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Der deutsche Goldrausch

Der deutsche Goldrausch

Titel: Der deutsche Goldrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laabs Dirk
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jedoch nichts mehr.
    Köhler nimmt daher Kontakt zu einem alten Bekannten auf, dem Unternehmer Martin Schlaff aus Wien. Schlaff macht seit den 1980er Jahren Geschäfte mit der DDR. Unter anderem hilft er der SED, das Embargo der NATO-Staaten zu umgehen. Schlaff bietet dem Stasi-Oberst Köhler an, ihn in Wien aufzunehmen. Hier kann er in einem von Schlaffs Unternehmen alles über die Marktwirtschaft lernen. Er soll zu einem Manager ausgebildet werden und später, wenn es die Bedingungen zulassen, in Ostdeutschland oder andernorts ein Unternehmen führen.
    Zwar gibt es in der DDR eine Anordnung, die regelt, was die Kader, die Mitglieder der Stasi und des Militärs, zu tun haben, wenn der »Klassenfeind« die Macht an sich reißt. 40 Im Jahr 1989 werden darüber hinaus Pläne entworfen, die vorsehen, dass die Stasi-Mitarbeiter zivile Firmen gründen sollen, um nach einem Machtwechsel versorgt zu sein und sich in einem neuen Staat etablieren zu können. Doch obwohl Oberst Köhler selbst an diesem Notfallplan mitgearbeitet hat, hält er sich nicht an ihn. Er versucht noch vor der Wahl, ehe der ostdeutsche Staat endgültig verloren ist, seine eigene Existenz zu sichern – wie viele seiner Kollegen aus dem Ministerium für Staatssicherheit auch.
    Oberst Köhler nimmt das Angebot des Unternehmers Martin Schlaff an und fliegt zwei Tage vor der Wahl nach Wien. Von der österreichischen Hauptstadt aus wird er 170 Millionen Mark der DDR, über die verschiedene Firmen des Martin Schlaff verfügen, in ostdeutsche Objekte investieren. 41

Die Lobby
    19. März 1990, Ost-Berlin
    Am Tag nach der Wahl setzen Edgar Most und die Deutsche Bank unbemerkt von der Öffentlichkeit den ersten Punkt ihres Plans um. Most unterschreibt die Gründungsurkunde der Deutschen Kreditbank AG. Acht Tage später beantragt der Vorstand der Deutschen Bank bei der Staatsbank – oder was davon übrig ist –, 49 Prozent der Anteile der neuen Bank zu übernehmen. Die Mehrheit darf Most der Deutschen Bank zu seinem Leidwesen nicht übertragen. Wie von ihm geplant, wurde zuvor eine Befragung der Staatsbank-Mitarbeiter organisiert, nachdem Most der Belegschaft in verschiedenen Ansprachen deutlich gemacht hatte, dass die Neugründung einer privaten Kreditbank ihre Arbeitsplätze sichern würde. Die Bankangestellten stimmten dem Schritt mehrheitlich zu. 1
    Die nächsten Tage verbringen Edgar Most und Mitarbeiter der Deutschen Bank damit, bei der amtierenden sozialistischen DDR-Regierung durchzusetzen, dass die Schulden der Betriebe – fast 200 Milliarden Mark Ost –, die technisch bei der Staatsbank angesammelt sind, nicht auf die Kreditbank übertragen werden. Später geht die DDR-Regierung mit dieser Position tatsächlich in die Verhandlungen mit der Bundesrepublik. Die Deutsche Bank soll in eine Neugründung ohne Altschulden einsteigen können. 2
    In der Öffentlichkeit verrät Edgar Most weiterhin nicht, dass er schon lange mit der Deutschen Bank einig ist. Auf die Frage eines Reporters, ob es eine »kapitalmäßige Verpflichtung zwischen der Deutschen Kreditbank und einer ausländischen oder bundesdeutschen Bank« gebe, antwortet er: »Zum Zeitpunkt der Gründung nicht, aber als Perspektive ist das nicht ausgeschlossen.« 3
    Gut eine Woche später wird diese Perspektive Realität. Edgar Most und der Vorstandssprecher der Deutschen Bank, Hilmar Kopper, verkünden ihren Coup öffentlich. Most notiert: »Es folgte ein Aufschrei. Der Aktienkurs der Deutschen Bank stieg binnen kürzester Zeit.« 4
    Doch nun meldet sich die westdeutsche Konkurrenz. Der West-Berliner Chef der Dresdner Bank, Rudi Puchta, nimmt zu Most Kontakt auf. Er will
für sein Institut ein Stück vom Kuchen abhaben und droht mit dem westdeutschen Kartellamt. Schließlich sei Ostdeutschland die Heimat seiner Bank. Hektische Verhandlungen beginnen.
    Edgar Most hängt eine große Karte der Staatsbank auf und markiert darauf mit blauen und grünen Fähnchen, welche Filialen an die Dresdner und welche an die Deutsche Bank gehen. Puchta soll ein Drittel der Filialen bekommen. Das ist diesem zu wenig. Er will die Hälfte und droht erneut mit dem Kartellamt. Most stellt ihm ein Ultimatum: ein Drittel oder nichts. Schließlich gibt Puchta nach. Kurz vor dem Ablauf des Ultimatums wenige Wochen später schickt er einen Fahrer mit dem Vertrag, den sämtliche Vorstände der Dresdner Bank unterschrieben haben. Das Geschäft ist vollzogen. 5 Beide Banken haben für die Filialen der ostdeutschen

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