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Der demokratische Terrorist

Der demokratische Terrorist

Titel: Der demokratische Terrorist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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ich es für politisch unmöglich«, wandte Werner Porthun ein. Seine Bedenken schienen nicht sonderlich schwer zu wiegen, aber Friederike, Eva Sybille, Martin und Monika hatten sich noch nicht von ihrer Überraschung erholt.
    »Warum hast du plötzlich deine Meinung geändert?« fragte ihn Monika schließlich, als das Schweigen nach Werner Porthuns Einwand schon peinlich lang geworden war.
    »Wie ihr wißt, hat mich die Beschaffung dieser Waffen fast das Leben gekostet«, erklärte Carl energisch. Er hatte die Stimme erhoben und sich Mühe gegeben, einen entschlossenen Eindruck zu machen. »Ich wünsche nicht, daß dieses Unternehmen danebengeht. Dazu hat es uns schon zu viele Opfer gekostet. Wenn die Hälfte des Kommandos aus Militärs besteht, haben wir damit praktisch eine Erfolgsgarantie. Vergeßt bitte nicht, daß ich auch an russischen Waffen ausgebildet worden bin. Außerdem möchte ich noch eins erklären: Das, was mir und den beiden Genossen widerfahren ist, hat mich meine naive und allzu menschenfreundliche Überzeugung überdenken lassen. Ich sehe unsere politische Lage und unseren politischen Auftrag heute mit anderen Augen.«
    »Es wäre natürlich eine unglaubliche Verstärkung, wenn jemand dabei ist, der Schwede ist und sich in Stockholm ungehindert bewegen kann«, warf Martin Beer ein.
    »Wir hatten ohnehin vor, Carl bei der Wohnungsbeschaffung und so weiter um Hilfe zu bitten«, ergänzte Monika und behielt dabei Werner Porthun im Auge. »Wer könnte sich in Stockholm freier bewegen als Carl?«
    »Ich habe noch eine rein praktische Frage«, erklärte der belgische Genosse, der mit einem Namen vorgestellt worden war, der dem eines bekannten Sängers merkwürdig ähnlich war: Georges Breitens, aber Carl hatte intensiv gespürt, daß der Name nicht echt war.
    »Also«, fuhr der Belgier fort. »Alain Detoureille bietet uns nicht nur einen entscheidenden Vorteil, sondern zwei. Einmal besitzt er militärische Kompetenz, und zweitens wird nicht nach ihm gefahndet. Er arbeitet unter seinem richtigen Namen und besitzt einen echten Paß. Wie steht es in dieser Hinsicht mit dir?«
    wandte er sich an Carl.
    »Bei mir ist es genauso«, erwiderte Carl. »Wenn ich es richtig sehe, sind also zwei Personen hier im Raum, nach denen nicht gefahndet wird, nämlich Alain und ich.«
    »Dann sind die operativen Vorteile so entscheidend, daß ihr eure eventuellen internen Auseinandersetzungen vorerst vertagen solltet«, erklärte der Belgier. »Ich bin beauftragt, für die belgischen Genossen zu sprechen. Ich stimme dafür, daß Alain Detoureille unsere französischen Genossen vertritt und der Schwede die deutschen. Was meinst du dazu, Jean-Michel?«
    Der Franzose mit dem üppigen Haarwuchs, der offenkundig am meisten zu sagen hatte und dessen Sprache darauf schließen ließ, daß er zur politischen Führung seiner Gruppe gehörte, zog zweimal heftig an seiner stinkenden gelben Zigarette und stieß sie hart in einen Aschenbecher, bevor er aus einer Rauchwolke zu antworten begann.
    »Ich weiß natürlich nichts von der Art der internen Auseinandersetzungen, von denen die deutschen Genossen gesprochen haben. Aber es dürfte wohl absolut klar sein, daß entscheidende operative Gründe dafür sprechen, so zu verfahren, wie von Georges vorgeschlagen. Andererseits darf ein Kommando mit derart wichtigen Aufgaben auf keinen Fall in einer Atmosphäre politischer und persönlicher Auseinandersetzungen arbeiten. Ich möchte mich folglich nicht endgültig entscheiden, bevor nicht die deutschen Genossen erklärt haben, wie ihre internen Gegensätzen aussehen.«
    Damit richteten sich die Blicke der Anwesenden auf die Kunkel, die endlich einmal sichtlich in Verlegenheit geriet.
    »Die Gegensätze sind teils persönlicher Natur«, begann sie vorsichtig. »Als wir Carl kennenlernten, trat er erkennbar für kleinbürgerliche, illusionistische Wertvorstellungen ein. Ich weiß aber nicht, ob das jetzt noch von großer Bedeutung ist.
    Wenn es so ist, wie du sagst, Carl, bist du dann bereit, wegen deiner früheren Ansichten Selbstkritik zu üben?«
    Carl hatte große Mühe, ernst zu bleiben. Bei der Form von Selbstkritik, die er früher bei den Gebetsstunden der Clarté erlebt hatte, war es wahrlich um ganz andere »kleinbürgerliche Wertvorstellungen« gegangen als um die, die hier auf der Tagesordnung standen. Er rief sich zur Ordnung. Er durfte auf keinen Fall übertreiben.
    »Genossen«, begann er in einem Tonfall, als sollte er eine Rede

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