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Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod: Folge 5

Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod: Folge 5

Titel: Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod: Folge 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastian Sick
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Mumpitz, Kinkerlitzchen und Firlefanz
    Nicht nur Literaten und Gelehrte haben neue Wörter erschaffen. Eine ebenso munter sprudelnde Quelle war seit je der Volksmund. Als besonders einfallsreich erwies er sich im Erfinden von Ausdrücken für Unsinn, Verrücktheit und überflüssigen Kram.
    Manchmal höre oder lese ich irgendwo ein drolliges Wort, das wie ein Relikt aus einer längst vergangenen Zeit erscheint. Dann fühle ich mich wie ein Flohmarktbesucher, der beim Stöbern plötzlich ein Einzelstück von seltener Schönheit erblickt. Es ist ein Wort, das ohne jede Verwandtschaft scheint und dessen Herkunft rätselhaft ist. Wenn man der Sache auf den Grund geht, kommt oftmals eine verblüffende Geschichte zum Vorschein. Im Folgenden sind meine vierzehn Lieblingswörter dieser Art versammelt, beschrieben und erklärt.
    Firlefanz (m.) reimt sich auf Tanz, und das aus gutem Grund, denn es bezeichnete im 14. Jahrhundert einen närrischen Tanz. Das Wort entstand durch Übernahme des altfranzösischen »virelai«, das Ringellied bedeutet. Daraus wurde im Deutschen zunächst »firelei« und »firlefei«, dann in Anlehnung an »Tanz« und »Alfanz« (= Possen, Gaukelei) schließlich Firlefanz. Die Bedeutung wurde im Laufe der Zeit von der verrückten Hüpferei ausgedehnt auf Unsinn, Albernheit, Flitterkram und Tand.
    Halligalli (m.) bezeichnet heute ein ausgelassenes Treiben, ein fröhliches Miteinander. Seine englische Herkunft sieht man dem Wort dank konsequenter Eindeutschung nicht mehr an. Der Hully Gully war ein Modetanz der sechziger Jahre ohne Körperkontakt, dessen Wurzeln in der schwarzen Musikszene der Südstaaten liegen. Der Name seinerseits geht auf ein einfaches Spiel zurück, bei dem man raten ließ, wie viele Nüsse oder Kerne man in seiner Faust hielt. Dazu stellte man die Frage: »Hully Gully, how many?«
    Was haben Zellophan, Klettverschluss und Kauderwelsch (s.) gemeinsam? Sie stammen aus der Schweiz! Die Sprache der Bewohner des Rheintals von Chur war für ihre deutschsprachigen Nachbarn im Bündnerland und in Tirol seit jeher unverständlich. Jene sprachen nämlich Rätoromanisch. Das Romanische wurde im Deutschen auch »Welsch« genannt, und »Kauer« war der tirolerische Name für Chur. Das Welsch der Kaurer wurde im Laufe der Zeit als Kauderwelsch zum Inbegriff für eine unverständliche Sprache. Das tat dem Rätoromanischen zum Glück keinen Abbruch: Es wird heute immer noch von 35.000 Muttersprachlern gesprochen, existiert in fünf Varianten und liefert faszinierendes Material für sprachwissenschaftliche Studien.
    Kinkerlitzchen (s.) steht für wertlosen Schmuck, alberne Ideen und überflüssige Extras. Es ist ein Mitbringsel der Hugenotten, die im 17. Jahrhundert aus Frankreich geflohen waren und sich in protestantischen Gegenden Deutschlands ansiedelten. Manch einer von ihnen eröffnete ein Geschäft für Eisenwaren, auf Französisch quincaille genannt. Der Volksmund machte durch Anhängen der Silbe -litz und der Verkleinerungsform -chen daraus Kinkerlitzchen. Die Bedeutung wandelte sich von nützlichen Eisenwaren über Kleinkram hin zu überflüssigem Zubehör. Die bekanntesten Kinkerlitzchen unserer Tage sind sogenannte Apps.
    Kokolores (m.) klingt wie der Name einer mexikanischen Tänzerin oder einer tropischen Blume, bezeichnet aber tatsächlich nichts anderes als Unsinn, Unfug und überflüssige Umstände. Wahrscheinlich geht es auf das mittelniederdeutsche Wort »gokeler« zurück, den Gaukler. Die Verbindung zur Gaukelei erklärt auch, wieso sich Kokolores und Firlefanz in der Bedeutung so sehr ähneln.
    Lappalie (w.) ist eine unbedeutende Kleinigkeit, eine Nichtigkeit. Das Wort entstand im 17. Jahrhundert in Studentenkreisen als eine scherzhafte Verbindung aus dem deutschen Wort »Lappen« und der lateinischen Endung »-alia«, ähnlich zur »Personalie« und anderen amtlichen »Formalien«.
    Larifari (s.) bedeutet oberflächliches Gerede, dummes Geschwätz und Unsinn. Sein melodischer Klang kommt nicht von ungefähr, denn Larifari besteht tatsächlich aus Musik: Die Silben la re fa re sind italienische Notennamen, wie man sie aus der gesungenen C-Dur-Tonleiter kennt: do re mi fa sol la si do. In früheren Zeiten stand »Lare fare« sinnbildlich für eine kirchliche Messe. Die heutige Bedeutung erklärt sich über »Trallala«: Silben, die nur gesungen

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