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Der demokratische Terrorist

Der demokratische Terrorist

Titel: Der demokratische Terrorist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Weichziele, also Menschen, wie gegen Fahrzeuge einsetzen läßt. Der Sprengkopf enthält 1600 legierte Stahlkugeln. Tödliche Wirkung noch zwanzig Meter vom Aufprallpunkt entfernt.«
    »Wäre perfekt gewesen. Schwer zu stehlen?«
    »Na ja, das Ding ist in Frankreich eine Standardwaffe. Man findet sie überall. Die Armee hat zwanzig bis dreißigtausend Exemplare.«
    »Wird sie auch von Fallschirmjägern eingesetzt?«
    »Ja, wenngleich in einer kleineren Variante, die von einem Mann bedient wird. Diese Dinger sind aber schwer zu klauen, da es nicht so viele Fallschirmjäger-Regimenter gibt.«
    »Wo hast du gedient?«
    »In Marseille. Ich wurde vor einem Jahr entlassen.«
    »Stimmt es, daß du unter deiner echten Identität arbeitest?« Die letzte Frage ging vermutlich ein wenig zu weit, aber Alain Detoureille wedelte nur fröhlich mit seinem Paß. Die nächste Zeit widmeten die beiden Männer einer Art Wettstreit, in dem sie wie Schuljungen ihre Kenntnisse testeten. Am Ende waren beide überzeugt, daß der jeweils andere tatsächlich so beschlagen war, wie behauptet wurde, und beide waren mit dem Ergebnis mehr als zufrieden.
    Aber einer der beiden wurde zutiefst mißtrauisch.
    Monika half Carl beim Ziehen der Fäden. Die anderen räumten nach dem gestrigen Fest im Untergeschoß auf. Der Abend war immer ausgelassener und verqualmter geworden, und am Ende hatte es die üblichen Diskussionen gegeben. Carl saß mit nacktem Oberkörper in einem Sessel. Monika beugte sich über ihn und schnitt die Fäden mit einer kleinen Schere nach und nach auf. Dann zog sie die Fäden behutsam heraus und legte sie in einen Aschenbecher. Der Haufen wurde immer größer. Der Wundschorf auf der Brust wurde allmählich trocken.
    »Mit dieser Narbe im Gesicht wirst du aussehen wie ein Corpsstudent. Schade, daß du nicht die Rüstungsindustrie infiltrieren sollst«, kicherte sie, als sie ihm die Fäden aus der Wange zog. Die blauen Stellen im Gesicht verblaßten schon.
    »Vernäht man die Narben nach einer Mensur nicht mit einer Schnur?« fragte er in dem gleichen ausgelassenen Tonfall wie sie.
    »Doch, aber diese Narbe sieht auch so schon aus, als hättest du eine Mensur hinter dir. Was hat dich hier getroffen?«
    »Ich glaube, ein Gewehrkolben. Sehr merkwürdig. Bisher dachte ich immer, daß sich die Leute nur im Film mit geladenen Handfeuerwaffen prügeln. In Wahrheit erschießt man sich selbst, wenn man es versucht. Hollywood hätte sich eigentlich schon längst selbst vernichtet.«
    »Für die Kultur wäre es eine Wohltat.«
    »Schon möglich. Ich hab’s aber nicht genau gesehen, der Schlag kam so plötzlich.«
    Ihm ging auf, daß die letzte Bemerkung nicht glaubwürdig klang, und so wechselte er schnell das Thema.
    »Was ist mit Werner und Eva Sybille los? Was haben die eigentlich gegen mich?«
    »Werner war früher bei der DKP, und… tja, er hat, glaube ich, mit seinen Genossen legal parlamentarisch gearbeitet. Aber dann wurden sie von irgendeinem Bullen-Agenten infiltriert, der ihnen ein paar erfundene Geschichten einbrockte. Werner bekam sechs Monate. Seitdem sieht er überall Agenten und Provokateure.«
    »Hält er mich etwa auch für…?«
    »Ja, aber sag ihm bloß nicht, daß ich es dir erzählt habe. Er fühlt sich ziemlich mies, weil er dir gegenüber so mißtrauisch war.
    Wahrscheinlich wird er Selbstkritik üben und dich um Verzeihung bitten. Er wird aber etwas Zeit brauchen. Ein grüblerischer Typ.«
    »Und Eva Sybille? Die Dame mit dem steinernen Gesicht?«
    »Sie hat Krebs. Das glaubt sie jedenfalls. Und so etwas wie ärztliche Versorgung gibt es für uns ja nicht. Sie möchte noch die Chance haben, etwas auszurichten, bevor sie stirbt, wie sie sagt.«
    »Jetzt wird sie bald Gelegenheit bekommen, in die Geschichte einzugehen.«
    »Ja, wir sind gespenstisch nahe daran. Wieviel Zeit werden wir in Stockholm brauchen?«
    »Ich nehme an, eine Woche. Es hängt davon ab, wie die Franzosen mit den Waffen durchkommen. Weißt du etwas davon?«
    »Nein, ich habe nur gehört, daß sie angeblich einen bombensicheren Weg kennen. Bisher hat es da keine Pannen gegeben, so daß wir es wohl glauben müssen.«
    »Kann man ihnen trauen? Kennst du einen von früher?«
    »Diesen Angebertyp kannte ich noch nicht, diesen Fallschirmjäger.
    Aber die anderen sind alte und zuverlässige Genossen. Sie werden aber ihre Gründe haben, ihm zu vertrauen. Er ist gut, nicht wahr?«
    »Ja, vermutlich sogar sehr gut. An seinem Wissen habe ich nichts

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