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Der Dativ Ist dem Genitiv Sein Tod 1

Der Dativ Ist dem Genitiv Sein Tod 1

Titel: Der Dativ Ist dem Genitiv Sein Tod 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastian Sick
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junge Mann seiner Freundin am Abend. Sie stutzt und fragt: »Heißt es nicht aufs Tablettgebracht?« – Nein, die beiden liegen gleichermaßen daneben, denn die Redewendung lautet richtig etwas aufs Tapet bringen. Tapet ist Französisch und bezeichnet den Stoffüberzug eines Konferenztisches.
    Das kommt davon, wenn heute überall am Stoff gespart wird.

    Dass Redewendungen im sprachlichen Alltag
    durcheinander gewürfelt werden, ist nichts
    Außergewöhnliches und meistens verzeihlich. Wer hat nicht schon mal wie ein Rohrspatz gefroren, wie ein Schneider geschimpft, sich wie ein Honigkuchenpferd gefreut und wie ein Schneekönig gestrahlt?

    Etwas anderes ist es, wenn solche Schnitzer so genannten Profis unterlaufen, also Menschen, die ihr Geld damit verdienen, dass sie anderen die Welt erklären.
    Wie soll man ihnen glauben, dass sie wissen, wovon sie sprechen, wenn sie offenbar die Redewendungen nicht kennen, die sie gebrauchen?

    So war im Zusammenhang mit der Krise der SPD die Behauptung zu lesen, »dass Lafontaine wieder
    Oberwasser wittert«. Man darf davon ausgehen, dass
    »Oberwasser« im Allgemeinen geruchlos ist, folglich gibt es auch nicht viel zu wittern. Es sei denn, man vermutete Lafontaine in der Kanalisation. Tatsächlich lautet die Redewendung » Oberwasser bekommen«.
    Wittern tut man (bei Shakespeare) die berühmte Morgenluft. Und auch die wird meistens falsch gedeutet, nämlich als Chance für ein Comeback, dabei bedeutet sie im »Hamlet« genau das Gegenteil, nämlich dass es höchste Zeit ist zu verschwinden.

    Auch die Feststellung, dass Gerhard Schröder und Jacques Chirac »auf der gleichen Wellenlänge
    schwimmen«, ist in Wahrheit ein Mix aus zwei
    Wendungen, die nicht zusammenpassen. Es sei denn, man hat den Physikunterricht im Hallenbad absolviert.
    Entweder schwimmt man auf der gleichen Welle, oder man liegt/funkt auf der gleichen Wellenlänge.

    Der Irrungen, Verwechslungen und Entgleisungen gibt es unzählige, die Suche danach ist die Suche nach dem buchstäblichen Balken im Heuhaufen und der Kampf dagegen ein Kampf gegen Windkrafträder.

    Brutalstmöglichst gesteigerter Superlativissimus Darf's vielleicht ein bisschen mehr sein? Wenn Politik und Werbung Versprechungen machen, dann lassen sie sich nicht lumpen, da wird aus dem Optimalen noch das Optimalste herausgequetscht. Die
    Superlativierungs-Euphorie kennt keine Gnade, dafür umso mehr sprachliche Missgeschicke.

    Schon als Kind bekam man beigebracht, dass man
    »das einzige« nicht steigern könne. »Das einzigste« gab's nicht. Das ging einfach nicht. War nicht korrekt. Denn
    »das einzige« war schon wenig genug, »das einzigste«
    folglich Unfug. Die Eltern haben's verbessert, der Lehrer hat's rot angestrichen. Die Schulzeit ging vorbei, die Wege trennten sich, die einen gingen in die Werbung, die anderen in den Journalismus, und wer für beides nicht taugte, der versuchte sich in der Politik. Hier wie dort wurden die Ermahnungen der Lehrer schnell vergessen, denn man begriff, dass es ohne falsche Superlative nicht geht. Immer sollte man kreativ sein oder innovativ, das lässt sich auf Dauer ohne Drogen und super, super Superlative nicht bewerkstelligen.

    Und was gibt es nicht alles für verrückt steigerbare Wörter! Der totale Krieg war gestern, heute herrscht der totalste Wahnsinn! »Deutschlands meiste Kreditkarte«
    war sicherlich nur ein Slogan, der bewusst provozierend mit der Sprache spielte. Ob alle, die mit diesem lockeren Spruch bombardiert wurden, das auch so verstanden haben, muss dahingestellt bleiben. Das Bedürfnis, Wörter zu steigern, die sich eigentlich nicht steigern lassen, ist jedenfalls» enormst«. Nehmen wir uns nur ein Beispiel an jenem Rennfahrer in Monte Carlo, der die
    denkwürdigen Worte sprach: »Gewinnen ist das
    Maximalste.« Das könnte übrigens auch als Motto in goldenen Lettern über dem Eingang des dortigen Casinos stehen.

    Manche Momente sind zu schön, um einfach nur
    perfekt zu sein; für sie wurde die Steigerung zum
    »perfektesten Moment« erfunden. Und wo wäre die Auto fahrende Bevölkerung ohne »aktuellste
    Verkehrshinweise«? Vermutlich völligst hinterm Mond.
    Doch das ist noch gar nichts gegen die
    Steigerungsfähigkeit des kleinen Wörtchens »optimal«.
    Wenn es darum geht, Menschen von irgendetwas zu überzeugen, dann ist das Beste einfach nicht bestens genug. Vom Berliner Finanzsenator bis zum Schweizer Verkehrsminister sind alle emsigst auf der Suche nach dem

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