Der demokratische Terrorist
Baracken sowie einige hangarähnliche Gebäude. Hier ist die GSG 9 stationiert.
Nach westdeutscher Auffassung ist die GSG 9 die fähigste Anti-Terror-Truppe der Welt; in dieser Einschätzung schwingt etwas von Nationalstolz mit, aber man kann ihr kaum widersprechen.
Die grünen Baskenmützen dieser Eliteeinheit genießen den gleichen Ruf wie beispielsweise die grünen Baskenmützen des amerikanischen marine corps oder die ebenfalls grünen Mützen der schwedischen Küstenwache. In den Begriffen eines schlichten männlichen Chauvinismus ist die GSG 9 folglich die härteste Kampfeinheit, die man in der Bundesrepublik finden kann.
GSG 9 bedeutet Grenzschutzgruppe Nr. 9. Sie ist ein Teil des Bundesgrenzschutzes, dessen ursprüngliche Aufgabe darin bestand, die Grenzen der Bundesrepublik zu schützen, wobei nie klar definiert worden ist, gegen wen, vermutlich aber gegen die DDR und die Russen. In jedem anderen anständigen demokratischen Staat obliegt es den Streitkräften, die nationalen Grenzen zu schützen, aber es gibt auch hier wieder (wie beim Verfassungsschutz) eine sehr deutsche und einfache historische Erklärung dafür, daß gerade die Bundesrepublik zu diesem Zweck eine paramilitärische Polizeieinheit gebildet hat. Der Bundesgrenzschutz entstand nämlich schon lange bevor es politisch möglich war, mit Einverständnis der Besatzungsmächte die neue Bundeswehr ins Leben zu rufen. In der Aufbauphase der Bundeswehr existierte der Grenzschutz folglich schon als paramilitärische Organisation, und als die Bundeswehr allmählich Gestalt annahm, übernahm der Bundesgrenzschutz immer mehr Aufgaben einer Sonderpolizei des Bundes, etwa wie die Nationalgarde in den USA. Er wurde zu einer Polizei-Streitmacht, die bei Straßenkrawallen oder allzu gewalttätigen Demonstrationen mit automatischen Karabinern und viel Tränengas anrückt und Ordnung schafft.
Bis zum September 1972. gab es acht GSG. Erst danach wurde die GSG 9 gegründet. Vorausgegangen war ein Ereignis, das von der ganzen Welt als Ausdruck einzigartiger arabischer Grausamkeit und arabischen Blutdurstes gedeutet wurde. Die GSG 9 sollte die dabei verlorene westdeutsche Ehre wiederherstellen.
Am 5. September 1972 griffen palästinensische Terroristen das Olympische Dorf in München an und nahmen mehrere israelische Sportler als Geiseln. Nach dem üblichen Verhandlungsritual sollten die Terroristen und ihre Geiseln die Bundesrepublik mit einem Flugzeug verlassen.
Auf einem Flugplatz außerhalb Münchens sollten sie von Hubschraubern in eine wartende Maschine umsteigen. Der Bundesgrenzschutz hatte das Gelände mit mehr als hundert übernervösen Beamten umstellt, die mit automatischen Handfeuerwaffen ausgerüstet waren. Man ging davon aus, daß die Terroristen in der Falle saßen. Es läßt sich nicht mehr exakt feststellen, wie es zur Katastrophe kam und warum einer der deutschen Beamten plötzlich durchdrehte und auf die Terroristen und ihre Geiseln zu schießen begann. Nachdem der eine begonnen hatte, taten es ihm alle anderen nach, und sowohl die israelischen Geiseln wie die palästinensischen Terroristen wurden in den folgenden Minuten in Stücke geschossen.
Der Öffentlichkeit gegenüber hieß es natürlich, die Palästinenser hätten die acht israelischen Sportler ermordet, worauf sie gerechterweise dem gezielten Feuer des Bundesgrenzschutzes zum Opfer gefallen seien. Der Bundesregierung war jedoch peinlich bewußt, wie es sich tatsächlich abgespielt hatte. Der damalige Bundesinnenminister Genscher gab drei Tage später, am 8. September, den Befehl, eine neue Bundespolizeieinheit ins Leben zu rufen, die eine Wiederholung solcher Ereignisse in der Bundesrepublik für alle Zukunft unmöglich machen sollte.
Am 26. September, nach einer Konferenz mit den Innenministern der Bundesländer, bei der die Bundesregierung mit allen Beteiligten Einstimmigkeit erzielte, wurde die Gründung einer völlig neuen Grenzschutzeinheit bekanntgegeben, der GSG 9.
Fünf Jahre später gelang es der GSG 9, die deutsche Ehre wiederherzustellen: In einem glänzenden Einsatz gegen westdeutsche Terroristen, die eine Lufthansa-Maschine gekapert hatten und nach einem Irrflug im Nahen Osten in der somalischen Hauptstadt Mogadischu gelandet waren. Eine Einheit der GSG 9 stürmte die Maschine, tötete mit absoluter Präzision die vier Terroristen an Bord und befreite die Fluggäste, die alle unversehrt blieben. Nur eine Lufthansa-Stewardeß wurde leicht am Fuß verletzt. Der
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