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Der Dieb der Finsternis

Der Dieb der Finsternis

Titel: Der Dieb der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Doetsch
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die Dunkelheit erzittern.
    Simon und KC sprinteten in Richtung Klippe, während Michael in die entgegengesetzte Richtung davonrannte.
***
    Barabas starrte auf die leeren Zellen der beiden Europäer. Er hatte gleich gewusst, dass er auf das Ritual der morgendlichen Hinrichtung hätte verzichten sollen. Hätte er dem Mann und der Frau doch sofort bei ihrer Ankunft einen Kopfschuss verpasst!
    Barabas versuchte, eine Funkverbindung herzustellen, hörte aber nur atmosphärische Störungen. Er fluchte wild. Jetzt hatten sie kein Licht und keinen Strom mehr, und die tragbaren Funkgeräte streikten ebenfalls. Wenigstens hatte er noch seine altmodische, aber solide Waffe. Das war keine empfindliche Elektronik, sondern zuverlässige Mechanik. Barabas zog den Schlitten zurück, lud durch und durchquerte den Hinrichtungsraum.
    Plötzlich erschütterte eine Explosion das Gebäude. Barabas erschrak. Voller Wut und Entsetzen stürmte er am elektrischen Stuhl und dem Hackbrett vorüber zur Tür.
    Man hatte Barabas fünfzigtausend Dollar gezahlt, damit er dafür sorgte, dass der Mann und die Frau zu Tode kamen. Er hatte die beiden von jemandem übernommen, der als ihr Ankläger und Richter fungiert hatte – von einem Mann, der ihm dreißigtausend Dollar mehr bezahlt hatte, als Barabas normalerweise für solche Aufträge kassierte, weil er ganz sicher sein wollte, dass Barabas schnell und diskret vorging. Barabas stand in dem Ruf, effizient und skrupellos zu sein. Er hatte sich noch nie vor jemandem gefürchtet und hatte noch bei keiner seiner Unternehmungen versagt. Doch der Ankläger und Richter hatte in Barabas ein Gefühl entfacht, das er nicht kannte: Angst. Wenn er nicht dafür sorgte, dass die beiden geflohenen Sträflinge starben, hatte er keinen Zweifel, dass der Ankläger und Richter zurückkommen würde, um ihn, Barabas, zu töten.
    Barabas stürmte aus der Hintertür und blickte sich um. Er sah den kleinen schwarzen Kasten mit den blinkenden Lichtern, der neben der Tür befestigt war, riss ihn von der Wand, warf ihn auf den Boden und zertrampelte ihn mit dem Stiefel. Dann legte er an seinem Funkgerät den Schalter um und lächelte vor sich hin, als das Gerät zu neuem Leben erwachte.
    »Es sind Gefangene ausgebrochen. An alle Wachen: gezielt schießen!«
    Er schaute auf seinen Jeep, der auf dem Hof stand, ein 72er Modell, das noch über keinerlei nennenswerte Elektronik verfügte. Er schwang sich in den Sitz. Als der Wagen auf Anhieb startete, stieß er einen erleichterten Seufzer aus. Er schaltete die Scheinwerfer ein, trat das Gaspedal durch und schoss vom Parkplatz in Richtung der Vorderseite des Gebäudes.
***
    KC und Simon rannten über das offene Gelände vor dem Gefängnis. Simon war schnell, aber KC zog glatt an ihm vorbei. Sie rannte federleicht, mit perfektem Laufstil und ebensolcher Armhaltung, wie ein Schatten in der Nacht. Sie waren umhüllt von Dunkelheit, konnten aber die bläulichen Konturen der Klippe erkennen, die sich vor ihnen auftat. Ganz fest hielten sie ihre kleinen Hilfsschirme in den Händen. Simon schaute sich nicht nach den Türmen und Mauern des Gefängnisses um; er wusste aber so, dass die Kugeln jede Sekunde fliegen würden. Und obwohl die Wachen ihre rennenden Zielscheiben vermutlich nicht sehen konnten, würden sie mit ihren Schnellfeuerwaffen sehr wahrscheinlich ihre Ziele treffen. Simon hatte bereits in der Vergangenheit unter Beschuss gestanden, wusste aber nicht, ob KC je erlebt hatte, wie groß die Furcht war, die man empfand, wenn man einem Kugelhagel ausgesetzt war. Sie war eine hervorragende Diebin, genauso gut wie Michael. Dass man sie beide geschnappt hatte, war nicht KCs Schuld gewesen. Sie waren Opfer von Umständen geworden, die keiner von ihnen hatte voraussehen können.
    Obwohl die Schießerei jeden Moment losbrechen konnte, war ihre jetzige Situation immer noch besser, als in dem grauenhaften Gefängnis zu sitzen, das sich düster und dräuend hinter ihnen erhob. Jetzt hatten sie zumindest eine Chance – eine Chance, die sie Michael verdankten. Simon konnte nur hoffen, dass Michael sich nicht opferte, damit sie überlebten.
    Aber jetzt galt es erst einmal, von diesem verdammten Felsen herunterzukommen.
***
    Im Gefängnis herrschte das Chaos. Die Wachen brüllten zornig, während sie durch die dunklen Korridore stolperten. Einer rief den anderen. Irgendwann stimmten auch die Gefangenen mit ein, weil sie mit einem Mal begriffen, dass einer ihrer Leidensgefährten das sinkende

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