Der demokratische Terrorist
beunruhigend. Es bestand nämlich die Möglichkeit, mochte sie auch noch so abwegig erscheinen, daß Alain Detoureille ein Kollege Carls war. Diese Möglichkeit durfte nicht außer Betracht bleiben. Falls sie sich bewahrheitete, konnte es zu höchst unerwarteten und unliebsamen Verwicklungen kommen. Carl hatte diese Vermutung geäußert.
»Erstens«, bemerkte er, »ist der Mann ein Profi. Ich habe es von Anfang an gespürt. Seine Körperbeherrschung und seine Kenntnisse zeigen, daß er von ganz anderer Klasse ist als die übrigen Terroristen. Zweitens ist er erst vor recht kurzer Zeit bei ihnen aufgetaucht. Schon das sollte genügen, um der Sache nachzugehen, wenn Sie mich fragen.«
Die Männer besprachen sich kurz. Wenn auch die Franzosen einen Agenten im Club hatten, würde eine offizielle Anfrage kaum zu einer ehrlichen Antwort führen. Und falls es überhaupt zu einer solchen Anfrage käme, würde es bei den Franzosen sicher zu übereilten Maßnahmen führen. Außerdem mußte man berücksichtigen, daß sich die Höllenmaschinen tatsächlich noch in den Händen der Terroristen befanden. Irgendeine Panik zum jetzigen Zeitpunkt würde nur dazu führen, daß die Vögel in alle Richtungen davonflatterten, und damit wären die Waffen verschwunden, bis sie vielleicht bei einer späteren und völlig unkontrollierbaren Aktion wieder auftauchten.
Und das, darin war sich die Runde einig, war ein außerordentlich ernstes Problem.
Dann kam die Frage zur Sprache, wo, wann und wie zugeschlagen werden sollte. Eines stand fest: Man mußte abwarten, bis die Waffen unter Kontrolle waren. Vor diesem Zeitpunkt durfte keinem einzigen der Terroristen auch nur ein Haar gekrümmt werden.
Die Waffen mußten also in Stockholm an Ort und Stelle sein, das war die entscheidende Voraussetzung.
Danach wäre es angebracht, zu einem Zeitpunkt, der von Carl festgesetzt werden sollte, in einer konzertierten Aktion zuzuschlagen. Carl sollte eine Situation abwarten, in der sich möglichst viele Terroristen in den beiden Hamburger Wohnungen und in der Stockholmer Wohnung sozusagen im Kasten befanden.
Eine höchst unbehagliche Frage bestand darin, wo, wie und wann man die französischen und belgischen Kollegen in die Sache hineinziehen sollte und ob man von ihnen überhaupt erwarten konnte, daß sie irgendeinen Beitrag leisteten. Sobald die Einsätze in Hamburg und Stockholm beendet waren, mußten ja die gesamten Informationen an die Kollegen weitergeleitet werden, bevor die Massenmedien alles hinausposaunten. Mehr als eine Stunde Spielraum war kaum zu erwarten. Folglich war es angezeigt, vorsorglich Kontakt aufzunehmen und mitzuteilen, man sei mit einer großen Sache beschäftigt.
Näslund stellte den Gedanken zur Diskussion, man solle einen weiteren Schritt abwarten, nämlich bis die gesamte Kampfgruppe in Stockholm sei: »Das gibt dann acht, Verzeihung, sieben« (an dieser Stelle warf er Carl entschuldigend einen verlegenen Blick zu) »Terroristen auf einen Schlag.«
Loge Hecht wies diesen Vorschlag auf das entschiedenste zurück. Die schwedischen Kollegen müßten sich wirklich damit begnügen, die französischen Hilfstruppen einzusammeln, die sich zu einem bestimmten Zeitpunkt in der konspirativen Wohnung aufhielten. Es sei unverantwortlich, ein Spiel mit dem Feuer, die Kampfgruppe nach Stockholm kommen und ihre Positionen einnehmen zu lassen.
Carl sagte, seinen Informationen zufolge solle die Reserve-Einheit erst am Tag der Aktion eintreffen, sich Hotelzimmer nehmen und dann sofort in den Untergrund abtauchen. Das bedeute, so erklärte er, daß man ihre Bewegungen in der Stadt nicht überwachen könne. Und falls die A-Mannschaft aus irgendeinem Grund die Waffen an die B-Mannschaft übergebe - nun ja, das sei zwar schwer vorstellbar, aber Garantien gebe es nicht -, ergebe sich damit die Situation, daß in Stockholm vier Terroristen auf dem Sprung stünden, ausgestattet mit einer Feuerkraft, die ausreichen würde, das Königliche Schloß in Schutt und Asche zu legen.
Das sei, so Carl, kein gutes Arbeitsmodell. Die Runde gab ihm recht.
Das nächste Problem war der Schmuggel der Waffen. Wenn es Carl möglich sei, so wurde ihm bedeutet, sollte er sofort Nachricht geben, wenn er von der geplanten Aktion Kenntnis erhalte. Man werde die Lieferung der Waffen natürlich erleichtern, damit kein übereifriger Zollschnüffler unwissentlich alles kaputtmache. Wenn die Terroristen es schafften, im Fall eines Transports per Automobil durch Belgien
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