Der demokratische Terrorist
jeder, wie es hieß, unbefugten Einmischung Außenstehender, also vor einer genauen Zollkontrolle geschützt, als wären sie rohe Eier.
Die Waffenlieferung war ganz einfach sakrosankt und erreichte daher ohne Zwischenfall die Basis in der Grevgatan in Stockholm. Und dort behielt der schwedische Sicherheitsdienst die Fluchtwohnung vierundzwanzig Stunden am Tag im Auge.
Als Loge Hecht das Fernschreiben der Franzosen in den Händen hielt, nahm er sofort mit Näslund in Stockholm Kontakt auf.
Näslund hatte aber ebenfalls ein Telex erhalten und schon die Zeit gefunden, beim Zoll in Helsingborg, bei den dänischen Kollegen an der Grenze bei Flensburg und in Helsingör einige Vorkehrungen zu treffen. Die Franzosen wußten also von dem Waffentransport und wollten ihn schützen.
Loge Hecht rief Siegfried Maack zu sich, der ihm beim Nachdenken helfen sollte: »Die Krise ist da. Wie? Warum? Wer sind diese Leute? Das sind die Fragen.«
»Wir dürfen wohl kaum davon ausgehen, daß der französische Nachrichtendienst eine amerikanische Botschaft in die Luft zu jagen gedenkt?« begann Maack seine Überlegung, hielt aber plötzlich inne und lächelte über die unbeabsichtigte Untertreibung, »also müssen wir erstens davon ausgehen, daß sie den Zweck des Unternehmens kennen und zweitens die Absicht haben, die Aktion zu stoppen.«
»Richtig. Aber wie wollen sie das anstellen?«
»Ich würde sagen, daß sie sich an die schwedischen Kollegen wenden, sowie die beiden Franzosen in Stockholm eingetroffen sind.«
»Ist so ein Vorgehen typisch französisch?«
»Nein. Ich muß zugeben, daß es nicht danach aussieht.«
»Was dann? Wie wollen sie die Aktion stoppen und sich im Zeugnisbuch der Internationale der Nachrichtendienste die goldenen Sterne sichern?«
Carls Vermutung mußte richtig gewesen sein. Die Action Directe war offenbar infiltriert worden. Von den bislang bekannten Personen kam nur eine in Frage, nämlich dieser Alain Detoureille.
»So wird es sein«, meinte Hecht leise. »Aber die glauben doch nicht etwa, daß ein einziger Nachrichtendienstoffizier das Unternehmen zu Fall bringen kann, ohne ein erhebliches Risiko einzugehen?«
»Doch. Wir wissen doch, wie so ein Bursche wie Hamilton denkt. Diese Leute sind der Meinung, sie seien allen anderen überlegen.«
Du lieber Himmel, dachte Loge Hecht. Da haben wir eine Kampfgruppe bei den Terroristen, die zur Hälfte aus Offizieren des Nachrichtendienstes unserer Verbündeten besteht. Und einer von ihnen glaubt, er könnte die anderen Terroristen ohne weiteres unschädlich machen, hat aber keine Ahnung, daß darunter ein Kollege ist. Ein Kollege, der zudem so gefährlich ist wie eine Schwarze Mamba.
»Sollten wir die französischen Kollegen nicht warnen?« fragte Loge Hecht.
»Doch, das sollten wir schon. Die Frage ist nur, in welcher Form wir diese Nachricht übermitteln sollen. Stell dir mal vor, sie könnten zu ihrem Mann keinen Kontakt mehr aufnehmen?«
»Irgendwas Neues von Hamilton?«
»Nein. Ich werde gleich mal nachsehen, ob etwas gekommen ist.«
»Ist es Zeit, die GSG 9 zu alarmieren?«
»Ja, ohne jeden Zweifel. In zehn Stunden sind die Waffen in Stockholm. Erst müssen die Terroristen die Bestätigung erhalten, daß der Transport geklappt hat. Das wird morgen der Fall sein. Anschließend reist die Kampfgruppe ab. Ja, es ist wirklich höchste Zeit, Hans May anzurufen. Ich denke, er wird schon darauf warten.«
Loge Hecht verwandte einige Zeit darauf, sich so diplomatisch, aber auch so klar wie möglich auszudrücken, als er über den heißen Draht der europäischen Sicherheitsdienste expreß und mit höchster Priorität eine Meldung verschickte. In der Welt der Presse heißt so etwas eine Blitzmeldung; der Fernschreiber läutet, und ein rotes Lämpchen blinkt, wenn das Fernschreiben eintrifft.
Als Siegfried Maack eine halbe Stunde später vom Hauptbahnhof zurückkehrte, war er weiß im Gesicht. »Morgen«, sagte er. »Ihre letzte Besprechung findet morgen abend statt. Der Einsatz muß auf die Sekunde genau zehn Minuten nach Empfang von Hamiltons Funksignal aus seinem Pistolenmagazin erfolgen. Schaffen wir das?«
»Ich rufe sofort die GSG 9 an«, erwiderte Loge Hecht und griff ohne zu zögern nach dem Telefonhörer.
Eine Stunde später starteten in St. Augustin vier schwerbeladene Puma-Hubschrauber. Sie flogen nach Hamburg.
Zum selben Zeitpunkt war Major Alain Detoureille in einem schwarzen Citroen auf dem Weg zur deutschen Grenze. Im Wagen saßen
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