Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 3
Fall.
Auch Galionsfigur, Galeere und Galaxie werden nur mit einem »l« geschrieben. Nicht zu vergessen der Galopp.
Wer im Schulunterricht »Gallien« mit Doppel-l schreibt, der liegt richtig. Doch wer die Galapagosinseln oder Galizien mit Doppel-l schreibt, riskiert, dass seinem Lehrer die Galle überläuft.
[g] Geisel/Geißel
So ähnlich sich diese beiden Wörter auch sind, so unterschiedlich sind ihre Bedeutungen. Die Geisel mit weichem »s« geht zurück auf das mittelhochdeutsche Wort »gisel«, welches wiederum seinen Ursprung im Keltischen hat, und bedeutete ursprünglich »Leibbürge«. Es hatte also zunächst nichts mit Erpressung, Bankraub oder Flugzeugentführung zu tun, das kam erst später. Im antiken Griechenland war es durchaus üblich, die Söhne einer Stadt als Friedenspfand zu tauschen; eine Geisel sein zu dürfen, war demnach eine Ehre. Das Ehrenvolle spiegelt sich auch in den Namen Giselher, Giselbert und Gisela wider.
Die Geißel mit scharfem »s« geht zurück auf das germanische Wort »gaisilon«, welches »Stock«, »Stange« bedeutete. »Geißel« hatte ursprünglich mit schlagen zu tun, wassich noch heute in dem Verb »geißeln« zeigt, das »züchtigen«, »strafen« bedeutet. Der Stock wurde irgendwann zur Peitsche, und schließlich wurde die Wortbedeutung zu »Plage« erweitert. Die »Geißel des Krieges« oder die »Geißel der Menschheit« hat nichts mit Geiselnahme zu tun.
[g] Generale/Generäle
Der General kennt sowohl eine umgelautete als auch eine nicht umgelautete Pluralform. Man kann also sowohl Generale als auch Generäle sagen. Beide Formen sind gleichberechtigt. Verlage und Redaktionen legen sich üblicherweise in ihren jeweiligen Hausregeln auf eine Form fest, die dann für alle Mitarbeiter verbindlich ist. Der »Spiegel« zum Beispiel bevorzugt die Form »Generäle«.
Das Wort im Plural umzulauten bedeutet, es mehr als deutsches Wort denn als Fremdwort zu betrachten. Auch der Korporal, den es heute nur noch in der Schweiz gibt, hat zwei gleichberechtigte Pluralformen: Korporale und Korporäle.
[g] geniest/genossen
Auch wenn das Niesen eine entspannende Wirkung haben kann, gibt es nur wenige Menschen, die niesen genießen. Dafür gibt es umso mehr Menschen, die die Perfektformen der Wörter niesen und genießen verwechseln. Niesen ist ein regelmäßiges Verb und wird – genau wie die dazugehörige Nase – mit weichem »s« geschrieben: Ich niese, ich nieste, ich habe geniest.
Eine Zeitungsüberschrift wie »Einmal gepiekst – nie mehr genießt« (»Blitz«) bietet vielleicht Allergikern Anlass zur Hoffnung, Lehrern allerdings nötigt sie nur ein Kopfschütteln ab.
Das Verb »genießen« wird mit scharfem »s« geschriebenund unregelmäßig gebeugt: Ich genieße den Urlaub, ich genoss den Moment, ich habe das Leben genossen.
Manch einer behandelt niesen wie ein unregelmäßiges Verb und sagt »Ich habe genossen«, wenn er »Ich habe geniest« meint. Die Verwechslung unregelmäßiger und regelmäßiger Formen ist keinesfalls selten, man denke nur an »gewinkt« und »gewunken«. In diesem Fall ist sie jedoch missverständlich, und schon so mancher Nieser ist irrtümlich für einen Genießer gehalten worden.
1. Pers. Sing.
2. Pers. Sing.
3. Pers. Sing.
Präsens
ich niese
du niest
er, sie, es niest
Präteritum
ich nieste
du niestest
er, sie, es nieste
Perfekt
ich habe genies
du hast geniest
er, sie, es hat geniest
Befehlsform
Nies(e) nicht so laut!
1. Pers. Plur.
2. Pers. Plur.
3. Pers. Plur.
Präsens
wir niesen
ihr niest
sie niesen
Präteritum
wir niesten
ihr niestet
sie niesten
Perfekt
wir haben geniest
ihr habt geniest
Alle haben kräftig geniest
Befehlsform
Niest nicht so laut!
[g] gerne/gern
Einen Bedeutungsunterschied zwischen »gern« und »gerne« gibt es nicht, auch in stilistischer Hinsicht ist kein Unterschied festzustellen – beide Formen gelten als gleichwertig.
Die Form mit Endungs-e ist die ältere. Wie bei vielen anderen Wörtern auch hat sich die Endsilbe im Lauf(e) der Zeit in der gesprochenen Sprache verschliffen. Da sich Sprache in einem ständigen, nie endenden Optimierungsprozess befindet, werden Endsilben, die keine grammatische Funktion erfüllen, früher oder später abgestoßen. So hört manheutzutage häufiger »gern« als »gerne«. Noch deutlicher wird die Entwicklung bei ferne/fern: Heute sieht man kaum noch jemanden »von ferne« winken, meistens heißt es »von fern«. Mitunter verhält sich Sprache aber auch genau
Weitere Kostenlose Bücher