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Der deutsche Goldrausch

Der deutsche Goldrausch

Titel: Der deutsche Goldrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laabs Dirk
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Treuhänder verprügeln.
    Zu seinem Entsetzen entdeckt Scheunert in der ersten Reihe einen Freund. Micha. Sie kennen sich vom Studium, vom Fußballspielen, ihre Frauen sind befreundet. Als sie sich im Flur der Treuhand gegenüberstehen, wird Scheunert klar, »was auf Deutschland zukommt«: »Man muss sich entscheiden, auf welcher Seite man steht. Es wird natürlich Gewinner und Verlierer geben. Es wird Leute geben, die notwendige, aber unangenehme Entscheidungen treffen und umsetzen müssen, damit dieses Land eine Chance
bekommt. Es wird andere geben, die sich festhalten und die versuchen, die Strukturen irgendwie zu erhalten, und einfach kämpfen.«
    Scheunert weiß in diesem Moment, dass er sich richtig entschieden hat: »Ich war mir nicht sicher und das konnte ich auch gar nicht sein, ob die Interflug überlebensfähig ist oder nicht. Ich wusste nicht, ob bei der Entscheidung vielleicht doch eine Rolle spielt, was die Lufthansa will. Aber mir war dennoch klar: Ich bin auf der richtigen Seite. Das hat das Verhältnis zu meinen Freunden in Ost-Berlin natürlich belastet. Die sahen in mir einen Typ, der zu schnell zur anderen Seite übergelaufen war. Das hat mir natürlich schnell den ungeliebten Status eines Kollaborateurs eingebracht. So was macht einen natürlich einsam.« 13
    Und noch etwas anderes wird ihm an diesem Tag im Herbst 1990 klar: Die Treuhandmitarbeiter und der Vorstand sind in dem Bürohaus am Alexanderplatz völlig ungeschützt. Der Pförtner hat die Protestler einfach passieren lassen.
    Ohne Klaus-Peter Wild oder Rohwedder darüber zu unterrichten, trifft sich Scheunert am Abend mit seinem Freund Micha, dem Interflug-Betriebsrat. Er versucht zu erklären, dass Rohwedder und die Treuhand die Entscheidungen nicht allein treffen, dass mehr Wettbewerb langfristig für Ostdeutschland besser ist. Doch bei diesem Gespräch merkt er, dass er sich in der kurzen Zeit seit dem Mauerfall weit von den Freunden entfernt hat. Die haben bereits ein klares Feindbild: Die Westdeutschen sind gekommen, um sie zu zerstören. Und ihr wichtigstes Instrument ist die Treuhand. Zu diesem Zeitpunkt arbeiten offiziell elf Westdeutsche und 368 Ostdeutsche bei der Treuhand. 14
    13. September 1990, Ost-Berlin
    Heute soll der Chef der Treuhand vor der Volkskammer Rechenschaft über die Arbeit seiner Behörde ablegen. Die Abgeordneten reißen noch immer, kurz vor dem Beitritt zur Bundesrepublik, tagtäglich ein enormes Pensum herunter. 31 Tagesordnungspunkte stehen auf dem Programm. 15 Trotzdem wird Rohwedders Rede im Plenum mit Spannung erwartet. Wie bei den Konfrontationen mit Protestlern und Journalisten, die zunehmend zu seinem Alltag gehören, bleibt Detlev Karsten Rohwedder zunächst ruhig und bedacht, doch schließlich bricht seine flapsige Art durch: »Wenn ich einmal ganz speziell den heute in der Presse diskutierten Fall Interhotel herausgreifen darf, meine Damen und Herren, so möchte ich Ihnen sagen, daß die
Treuhandanstalt in dieser Angelegenheit, wie sie meint, die objektiven Interessen der Arbeitnehmer der Interhotel-Gruppe vertritt. Und im übrigen geht es darum, daß die Treuhandanstalt nicht bereit ist, eine oder zwei Milliarden Mark des uns anvertrauten Vermögens einfach durch die Finger gleiten zu lassen. Und die Schlußbemerkung hierzu: Dem Ganzen haftet eine gewisse Zwielichtigkeit und Anrüchigkeit an.« 16
    Rohwedder nimmt sich auch die Lufthansa vor, ohne sie direkt zu erwähnen: »Die Treuhand ist kein Basar, in dem das höchste Angebot über den Kauf entscheidet und sonst nichts … Und es geht nicht darum, nun sehr schnell staatliche Monopole durch marktbeherrschende Unternehmen von außerhalb der DDR zu ersetzen.« 17 Mit Blick auf Europa sagt Rohwedder: »Ich glaube, daß wir … gegenüber der Europäischen Kommission verpflichtet sind, auf eine Durchsichtigkeit und Nachvollziehbarkeit unserer Arbeit besonderen Wert zu legen.«
    Am Ende gesteht der Treuhandpräsident vor dem Parlament seinen Gesetzesbruch ein: Er habe Abstand davon genommen, Treuhandaktiengesellschaften zu gründen, »weil mir klargeworden ist, daß die Entwicklung in der DDR darüber hinweggegangen ist«. Es wäre unendlich schwer geworden, diese »sehr, sehr großen Treuhandaktiengesellschaften personell zu besetzen … Ich bekenne mich also zu der Nichterfüllung des Gesetzes und vertraue mich Ihrer Weisheit an, wie dieses Problem rektifiziert, korrigiert und in Ordnung gebracht werden kann. Ich habe neulich etwas lax gesagt:

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