmer um.
„Die Hexe... natürlich die Hexe“, murmelte Charly vor sich hin. „Wer denn auch sonst? Und Pinocchio hat dir wohl die Pausenbrote geschmiert, oder?“
„Ich verstehe nicht, Herr.“
„Ich auch nicht, und du sollst mich nicht Herr nennen. Bleib jetzt da sitzen, rühr nichts an und warte, bis ich für dich was Essbares aufgetrieben habe.“
„Ist gut“, sagte das Mädchen vergnügt. „Ich habe Hunger wie ein Munk.“
Charly ging in die Küche und unterzog den Inhalt des Kühlschranks einer genaueren Prüfung. Dabei fragte er sich insgeheim, wie er auf die schwachsinnige Idee gekommen war, das wildfremde und offensichtlich geistig minderbemittelte Mädchen in sein Haus einzuladen. Womöglich brachte sie die ein oder andere ansteckende Krankheit mit. Pocken vielleicht oder wenigstens die Krätze oder sowas. Naja, nun war es wohl zu spät zum Grübeln, und so wandte er sich wieder den verfügbaren Lebensmitteln zu: Schnell fand er den halb vollen Teller Pommes von Heute Mittag. Die ersten beiden Portionen hatte er noch locker geschafft, aber bei diesem dritten Teller hatte er schlappgemacht. Daher nahm er ihn samt der kalten Fritten aus dem Kühlschrank und stellte ihn auf dem Küchentisch ab. Dazu nahm er noch eine Handvoll seiner Lieblingshamburger, schließlich hatte er ja nun auch wieder ein bisschen Hunger, und zwei Dosen Cola dazu. Die Hamburger stapelte er in die Mikrowelle und die Pommes nach kurzer Überlegung noch dazu. Die Fritten würden zwar nach dieser Art der Wiederaufbereitung ziemlich grausig schmecken, aber egal, so anspruchsvoll war sein seltsamer Gast sicher nicht. Charly stellte die Zeituhr der Mikrowelle auf drei Minuten ein und öffnete die Coladosen. Das sollte eigentlich reichen für ein kleines Nachtmahl. Zur Not würde er noch eine Tüte Kartoffelchips drauflegen. Da konnte sich doch schließlich keiner beschweren. Kurze Zeit später stand der dicke Junge mit einem Tablett voller erlesener Köstlichkeiten im vertrauten Wohnzimmer.
„Du solltest doch nichts anfassen!“
Lisa beschäftigte sich gerade intensiv mit der Stehlampe neben dem Sofa. Offensichtlich hatte sie den entsprechenden Knopf entdeckt und schaltete in rascher Reihenfolge das Licht an und aus.
„Ist das Zauberei? Wie funktioniert das?“
„Das ist eine verdammte Lampe. Lass das Licht an und fang an zu essen. Ich wollte mich eigentlich noch ein paar Stündchen aufs Ohr legen, weißt du?“
„Verzeiht, Herr, ich meine Charly“, sagte Lisa gut gelaunt und ließ von der Leuchte ab. Sie sah stattdessen zu dem Tablett und konnte offenbar mit alldem, was sie darauf sah, nichts anfangen.
„Soll ich dir ein Bild davon malen?“, fragte der Junge barsch. „Hier trink das.“ Er drückte dem Mädchen eine Coladose in die Finger.
Wieder schaute Lisa den Hausherrn mit großen Augen an. „Was soll ich damit?“
„Brauchst wohl ein Glas, gnädige Frau, was?“
Charly trottete zurück in die Küche und holte sich zwei Trinkgläser. Zurück im Wohnzimmer stellte er eines auf den Couchtisch vor Lisa ab und behielt das andere in der Hand. Da er sich nicht sicher war, ob sein Gast wenigstens in der Lage war, aus einem Glas zu trinken, schüttete er sich die Cola in sein Trinkglas und setzte es sich an die Lippen. Wie von der Tarantel gestochen sprang das Mädchen vom Sofa auf und schlug dem Jungen das Glas aus den Händen, bevor er auch nur einen Schluck hatte trinken können. Der Behälter zerbrach lautstark, und das Getränk verteilte sich unschön zwischen den Scherben auf dem teuren Wohnzimmerteppich.
„Hast du einen an der Waffel, verdammt noch eins?“, fauchte der Junge das Mädchen an. „Was war denn das
jetzt für eine Aktion?“
„Verzeiht,
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