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Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod 2

Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod 2

Titel: Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastian Sick
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Ex.
    In einem rückblickenden Berichtüber die Amtszeit Johannes
    Raus war ein Bild zu sehen, das das Ehepaar Rau in Tan-
    sania zeigte. Darunter stand: »Ex-Bundespräsident Johannes
    Rau und Ehefrau Christina in Tansania«. Zwar stimmt es,
    dass Johannes Rau mittlerweile nicht mehr Bundespräsident
    ist. Aber als er im März 2004 mit seiner Frau nach Tansania
    flog, da war er es noch. Das Bild zeigt also nicht den Ex-Bun-
    despräsidenten, sondern den damaligen Bundespräsidenten.
    Das ist ein kleiner, aber feiner Unterschied.
    Ein anderer Artikel beschäftigte sich mit der Vorliebe eini-
    ger Politiker für medienwirksame Inszenierungen und
    nannte als Beispiel »die öffentliche Scheidung von Kanzler
    Schröder und seiner Ex-Frau Hillu, die der Ministerpräsi-
    dent von Niedersachsen damals ganz offen auf der Seite eins
    der ›Bild‹-Zeitung zelebrierte«.

    Zwar ahnt man, was gemeint war, doch kann die Ahnung
    nicht darüber hinwegtäuschen, dass dieses Beispiel drei Feh-
    ler enthält. Fehler Nummer eins: Einen Kanzler Schröder,
    der eine öffentliche Scheidung zelebriert haben soll, gibt es
    nicht. Sehr wohl einen Gerhard Schröder, aber seit dieser
    Gerhard Kanzler ist, hat er nichts unternommen, was nach
    Zelebrierung einer öffentlichen Scheidung aussah.
    Fehler Nummer zwei: Gerhard Schröder hat natürlich
    nicht versucht, sich von seiner Ex-Frau Hillu scheiden
    zu lassen. Das wäre auch äußerst töricht gewesen, zumal eine
    Scheidung pro Ehe nach deutschem Recht völlig ausrei-
    chend ist.
    Fehler Nummer drei: Nicht der Ministerpräsident von Nie-
    dersachsen hat damals etwas gemacht, sondern der damalige
    Ministerpräsident von Niedersachsen hat etwas gemacht.
    Nach Berichtigung der falschen Tatsachenbehauptungen
    liest sich das Beispiel nunmehr so: »die öffentliche Scheidung
    von Gerhard Schröder und seiner Frau Hillu, die der
    damalige Ministerpräsident von Niedersachsen ganz offen
    auf der Seite eins der ›Bild‹-Zeitung zelebrierte«.
    Wann immer irgendwo auf der Welt ein Regime kolla-
    biert, wird es besonders gefährlich. Dann laufen plötzlich
    jede Menge Ex herum, die von den neuen Machthabern ge-
    jagt werden. Wenn einer gefasst wird, so ist die Gefahr groß,
    dass man Sätze wie diesen liest: »Mahmud war Sicherheits-
    berater und ranghöchster Leibwächter des Ex-Präsidenten.«
    Haben Ex-Präsidenten Sicherheitsberater? Eigentlich brau-
    chen sie diese doch vor allem, solange sie noch Präsidenten
    sind. Gemeint ist natürlich: »Mahmud war Sicherheitsbe-
    rater und ranghöchster Leibwächter des (damaligen) Präsi-
    denten.« Den Zusatz »damaligen« kann man in diesem Fall
    sogar weglassen, denn dass der Präsident inzwischen selbst
    nicht mehr Präsident ist, spielt für Mahmuds einstige Tätig-
    keit als Sicherheitsberater eigentlich keine Rolle.

    Richtig knifflig wird es, wenn es zum Beispiel um den Sänger
    Thomas Anders und sein Tun und Nicht-lassen-Können
    während der neunziger Jahre geht. Damals gab es Modern
    Talking nicht mehr, also könnte man ihn als Ex-Modern-
    Talking-Sänger bezeichnen. Aber 1998 hatte das Duo ein
    Comeback. Das hat glücklicherweise nicht lange gewährt,
    trotzdem bleibt die Frage, ob man Thomas Anders (»Der
    Mann, der Nora war«) in der Zeit zwischen MT1 und MT2 tat-
    sächlich als »Ex-Modern-Talking-Sänger« bezeichnen kann.
    (Ich weiß, viele werden sich an dieser Stelle fragen, ob man
    Thomas Anders überhaupt als Sänger bezeichnen kann, aber
    das gehört nicht hierher...) Es ist indes nicht nötig, Thomas
    Anders heute als Ex-Ex-Modern-Talking-Sänger zubezeich-
    nen. Selbst wenn man dasselbe Amt zweimal bekleidet oder
    dieselbe Karriere ein zweites Mal versucht hat, bleibt man
    am Ende doch nur einmal Ex.
    Nicht nur Regime und Musikgruppen können untergehen,
    sondern auch ganze Staaten. Ein berühmtes Beispiel finden
    wir auf unserem eigenen Territorium: Dort ging zuletzt ein
    Staat namens DDR unter. Seitdem wird viel von der
    ehemaligen DDR gesprochen, wie auch von der ehemaligen
    Sowjetunion und überhaupt dem ehemaligen Ostblock. Doch
    auch hier ist Vorsicht geboten: Eine Aussage wie »In der
    ehemaligen DDR gab es keine Freiheit« ist unsinnig, denn
    »ehemalig« wurde die DDR erst durch ihre Auflösung. Es
    muss heißen »In der DDR gab es keine Freiheit«. Wer von
    der »ehemaligen DDR«spricht, meint damit das heutige Ge-
    biet, das einst die DDR gewesen ist, und auf diesem ist das
    NichtVorhandensein von Freiheit längst kein

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