Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 3

Titel: Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastian Sick
Vom Netzwerk:
doch mal! Was gibt’s da zu gucken?
    Entsprechend schreibt man »Guckloch«, »Guckfenster«, »Guckkasten«, »Ausguck« und »Hans Guckindieluft«.
    [h] hängte/hing
    Das Verb »hängen« gibt es in zwei Ausführungen: als transitives Verb und als intransitives. Ein transitives Verb kannein Objekt nach sich ziehen, ein intransitives nicht. »Opa hängt das Bild auf« ist zum Beispiel transitiv, weil es hier außer dem Subjekt (Opa) noch ein Objekt (das Bild) gibt. »Das Bild hängt an der Wand« ist intransitiv. Die Wand ist nämlich kein Objekt, sondern eine adverbiale Bestimmung des Ortes. Das Bild hängt ganz von selbst und ganz für sich allein.
    Im Präsens sind die Formen gleich, eine Verwechslung ist nicht möglich. Schwierig wird’s in der Vergangenheitsform. Wenn der Pastor nach einem Telefongespräch den Hörer wieder einhängt, so heißt es im Präteritum korrekt: »Der Pastor hängte den Hörer wieder ein.« Nicht »hing«. Das wäre weder mit Sprachduktus noch mit Versrhythmus zu rechtfertigen. Auch »Die Mutter hing das Bild ihres Sohnes an die Wand« ist falsch.
    Doch umgekehrt heißt es auch nicht: »Dem Pferd hängte vor Erschöpfung die Zunge aus dem Maul!« Hier ist »hängen« intransitiv und wird zu »hing«.
    Auch im Perfekt gibt es zwei Formen: gehängt und gehangen. Das intransitive »ich hänge« wird im Perfekt zu »ich habe gehangen« (in Süddeutschland und Österreich auch: »ich bin gehangen«). Das transitive »ich hängte etwas irgendwohin« wird im Perfekt zu »ich habe etwas irgendwohin gehängt«.
    Von transitiven Verben lässt sich fast immer auch ein Passiv bilden: Das Bild wird aufgehängt, das Bild wurde aufgehängt, das Bild ist aufgehängt worden. Der Bandit wird gehängt, der Bandit wurde gehängt, der Bandit ist gehängt worden 17 .
     
    Hier noch einmal die beiden Formen im direkten Vergleich in den drei wichtigsten Zeiten:
     
    hängen (intransitiv)
hängen (intransitiv)
Präsens
Ich hänge fest
Ich hänge das Bild an die Wand
Wir hängen in den Seilen
Wir hängen die Fahne zum Fenster raus
Der Bandit hängt am Galgen
Man hängt den Banditen
Ihr Leben hängt an einem seidenen Faden
Mutter hängt die Wäsche zum Trocknen auf die Leine
Präteritum
Ich hing fest
Ich hängte das Bild an die Wand
Wir hingen in den Seilen
Wir hängten die Fahne zum Fenster raus
Der Bandit hing am Galgen
Man hängte den Banditen
Ihr Leben hing an einem seidenen Faden
Mutter hängte die Wäsche zum Trocknen auf die Leine
Perfekt
Ich habe festgehangen (süddeutsch auch: Ich bin festgehangen)
Ich habe das Bild an die Wand gehängt
Wir haben in den Seilen gehangen
Wir haben die Fahne zum Fenster rausgehängt
Der Bandit hat am Galgen gehangen
Man hat den Banditen gehängt
Ihr Leben hat an einem seidenen Faden gehangen
Mutter hat die Wäsche zum Trocknen auf die Leine gehängt
    17 Wird die Hinrichtung aufgrund eines Gerichtsurteils durch einen Henker vollzogen, so kann man statt »gehängt« auch »gehenkt« schreiben. In der Grundform ist das Verb »henken« allerdings veraltet.
    [h] hierzulande/hier zu Lande
    Immer häufiger zuckten hierzulande die Leser zusammen, wenn sie in Zeitungstexten oder in Büchern plötzlich »hier zu Lande« lasen. Und immer häufiger erreichten michE-Mails mit der Frage: Ist das etwa richtig? Schreibt man hier zu Lande auseinander?
    Bis zur Einführung der neuen Rechtschreibung im Jahre 1998 gab es hierzulande überhaupt kein Vertun: Das Adverb »hierzulande« wurde als Einheit aufgefasst und folglich in einem Wort geschrieben. Niemand dachte bei »hierzulande« an das »Land«, niemand legte beim Sprechen auf jedes der Bestandteile eine eigene Betonung.
    Die Verfasser der Rechtschreibreform sahen dies seltsamerweise anders. Sie fassten die Fügung als Wortgruppe auf und ließen damit auch Getrenntschreibung zu: Seitdem ist neben »hierzulande« auch die Schreibweise »hier zu Lande« erlaubt. Was mag die Reformer nur darauf gebracht haben, in dem Adverb nicht eine Worteinheit, sondern eine Wortgruppe zu sehen? Unterschieden sie womöglich zwischen »hier zu Lande« und »dort zu Lande« oder gar zwischen »hier zu Lande« und »dort zu Wasser«?
    Zum Glück aber wurde damit die alte Zusammenschreibung nicht abgeschafft. Vielmehr sind beide Formen erlaubt, und in seiner aktuellen Ausgabe (2006) empfiehlt der Duden ausdrücklich die Zusammenschreibung. Denn so galt es früher, und so gilt es noch heutzutage. Und nicht »heut zu Tage« – von diesem Wort gleicher

Weitere Kostenlose Bücher