Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition)
Herr, man wollte Euch offensichtlich vergiften.“
„Jetzt schlägt's ja wohl Dreizehn! Wie kommst du denn auf so einen Quatsch, Mädchen?“
„Ihr habt nicht genau hingeschaut“, erklärte Lisa ruhig. „Sonst hättet Ihr gesehen, dass Euer Wasser nicht in Ordnung war. Es war schwarz, müsst Ihr nämlich wissen. Sicher wollte Euch jemand damit vergiften. Man trachtet Euch nach dem Leben. Ein Landvogt sollte sich alles genau ansehen, was er isst und trinkt, Herr. Habt Ihr denn keinen Vorkoster innerhalb Eures Gesindes?“
„Verdammt, ich bin kein Landvogt. Merk dir das!“
„Aber Ihr müsst ein Edelmann sein, wenn Ihr der Herr über ein solches Anwesen seid.“
„Du redest dummes Zeug. Das hier ist ein stinknormales Haus. Und was deine hirnrissige Idee von wegen Vergiften angeht: Das Zeug war Cola, mein Lieblingsgetränk. Schon mal davon gehört?“
„Nein.“
Charly konnte kaum glauben, was das Mädchen da von sich gab. Offensichtlich war sie im Hirn doch deutlich zurückgebliebener, als er zu Anfang vermutet hatte. Langsam schwand sein Zorn und machte einer gewissen Gleichgültigkeit Platz. Wieder reichte er ihr die volle Coladose.
„Dann probier mal. Du wirst begeistert sein, denke ich.“
Zwar nahm sie die Dose in die Hand, schüttelte aber den Kopf. „Giftig“, sagte sie nur.
Demonstrativ nahm er seine eigene Getränkedose zur Hand und kippte, noch bevor Lisa erneut einschreiten konnte, deren gesamten Inhalt in einem Zug in sich hinein. Er rülpste anschließend laut, zerknüllte die Dose und warf sie hinter das Sofa. Was er jedoch nicht tat, war tot umfallen. Also war das Zeug wohl doch nicht giftig. Vorsichtig nahm Lisa daher einen Schluck aus ihrer eigenen Dose. Sie schüttelte sich kurz, strahlte über das ganze Gesicht und trank den Rest der Cola in einem langen Zug. Endlich setzte sie die geleerte Dose auf dem Tisch ab, rülpste ebenfalls laut und vernehmlich und sagte nur „Mehr!“ Charly ging noch einmal in die Küche, holte zwei weitere Coladosen und stellte sie zu der anderen auf den Couchtisch.
„Und nun iss, bevor das Zeug kalt wird. Keine Angst, das Essen ist auch nicht vergiftet.“
Das lies sich das Mädchen nicht zweimal sagen. Ohne falsche Scheu verdrückte sie in Windeseile und laut schmatzend sowohl die restlichen Pommes wie auch drei der Hamburger. Die letzten beiden schaffte sie allerdings nicht mehr und überließ sie dem erstaunten Charly.
„Lecker“, sagte das Mädchen und leckte sich die fettigen Lippen. Für einen Landvogt könnt Ihr sehr gut kochen, Herr.“
Zuerst wollte der dicke Junge wieder laut werden, besann sich dann jedoch eines Besseren und erklärte die Sachlage mit ruhiger Stimme ein – wie er hoffte – letztes Mal: „Also, jetzt wo du satt bist, solltest du mir mal gut zuhören. Ich heiße Charly und will geduzt werden. Ich bin kein Herr und schon gar kein Landvogt, sondern nur ein ziemlich dicker und müder Junge im Ogerschlafanzug. Ich wohne auch nicht in einem Schloss und befehlige keinerlei Gesinde. Das hier ist das Haus meines Vaters. Der ist aber momentan unterwegs. Auch er ist kein Edelmann, das wüsste ich nämlich. Könnten wir uns daher vielleicht darauf einigen, dass du den Quatsch mit Herr, Euch und Landheini endlich sein lässt?“
„Tut mir leid“, sagte Lisa. „Ich bin mit den Verhältnissen in deiner Welt nicht so bewandert. In meiner Welt könnte nur ein Mann von adligem Geblüt oder enormem Reichtum in einem solchen Palast residieren. Doch ich will von nun an Charly zu dir sagen. Eigentlich hätte ich auch früher darauf kommen können, dass du kein Vogt bist, denn Edelmänner tragen für gewöhnlich keine gelben Anzüge mit Ogermuster, glaube ich.“
Wieder stieg eine leichte Schamesröte in das Gesicht des Jungen.
„Das ist ein Schlafanzug. Normalerweise trage ich Jeans und T-Shirt. Aber ich bin erstaunt, dass du zwar keine Cola zu kennen scheinst, aber immerhin einen Oger von einem Troll unterscheiden kannst.“
„Warum auch nicht? Die sind doch in jedem Schulbuch abgebildet.“
Während sie redete, schweifte ihr Blick ab – nacheinander zum Flatscreen, zur Fernbedienung und zum schnurlosen Telefon. Handelte es sich vielleicht doch um eine Diebin, die gerade einen Wunschzettel zusammenstellte? Unsinn, ermahnte der Junge sich selbst in Gedanken. Dazu war das Mädchen ganz offensichtlich viel zu dumm.
Charly widersprach nicht, sondern aß rasch die letzten beiden Hamburger auf. Er wollte endlich zurück ins
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