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Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod: Folge 5

Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod: Folge 5

Titel: Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod: Folge 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastian Sick
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der Emanzipation wieder kassiert worden.) Eine seiner kuriosesten Schöpfungen liegt noch immer im ungeöffneten Sarkophag der Sprachgeschichte: Für das ägyptisch-arabische Wort »Mumie« ersann er das deutsche Wort »Dörrleiche«. Die Filmgeschichte wäre mit Titeln wie »Der Fluch der Dörrleiche« oder »Die Dörrleiche kehrt zurück« sicherlich anders verlaufen!
    Von eingeschränktem Erfolg war seine Wortschöpfung für das »Komma«: Der »Beistrich« ist allenfalls in Österreich bekannt. Dafür wurde sein Vorschlag für die Eindeutschung des griechischen Wortes »Orthographie« ein Knüller: Philipp von Zesen prägte das Wort »Rechtschreibung«. Allein dafür sollte ihm ein Monument errichtet werden. Oder besser: eine Gedenksäule.

    In Hamburg, wo Philipp von Zesen über vierzig Jahre seines Lebens verbrachte und 1689 starb, gibt es immerhin eine Zesenstraße. Aber es gibt in ganz Deutschland nicht eine einzige Schule, die nach Philipp von Zesen benannt wäre. Dafür gibt es in Berlin ein John-Lennon-Gymnasium.
    Der wortschöpferische Geist Philipp von Zesens lebt zum Glück noch heute fort, zum Beispiel in der von der Stiftung Deutsche Sprache ins Leben gerufenen »Aktion lebendiges Deutsch«. Mit dem Unterschied, dass die Anstrengungen der heutigen Erfinder sich nicht gegen lateinische, arabische oder französische Fremdwörter richten, sondern gegen englische. Und davon gibt es, wie wir alle wissen, inzwischen mehr als genug in unserer Sprache.
    Viele der Vorschläge dieser »Aktion lebendiges Deutsch« muten im ersten Augenblick seltsam an, aber das taten Philipp von Zesens Vorschläge seinerzeit genauso. Es ist letztlich alles nur eine Frage der Gewöhnung. Man kann sich mit den englischen Begriffen abfinden, aber man kann auch das Wagnis eingehen, sich auf neue deutsche Wörter einzulassen. Warum nicht? Die Zukunft wird entscheiden, was davon zu gebrauchen ist und was nicht. Denken Sie mal über den Vorschlag nach, statt »Airbag« das Wort »Prallkissen« zu verwenden. Oder anstelle von Standby »Standstrom«. Probieren Sie statt »Fastfood« einmal »Schnellkost« und anstelle von »Timing« das Wort »Zeitwahl«. Ein »Jackpot« könnte »Glückstopf« heißen, für »Display« kann man »Sichtfeld« sagen und für »No-go-Area« kurz, bündig und selbsterklärend: »Meidezone«.
    Das Verrückte ist ja, dass es für viele englische Wörter schon längst deutsche Entsprechungen gab. Die gerieten nur in Vergessenheit – weil sie nicht »hip« oder »trendy« waren. Zum »Blockbuster« sagte man früher »Straßenfeger«, ein »Global Player« war ein »Weltkonzern«, und wer eine Sache »toppen« wollte, der konnte versuchen, sie zu »übertreffen«. Die »Headline« war früher eine »Schlagzeile« und der »Contest« ein »Wettbewerb«. Zum »Service Point« sagte man »Auskunft«, und der »Counter« war ein »Schalter«. Eigentlich ganz einfach. Selbst für den lästigen »Stalker« gab es schon das griffige Wort »Nachsteller«. Man hätte es gar nicht auf Englisch nachstellen müssen.
    Als in den neunziger Jahren das Wort »Laptop« aufkam, wusste ich gar nicht, was das eigentlich bedeutet. Anfangs habe ich es auch falsch geschrieben, nämlich mit einem »b«, weil ich mir einbildete, es hätte etwas mit »Labora«, also mit Arbeit zu tun. »Lap« mit »p« ist aber das englische Wort für den Schoß, und »Top« – nun, das bedeutet Spitze, Oberteil, Aufsatz. Ein Laptop ist also – wörtlich übersetzt – ein Schoßaufsatz. Wenn man sich das einmal klargemacht hat, kann man das Wort Laptop kaum noch ernst nehmen. Die Briten und Amerikaner sagen deshalb auch lieber »Notebook« dazu. Aber unter einem »Notizbuch« verstehen die Deutschen etwas anderes. Die »Aktion lebendiges Deutsch« macht sich daher für ein anderes Wort stark, das der Funktion des Gerätes viel eher gerecht wird: Klapprechner. Und klappt man ihn zu, dann läuft er mit Standstrom. Alles, was man braucht, ist ein bisschen Vorstellungskraft – den Rest besorgt die Gewöhnung.
    Wenn man mich fragt, ob ich glaube, dass sich das Deutsche auf lange Sicht neben der Übermacht des Englischen behaupten kann, erwidere ich: Und ob! Ich selbst bin übrigens auch ein Klapprechner: Ich rechne fest damit, dass es klappt!
Weiteres zu Anglizismen:

»Leichensäcke aus dem Supermarkt« (»Dativ«-Band 1)
»Er designs, sie hat recycled, und alle sind chatting« (»Dativ«-Band 1)
»Falsche Freunde« (»Dativ«-Band 2)
»That’s

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