Der demokratische Terrorist
langes, lockiges Haar und einen Walroß-Schnauzbart. Er trug einen grünen Parka, den er nicht ausgezogen hatte, rauchte ununterbrochen stark riechende französische Zigaretten mit gelbem Papier, und führte eine Sprache im Mund, bei der jedes zweite Wort irgendein -ist oder -ismus war, unterbrochen fast nur von Flüchen.
Die gemeinsame Arbeitssprache war Englisch. Friederike Kunkel führte den Vorsitz, und einer der neuen deutschen Genossen schrieb das Protokoll.
Friederike gab eine Zusammenfassung der Lage.
»Trotz der Verluste, die wir neulich erlitten haben, scheint die Lage unter Kontrolle zu sein. Das Hauptziel ist immer noch das gleiche, da die Alternative, die amerikanischen Botschaften von Paris oder Brüssel, erheblich schlechter liegen als die US- Botschaft in Stockholm. Außerdem können wir ruhig davon ausgehen, daß die schwedische Polizei uns nicht annähernd so viel zu schaffen machen wird wie zum Beispiel die französische in Paris. Die Stockholmer Botschaft zeichnet sich überdies dadurch aus, daß die CIA auf einen bestimmten, abgegrenzten Teil des Gebäudes beschränkt ist. Damit steht fest, daß wir die amerikanische Botschaft in Stockholm angreifen werden.«
Carl seufzte unhörbar vor Erleichterung. Daß die Aktion tatsächlich in Stockholm stattfinden würde, war Voraussetzung für seine tragende Rolle bei dem geplanten Vorhaben. Hätten sich die Terroristen etwa für Brüssel entschieden, wäre es ihm unmöglich gewesen, die gleiche Rolle für sich zu beanspruchen.
Die Franzosen hatten Karten und Fotos des Stockholmer Ziels mitgebracht, die französische Sympathisanten besorgt hatten.
Sobald die Waffen in Stockholm eingetroffen waren, konnten sie mit der Planung der eigentlichen Aktion beginnen.
Danach standen zwei Fragen auf der Tagesordnung: Erstens mußten in Stockholm eine Fluchtwohnung und ein Depot beschafft werden, bevor die Waffen von den Franzosen nach Stockholm geschmuggelt werden konnten.
Zweitens mußte man sich darauf einigen, wer dem Kommando angehören sollte. Einige politische Fragen wie etwa der Name des Kommandos, die Formulierung einer Resolution und so weiter sollten nach Ansicht der Vorsitzenden zunächst vertagt werden, aber selbstverständlich wollte sie sich auch andere Ansichten anhören. Sie fuhr fort: »Die erste praktische Frage, zu der wir jetzt Stellung nehmen sollten, betrifft die Zahl der Teilnehmer am Kommandounternehmen sowie die zahlenmäßige Vertretung der verschiedenen Organisationen. Wir schlagen folgendes vor: Zwei deutsche Genossen, ein belgischer und ein französischer in der eigentlichen Kampfgruppe. Für die Reserve schlagen wir die gleiche Aufteilung vor, so daß insgesamt acht Genossen am Angriff beteiligt sind. Ich bin beauftragt, für uns diesen Vorschlag zu machen.«
Alain Detroureille meldete sich zu Wort. Sein Englisch hörte sich an wie das von Maurice Chevalier.
»Auf französischer Seite hat man sich für meine Teilnahme ausgesprochen, denn ich bin mal Fallschirmjäger gewesen und kenne die Waffen, die wir einsetzen wollen. Im übrigen habe ich keinerlei Einwände gegen Friederikes Vorschlag.«
Der Belgier nickte kurz zum Zeichen, daß er gleichfalls nichts einzuwenden habe, sagte aber, man habe sich noch nicht darauf geeinigt, welcher Genosse den Auftrag erhalten solle.
Carl hielt den Zeitpunkt für gekommen, die Initiative zu ergreifen.
»Ich sollte auch zur Kampfgruppe gehören«, sagte er laut und bestimmt und hakte nach, bevor sich die Verblüffung gelegt hatte. »Denn ich habe genauso wie Genosse Alain eine militärische Ausbildung. Ich teile seine Auffassung, daß Waffen dieser Kategorie nur in die Hände von Leuten gehören, die wirklich mit ihnen umgehen können. Wir haben ja keinerlei Möglichkeit, vorher unter realistischen Verhältnissen zu üben.
Außerdem weise ich darauf hin, daß ich als erster diesen Waffentyp vorgeschlagen habe.«
»Wie sieht dein militärischer Hintergrund aus?« wollte der plötzlich sichtlich interessierte Alain Detoureille wissen. Er hatte gar nicht bemerkt, wie überraschend Carls Vorschlag auf die anderen gewirkt hatte.
»Marinetaucher, Sabotage und Sprengstoff, vor allem für die Abwehr sowjetischer Marineverbände«, antwortete Carl wie aus der Pistole geschossen.
»Hervorragend«, sagte Alain Detoureille, als verkostete er einen edlen Wein, »wirklich fabelhaft. Ich finde, das ist eine vorzügliche Verstärkung.«
»Aber Carl vertritt keine unserer Organisationen, und darum halte
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