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Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 1 (German Edition)

Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 1 (German Edition)

Titel: Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastian Sick
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klingt beeindruckend, hört sich aber nach mehr an, als es in Wahrheit ist: Auf der CDU-Fahne steht »CDU«; auf der SPD-Fahne stand mal »Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit« und »Einigkeit macht stark«, heute meistens nicht mehr als »SPD«. Offenbar aber können es manche nicht lassen, den Politikern diverse antiquierte Gegenstände an die Hand zu geben, zum Beispiel Hörner, in die sie nacheinander hineinblasen dürfen. Anderntags liest man dann, Angela Merkel habe »ins selbe Horn gestoßen«, in das zuvor schon Roland Koch getrötet hatte.
    Und dann das berühmte Nähkästchen! Das tragen die Stars immer mit sich herum, damit sie jederzeit daraus plaudern können, wenn sie sich mit einem Journalisten zum Tee treffen. Darin befindet sich auch immer ein zusammengefaltetes Stück Papier, das aber selten herausgekramt wird, denn regelmäßig heißt es, der Befragte habe »kein Blatt vor den Mund« genommen. Eine hübsche altmodische Wendung, die übrigens auf eine Theatersitte zurückgeht. Dabei hielten sich die Schauspieler ein Blatt als eine Art Maske vor den Mund, um für ihre kritischen oder lästerlichen Äußerungen später nicht zur Rechenschaft gezogen zu werden. Es empfiehlt sich, kein Blatt vor den Mund zu nehmen, wenn man ins selbe Horn stoßen will. Der Ton könnte sonst etwas mickrig klingen.
    Wem alles zu viel wird, dem platzt zwangsläufig der Kragen: »Dem Polizeihauptmeister platzte der Kragen, als er sich den rostigen Ford-Transit ansah« (»Dresdner Morgenpost«). Bei einer Uniform mag das noch angehen, aber wie viel Wut gehört dazu, einen Rollkragen zum Platzen zu bringen? Oder einen labberigen T-Shirt-Kragen? Schließlich platzen nicht nur Hemdträgern die Kragen. Auch »Ulla Schmidt platzt der Kragen«, wusste eine Zeitung unlängst zu berichten. Wenn der Ministerin aber der Hals schwillt, platzt erst mal die Perlenkette. In deutschen Zeitungen hört man ständig irgendwelche Kragen platzen, manchmal sind es gleich mehrere auf einmal, wenn es zum Beispiel heißt: »Den Gladbach-Fans platzte der Kragen« (»Bild am Sonntag«). An jenem Tag waren mehrere Tausend Gladbach-Fans im Stadion. Welch ein Knall muss das gewesen sein!
    Das muss dann wieder irgendjemand auf seine Kappe nehmen, auch wenn er damit nichts am Hut hat, weil er sich etwas völlig anderes auf die Fahnen geschrieben hat, aber sonst hagelt es wieder Proteste, und man lässt ihn am Ende womöglich im Regen stehen.

Babylonische Namensverwirrung
    Und der Herr stieg hinab und verwirrte ihre Sprache, damit keiner mehr den anderen verstehe. Wie immer leistete er ganze Arbeit. Den Rest erledigten die Amerikaner. So wirkt die Verwirrung, die über die Babylonier kam, bis heute nach. Vor allem herrscht Unklarheit darüber, wie das Volk zwischen Euphrat und Tigris wirklich heißt.
    Zugegeben, kaum ein Wortfeld ist so unübersichtlich und mit so vielen Unregelmäßigkeiten und Ausnahmen übersät wie das der Ländernamen und ihrer Ableitungen. Wenn die Engländer keine Engel sind, warum heißen dann die Finnen nicht Finnländer? Und warum nennen wir unsere Nachbarn im Südwesten nicht Frankreicher? Die im Südosten heißen ja schließlich auch nicht Österrosen! Je weiter man in die Ferne schweift, desto komplizierter wird es: Monegassen, Andorraner, Togolesen, Jemeniten, Venezolaner, da verliert man schnell die Übersicht. Nie aufhören wird der Streit, ob die Bewohner Zyperns Zyprioten oder Zyprer heißen. Die Uno vermittelt seit Jahrzehnten vergeblich …
    Wo das Schulwissen versagt, bildet der Mensch Analogien. Fernöstliche Völker enden gerne mal auf »-esen«, daher werden die Bewohner Taiwans fälschlicherweise oft Taiwanesen genannt, zumal sie doch Chinesen sind. Dass es in Wahrheit schlicht und einfach »Taiwaner« heißt, steht zum Beispiel im Duden. Genauso wenig heißen die Bewohner der chinesischen Hauptstadt Pekinesen. Außer -esen nichts gewesen mit der Analogie.
    Der jüngste Krieg im Nahen Osten hat ein Volk in den Mittelpunkt des Interesses gerückt, das von den Amerikanern »the Iraqis« genannt wird. Prompt hört man deutsche Korrespondenten auf allen Kanälen über »die Irakis« berichten. Vielleicht gilt ja die Regel, dass alle Völker des Nahen und Mittleren Ostens auf »-is« enden: Israelis, Saudis, Kuwaitis, Pakistanis? Aber was ist dann mit den Syrern und Jordaniern? Die Sache verhält sich wie so oft komplizierter als gewünscht: Nur zwei -is von vieren sind richtig. Die Bewohner Kuwaits heißen Kuwaiter,

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