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Der deutsche Goldrausch

Der deutsche Goldrausch

Titel: Der deutsche Goldrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laabs Dirk
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Staatsbank bis dahin keinen Pfennig gezahlt; ein Kaufpreis wurde noch nicht ausgehandelt. Die Banken versprechen lediglich, dass sie 12 000 ostdeutsche Arbeitsplätze sichern. Doch das ist eben nur ein Versprechen; einklagen kann Most diese Jobs nicht. Ihm dagegen wurde bereits ein Posten bei der Deutschen Bank zugesichert. Die Verhandlungen zwischen Most und seinen westdeutschen Partnern werden nicht schriftlich dokumentiert und können später von unabhängigen Prüfern kaum nachvollzogen werden.
     
    Einen Deal, wie ihn Most und die Deutsche Bank eingefädelt haben, sollte eine Treuhandanstalt eigentlich verhindern, doch die nimmt erst einen Tag nach der Wahl ihre Arbeit auf. Drei Tage zuvor hat sie überhaupt erst ein Statut erhalten. Chef der Treuhand wird Peter Moreth, Mitglied der liberalen Blockpartei LDPD (Liberal-Demokratische Partei Deutschlands). Unter Modrow ist er stellvertretender Ministerpräsident und Minister für örtliche Staatsorgane, inklusive der Staatssicherheit. Moreth wird von der Regierung an den Runden Tisch abgeordnet, wo er viele Bürgerrechtler kennenlernt und von der Treuhandidee hört. Am Runden Tisch präsentiert er sich als fairer Vermittler. 6
    Nun soll Moreth die Treuhand aus dem Boden stampfen. Im Wesentlichen rekrutiert er das Personal aus den ehemals SED-dominierten Ministerien für Industrie und Wirtschaft sowie aus der Plankommission. Die Zentrale der neuen Behörde wird in den Räumen des ehemaligen Außenhandelsministeriums gegenüber der sowjetischen Botschaft untergebracht. Der noch amtierende Außenhandelsminister Gerhard Beil stellt dort Räume zur Verfügung. Noch braucht die Treuhand wenig Platz. Sie wird von der Öffentlichkeit kaum beachtet.

    Aus den Wahlen geht überraschend die CDU-Ost als großer Sieger hervor. Sie allein konnte ohne ihre Partner der Allianz für Deutschland über 40 Prozent der Stimmen gewinnen. Die Bürgerrechtsparteien und die SPD werden vernichtend geschlagen. Die PDS erringt mit 16 Prozent mehr Stimmen als alle Parteien der Bürgerrechtsbewegung zusammen und nur fünf Prozent weniger als die SPD. 7 Otto Schily von den Grünen hält stumm eine Banane in die Kameras, als er gefragt wird, warum die DDR-Bürger sich so entschieden hätten. 8 Der West-Berliner Bürgermeister Eberhard Diepgen dagegen jubelt laut: »Das bedeutet das Ende der DDR.«
    Die Aufgabe, die Einheit auszuhandeln und die DDR endgültig abzuschaffen, fällt nun dem CDU-Spitzenkandidaten und Wahlsieger Lothar de Maizière zu.
    De Maizière, seit ein paar Tagen 50 Jahre alt, arbeitet seit 1975 als Anwalt. Seit 1956 ist er Mitglied der CDU, eine der vier Blockparteien in der DDR. Ende 1989 wird er Vorsitzender der Partei. Es gibt einen Gegenkandidaten, aber der will für das Parteiamt seinen Beruf nicht aufgeben. 92 CDU-Mitglieder stimmen für de Maizière, das reicht. 9 Die CDU-Ost hat kurz nach dem Mauerfall keinen großen Zulauf.
    Bei seinem ersten Besuch in Bonn Anfang Januar 1990 steht de Maizière im Regen vor der Tür der Parteizentrale im Konrad-Adenauer-Haus und wartet vergeblich darauf, dass man ihn abholt. Erst Fritz Holzwarth, ehemals Bürochef von Heiner Geißler und jetzt Chef der Abteilung Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik der CDU, wird auf ihn aufmerksam und bittet ihn herein. Bis zu Helmut Kohl dringt de Maizière an diesem Tag zwar nicht vor, aber er kommt mit Holzwarth ins Gespräch. Holzwarth zieht fortan die Strippen in de Maizières Wahlkampf. Er schreibt an dessen Reden mit, stimmt die Strategie ab, sortiert unter den vielen westdeutschen Beratern jene aus, die sich aufdrängen. Holzwarth selber spricht über seine Rolle im Wahlkampfteam von Lothar de Maizière nicht öffentlich. Der westdeutsche Einfluss soll nicht zu deutlich werden.
    Noch am Vorabend des Wahltags können sich weder de Maizière noch Holzwarth vorstellen, dass der CDU-Spitzenkandidat tatsächlich Ministerpräsident der DDR werden könnte. Doch das ist nach dem deutlichen Wahlergebnis unumgänglich. An dem Anwalt führt kein Weg mehr vorbei, auch wenn der Bundeskanzler ihn noch immer nicht ernst zu nehmen scheint. De Maizière mag Kohl ebenfalls nicht. Als der asketische Ostdeutsche Helmut Kohl zum ersten Mal trifft, beobachtet er verwundert, wie der Bundeskanzler zwölf Stück Kuchen verschlingt. 10

    Mit Hilfe von Holzwarth und anderen CDU-Strategen aus dem Westen schmiedet de Maizière Pläne für die Währungsunion und die Einheit. Doch die Koalitionsverhandlungen erweisen sich

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