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Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 1 (German Edition)

Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 1 (German Edition)

Titel: Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastian Sick
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Nordirland im April 2003 versprochen. Seitdem ergingen sich Kommentatoren aller Nachrichtenredaktionen der Bundesrepublik in Mutmaßungen darüber, was man unter einer »vitalen Rolle« zu verstehen habe. Vital, das wissen wir aus der Doppelherz-Werbung, heißt so viel wie »munter«, »lebenskräftig« und »unternehmungsfreudig«. So und nicht anders steht es auch im Fremdwörterbuch aus dem Dudenverlag.
    Was um alles in der Welt mag Bush aber mit einer »munteren Rolle« für die UNO gemeint haben? Das klingt nach einem diplomatischen Trick. Unternehmungsfreudig hört sich noch sonderbarer an – da schöpft man doch sofort Verdacht: Wiener Kongress, ick hör dir tanzen! Bush will die UNO-Vertreter im Irak auf Ausflugstouren schicken und mit einem bunten Unterhaltungsprogramm ablenken, während er still und heimlich eine neue Weltordnung etabliert. Drinnen wiegen sich die Vereinten Nationen im vitalen Dreivierteltakt, während draußen Lastwagenkolonnen die irakischen Ölreserven abtransportieren!
    Da will uns doch jemand verschaukeln, das habe ich mir schon gleich gedacht, als ich das erste Mal von »präemptiver Außenpolitik« und von »imbettierten Journalisten« hörte. Und nun also noch eine vitale Rolle – das könnte ihm so passen, diesem texanischen Imperialisten! Nein, damit wird sich die UNO nicht zufrieden geben, nicht solange die Schröder-Administration noch ein Wörtchen mitzureden hat! Deutschland fordert nicht mehr und nicht weniger als eine maßgebliche Rolle für die UNO, und wenn Sie das nicht akzeptieren, Mister President, dann bleibt das deutsch-amerikanische Verhältnis eben weiter so, wie es ist, nämlich frosty!
    Ist doch wahr, wie soll man nach all dem bösen Blut, das es gab, mit dem Amerikaner je wieder warm werden, wenn er der UNO nicht mal beim Wiederaufbau des Irak eine tragende Rolle zubilligen will?
    Ehe wir die amerikanische Botschaft dichtmachen und das diplomatische Corps ausweisen, schlagen wir aber doch noch mal im Englisch-Wörterbuch nach. Nur zur Sicherheit. Deutsche Gründlichkeit eben. Da steht unter dem Stichwort »vital«: hochwichtig, entscheidend, maßgeblich, wesentlich, grundlegend.
    Na bitte, Mister President, warum denn nicht gleich so?

Phrasenalarmstufe Gelb
    Obwohl Journalisten sich nur ungern dem Vorwurf aussetzen, unzeitgemäß zu sein, ziehen viele von ihnen beharrlich einen Marketenderkarren voll Gerümpel hinter sich her. Darauf befinden sich alte Hüte, Kappen, Fahnen, Hörner, Nähkästchen und jede Menge geplatzter Kragen. Wer ihnen den Krempel abkaufen soll? Die Leser natürlich.
    Wer regelmäßig die Zeitungen studiert, der stößt immer wieder auf bedauernswerte Kreaturen, die von irgendjemandem »im Regen stehen gelassen« wurden. Mal sind es die Ärzte, die von der Gesundheitsministerin im Regen stehen gelassen wurden, dann wieder die Arbeitnehmer, die von den Gewerkschaften im Regen stehen gelassen wurden, und immer wieder werden Fußballspieler von ihren Clubs und Bürgermeister von ihrer Partei im Regen stehen gelassen. Kein Wunder, dass es heißt, in Deutschland regne es andauernd, wenn schon die Nachrichten derart triefend daherkommen.
    Wie schnell der Regen in Hagel übergehen kann, zeigt sich immer wieder, wenn Kritik ins Spiel kommt. Kritik, Proteste, Absagen und Parteiaustritte gibt es offenbar nur in Form von Hagel. Dabei ist manche Kritik so dürftig, dass sie allenfalls zu einem leichten Nieseln im Stande wäre. Die Behauptung, es hagle Kritik, wird aber automatisch erhoben, sobald irgendwo mehr als zwei Gegenstimmen gezählt werden.
    Vor Regen schützt ein Schirm, gegen Hagel hilft eine feste Kopfbedeckung. Und weil es in Stadien so oft hagelt (Proteste, Buhrufe, Pfiffe), gehört neben dicken Socken und Reklametrikot auch eine Kappe zur Standardausrüstung eines Fußballspielers. Wie oft liest man, dass ein Torwart oder ein Mannschaftskapitän etwas »auf seine Kappe« nehmen musste.
    Auch Politiker müssen häufiger was »auf ihre Kappe« nehmen, diese Erkenntnis gewinnt man längst nicht nur zu Karnevalszeiten. Mancher trägt zur Abwechslung auch mal einen Hut; denn immer wieder kann man lesen, dass der eine oder die andere mit einer bestimmten Weltanschauung »nichts am Hut« habe: »Mit penibler Aktenführung hatte Helmut Kohl wohl nichts am Hut« (SPIEGEL); »Dabei hat Brandenburgs neuer Verkehrsminister mit Musik nichts am Hut« (»Bild«).
    Stattdessen haben sie sich nicht selten irgendetwas »auf die Fahnen geschrieben«. Das

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