Der Dämonen-Gnom
Mund kräuselte sich zu einem spöttischen Lächeln.
»Glühende Augen, sagst du?«
»So ist es.«
»Und du hast dich nicht geirrt?«
»Auf keinen Fall.«
Die Dressurreiterin wußte nicht, was sie noch sagen sollte. Sie stand mit beiden Beinen im Leben, wie sie immer von sich selbst behauptete.
Natürlich wußte sie, daß die meisten ihrer Kollegen im Zirkus abergläubisch waren, doch das bezog sich zumeist auf irgendwelche Horoskope und Daten. Von Totengeistern hatte sie bisher keinen aus dem Zirkus sprechen gehört.
»Jetzt bist du stumm, wie?«
»Kann man wohl sagen.«
»Hast du auch Angst gekriegt?«
Michaela schüttelte den Kopf. »Nein, das habe ich nicht. Ehrlich, Cäsar«, sagte sie, als sie sein zweifelndes Gesicht sah. »Ich habe einfach keine Angst.«
»Weil du mir nicht glaubst?«
»So ist es.«
Er winkte mit seinen großen Händen ab. »Da begehst du aber einen gewaltigen Fehler. Du hättest die vier Geister sehen sollen. Sie waren sogar bewaffnet, denn sie trugen die Messer, die der Gnom in seinen früheren Zeiten benutzt hat, wenn er auf die Scheibe warf. Ja, das habe ich alles gesehen, und Pablo weiß das.«
»Was hat er denn getan?«
»Er wollte auf keinen Fall, daß ich mit jemandem darüber rede. Ich habe sein Gebot gebrochen und fühle mich verdammt unwohl dabei. Nicht nur das, in mir kriecht auch die Angst hoch.« Er wies auf die junge Frau. »Es ist auch die Angst um dich. Wenn der Gnom erfährt, daß ich dich eingeweiht habe, kann ich für nichts garantieren.«
»Das wird sich noch herausstellen.«
»Wann denn?«
»Heute abend oder heute nacht.«
»Und das weißt du sicher?«
»Er hat es mir gesagt.« Cäsar rieb seine Augen und erhob sich. »Ich muß jetzt gehen. Wir reden nach deinem Auftritt noch zusammen. Es ist ja der letzte.«
»Das machen wir auch.«
»Kommst du her?«
»So schnell wie möglich.« Auch Michaela war aufgestanden und schaute in das Gesicht des dunkelhäutigen Mannes. »Ich finde es toll, daß du mich ins Vertrauen gezogen hast. Gemeinsam stehen wir es durch, darauf kannst du dich verlassen. Wir werden diesen bösartigen Gnom schon in seine Schranken weisen. Du weißt auch, daß ich mich in seiner Nähe mehr als unwohl fühle?«
»Sicher.«
»Viel Glück.«
Cäsar ging als erster zur Tür. Er öffnete und schaute vorsichtig hinaus, und erst als die Luft rein war, ließ er Michaela aus dem Wohnwagen huschen. Er ging hinter ihr, schloß ab und sah, daß die Kleine bereits verschwunden war.
Auf dem Weg zum Zelt überkamen ihn doch starke Zweifel, ob er richtig gehandelt hatte. Aber er hatte einfach mit jemandem reden müssen, und Michaela war dafür genau die richtige Person. Bei ihr fühlte er sich gut und wunderbar aufgehoben, sie verstand ihn, sie hatte volles Verständnis für alle Sorgen und Probleme.
Der Lärm im Zelt lenkte ihn ab. Die Kinder hatten einen Heidenspaß, sie tobten und schrien, klatschten und freuten sich so sehr, daß auch Cäsar lächelte. Er war ein Mensch, der Kinder liebte, und er liebte es, wenn sie fröhlich waren.
Seine ›Arbeitsmaterialien‹ hatten ihm bereits die Helfer zurechtgelegt.
Sie standen bereits am Rand der Manege und waren in einer golden glänzenden Tonne verstaut.
Vor ihm war der Mann mit den Katzen an der Reihe gewesen. Er verbeugte sich immer wieder, weil der Beifall nicht enden wollte, dann aber verschwand er, und Cäsar wartete auf den Tusch, der seinen Auftritt ankündigte.
Der kam und röhrte etwas schrill aus den Lautsprechern. Wie immer verzog der starke Mann das Gesicht, aber die Musik gehörte zu seinem Auftritt, und sie machte auch die Zuschauer heiß auf die nächste Nummer.
Sehr langsam betrat er die Manege. Er bewegte sich bewußt schwerfällig, als könnte er vor Kraft kaum gehen. Über sein knappes Kostüm hatte er einen dunkelroten Bademantel gehängt, dessen Stoff schimmerte, als wäre er mit Lack bestrichen worden.
In der Arena blieb er stehen, hob die Arme und streifte dabei den Mantel ab.
Alle konnten nun seine mächtigen Muskeln bewundern, und die Kinder staunten nicht nur, sie jubelten schon jetzt, was Cäsar normalerweise begeistert hätte, nicht aber heute, denn sein Lächeln wirkte aufgesetzt, weil er mit den Gedanken bei Pablo und dessen vier grausamen Leibwächtern weilte.
Nur allmählich beruhigten sich die jungen Gäste, wippten aber gespannt und ungeduldig auf ihren Stühlen.
Cäsar trat bis an die Tonne heran. Er öffnete den Deckel und griff hinein.
Jede Bewegung
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