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Der deutsche Goldrausch

Der deutsche Goldrausch

Titel: Der deutsche Goldrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laabs Dirk
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Erst kommt das Leben und dann die Paragraphen. Ich entschuldige mich vor dem Gesetzgeber für dieses Wort, aber es ist vielleicht nicht ganz falsch.« 18 Das Protokoll notiert Beifall von CDU, Deutscher Allianz und DSU.
    Rohwedder ist der erste Westdeutsche, der zugibt, dass man einige Gesetze, die die Volkskammer in ihrer kurzen demokratischen Phase erlassen hat, nicht befolgen kann und will, dass man sich einfach über sie hinwegsetzt. Rohwedder gesteht dem Parlament schließlich: »Es ist eine Aufgabe von nahezu furchterregender Dimension.« 19
    Anschließend befragen die Abgeordneten den Treuhandpräsidenten. Rohwedder sitzt dabei ganz am Rand des Plenums, hantiert mit den beiden Brillen, die er bei sich trägt. Er verschränkt, wie er es oft tut, beide Arme vor der Brust und blickt in die Runde. Wolfgang Ullmann erinnert daran, dass seine Gruppe die Idee zur Treuhand gehabt habe; er erwähne das nicht, weil schon wieder Wahlkampf ist; er wolle vielmehr wissen, wann und wie das Volk an seinem Eigentum beteiligt werde. Rohwedder tritt noch einmal ans
Pult und antwortet: »Ich sehe das für eine überschaubare Zukunft überhaupt nicht. Ich glaube, daß die Beanspruchungen der Treuhandanstalt möglicherweise größer sind als die Mittel, die ihr durch Privatisierung und Verkäufe zur Verfügung stehen. Das ist nicht von ungefähr im Gesetz an die dritte Stelle gesetzt worden.« 20 Rohwedder erklärt damit, dass das Volk nicht an dem »Volkseigentum« beteiligt werden wird, weil die Schulden die Einnahmen übersteigen werden. Doch so kurz vor dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik nimmt die Öffentlichkeit das nicht wahr.
    Ullmann hatte darüber hinaus gefragt, warum die Treuhand schon jetzt so ein schlechtes Image in der Öffentlichkeit habe. Auch darauf antwortet Rohwedder: »Ich glaube, sie [die Berichterstattung in den Medien] ist deshalb so ungünstig im Moment, weil die Erwartungen an sie die Wirkungsmöglichkeiten der Anstalt bei weitem übersteigen, sodaß eigentlich fast jedesmal Frustration und Enttäuschung eintreten muß.« 21 Und: »Es kommt ein weiteres hinzu, mein Damen und Herren, was ich hier nicht verschweigen will. Hier wird, was die Treuhandanstalt und die Verfolgung kommerzieller Interessen angeht, nun aber auch wirklich jede Scham beiseite gelegt, und wenn die Treuhandanstalt sich als weniger gefügig als erwartet zeigt, dann ist man ganz schnell dabei, den Journalisten seine Enttäuschung weiterzugeben. Es ist ein bißchen wie im Wilden Westen, und manche Leute nehmen sich gegenüber der Treuhandanstalt Unverschämheiten heraus, die in Westdeutschland schlechthin unmöglich wären. Aber das wird sich ja auch geben.« Vereinzelter Beifall. 22
    Rohwedder antizipiert in der Rede vor der Volkskammer bereits Probleme, die die Treuhand bis zu ihrem Ende beschäftigen werden. Im September 1990 hat er noch die Hoffnung, dass sie gelöst werden können und einige marktwirtschaftliche Träume wahr werden: »Die Beteiligung der DDR-Bürger  – das zum Schluß – an Aktiengesellschaften oder Kapitalgesellschaften ist eine Wunschvorstellung der Treuhandanstalt. Wir haben ja nicht die Idealvorstellung, daß die Betriebe, die Gesellschaften hier in der DDR nun durch die Bank weg Tochtergesellschaften von ausländischen oder westdeutschen Gesellschaftern oder Konzernen werden.« 23 Rohwedder wird mit freundlichem Beifall verabschiedet.
    Am selben Tag wird der Einigungsvertrag in der Volkskammer diskutiert. Werner Schulz stellt dabei fest: »Jetzt wuchert zusammen, was zusammenwachsen sollte. Der Beitritt nach Artikel 23 und der daran gebundene Einigungsvertrag markieren den Kohl-Weg zur deutschen Einheit, aus unserer Sicht ein Holzweg in ein noch nicht überschaubares Sorgental. Wir
haben das Haus nicht in Ordnung gebracht, aber bereits Polterabend und Hochzeit bestellt.« 24 Über den Besuch von Rohwedder sagt er später: »Das ist ja auch einmalig, das kann man eben nur mit so einem Parlament machen, das noch nicht die Regeln so festgelegt hat, wie etwa der Deutsche Bundestag. Es wäre unvorstellbar, dass ein solcher Mann, dass ein Beamter, ein Regierungsangestellter oder jemand aus der Wirtschaft, im Bundestag eine Rede hält.«
    Es ist die letzte Sitzung, die im Palast der Republik abgehalten wird.
    Für ihre letzten Tage muss die Volkskammer in das Ministerratsgebäude umziehen. Der »Palast« ist mit Asbest verseucht. Weitere Sitzungen dort würden gegen die Arbeitsschutzverordnungen der

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