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Der demokratische Terrorist

Der demokratische Terrorist

Titel: Der demokratische Terrorist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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diese Wohnung ist auch für die Flucht mit dem Wagen nicht ungeeignet. Dieses ganze Viertel besteht nämlich fast nur aus Einbahnstraßen. Das erzähl ich dir aber später. Skal!«
    Sie hoben ihre Gläser.
    »Unter welcher Tarnung hast du die Wohnung gemietet?
    Wem gehört sie, und wo ist der Besitzer?« fragte sie und stellte ihr Glas auf den schwarzen Marmortisch.
    »Der Besitzer ist ein reicher pensionierter Offizier, der sich mit seiner Frau vier Monate im Ausland aufhält. Ich habe die Wohnung von seiner Frau gemietet und die gesamte Miete im voraus bezahlt.«
    »Unter welchem Namen denn? Hat sie dich gesehen?«
    »Es ist ein bißchen kompliziert, wird dir aber gefallen. Ich habe eine Badeanstalt für bessere ältere Herren besucht. Dort habe ich einem Herrn mit Grafentitel einen Scheckvordruck geklaut.
    Dann stellte ich mich unter seinem Namen vor, und es beeindruckte die Dame ungeheuer, an einen Grafen zu vermieten.
    Und die Miete zahlte ich noch am selben Tag bar auf das gräfliche Konto ein. Der Mann hat also keinerlei Schaden.«
    »Nein, aber er wird doch auf dem Kontoauszug entdecken, daß etwas nicht stimmt?«
    »Ach was. Man sieht doch immer nur auf die Summe ganz unten und prüft, ob sie mit den eigenen Notizen übereinstimmt.
    Schecknummern und so weiter prüft doch kein Mensch nach. Und selbst wenn er es täte - was soll’s?«
    »Wieso was soll’s? Das muß ihm doch merkwürdig vorkommen.«
    »Wie würdest du selbst reagieren? Zehntausend Mark gehen runter, zehntausend Mark kommen drauf. Was ist daran Gaunerei? Außerdem ist es nicht ganz einfach, die Bank um den Scheck zu bitten, damit man sehen kann, an wen er ausgestellt wurde. Allein das dauert eine Woche. Dann findet er heraus, daß er einer wildfremden Frau zehntausend Mark gezahlt hat. Und ihr kann er auf keinen Fall etwas anhaben.«
    »Und sie? Was wird sie unternehmen, wenn die Wohnung später mit uns in Verbindung gebracht wird?«
    »Sie hat die Miete von einem falschen Grafen mit einer Narbe auf der Wange erhalten, der sie aber davon überzeugt hat, daß er ein echter Graf ist. Oder? Und sollte es überhaupt je dazu kommen, werden wir längst über alle Berge sein.«
    Carls Geschichte war im großen und ganzen wahr. Der Graf hieß nämlich Carl Gustaf Gilbert Hamilton und war absolut echt aufgetreten, da er nun mal echt war.
    »Und die Nachbarn?« fuhr Monika fort, während sie nachdenklich an ihrem Champagner nippte. Es sah aus, als hätte sie schon ganz andere Dinge im Kopf.
    »Die Dame hat selbst mit den Nachbarn gesprochen und erklärt, einige französische Verwandte eines schwedischen Grafen würden eine Zeitlang hier wohnen. Das hat sie mir selbst erzählt. Insoweit ist alles absolut in Ordnung.«
    »Ja, ich glaube dir. Ich habe dir übrigens von Anfang an vertraut, Carl. Hast du das schon bemerkt?«
    »Ja. Ich habe sehr viel daran gedacht.«
    Sie tranken langsam ihre Champagner-Flasche leer und saßen dann eine Zeitlang unschlüssig vor leeren Gläsern, bis Carl sie entschlossen aus ihrem Sessel zog und erklärte, er wolle ihr die Stadt zeigen. Er konsultierte kurz einen Stadtplan, und dann verließen sie die Wohnung.
    Sie drehten eine Runde auf Djurgärden, bis sie vom Seefahrtsmuseum her zur amerikanischen Botschaft gelangten. Sie gingen einmal um das Gebäude herum, während Carl ihr alles erklärte und zeigte, allerdings ohne die Hände zur Hilfe zu nehmen. Es sei besser, es bei diesem einen Besuch zu belassen, erklärte er, alles andere wäre unvorsichtig. Sie gingen eng umschlungen, unterhielten sich auf englisch und küßten sich von Zeit zu Zeit mitten in ihrer todernsten Unterhaltung.
    Eine Schützengruppe von zwei Personen sollte von Gärdet her angreifen. Diese habe den besten Schußwinkel, andererseits aber auch die längste Strecke zum Fluchtwagen zurückzulegen.
    Die Waffen würden sie unter ihren Wintermänteln vom Wagen zur Angriffsposition transportieren können. Die zweite Gruppe, die von Strandvägen her schießen sollte, würde die Projektile neben dem Wagen abfeuern können. Sie konnten das Autodach als Stütze benutzen. Diese Gruppe konnte sich am schnellsten absetzen, hatte dafür aber den schwierigsten Fluchtweg.
    Zu dieser Gruppe würde Carl gehören, vermutlich zusammen mit dem Franzosen, weil der Angriff von Strandvägen aus sehr viel schwieriger sein würde als von Gärdet aus. Mit diesen beiden Abschußorten hatten sie das Gebäude sozusagen in der Zange. Sie konnten die beiden Längsseiten gleichzeitig

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