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Der Dienstagabend-Club

Der Dienstagabend-Club

Titel: Der Dienstagabend-Club Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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noch in der Diele. Er hatte zwei Herren bei sich, und alle drei waren in ziemlich gehobener Stimmung. Mr Sanders ließ seine beiden Freunde stehen und kam sofort zu dem Tisch, an dem ich mit Miss Trollope saß. Er bat uns um Rat wegen eines Weihnachtsgeschenks für seine Frau. Es war eine Abendhandtasche.
    ›Meine Damen‹, erklärte er, ›ich bin nur ein rauer Seemann. Was weiß ich schon von diesen Dingen? Ich habe mir drei zur Auswahl schicken lassen und wäre Ihnen für Ihren sachkundigen Rat sehr dankbar.‹
    Wir versicherten ihm natürlich, dass es uns ein Vergnügen sein werde, und er fragte uns, ob es uns etwas ausmache, mit ihm nach oben zu gehen, da seine Frau jede Minute kommen könne und sonst die Taschen sehen würde. Also gingen wir mit ihm hinauf. Niemals werde ich die nächsten Minuten vergessen – mich überläuft jetzt noch eine Gänsehaut.
    Mr Sanders öffnete die Tür zum Schlafzimmer und drehte das Licht an. Ich weiß nicht, wer von uns sie zuerst sah…
    Mrs Sanders lag mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden – tot. Ich war zuerst bei ihr, kniete nieder, nahm ihre Hand und fühlte nach dem Puls, aber es war sinnlos, denn der Arm war schon kalt und steif. Unmittelbar neben ihrem Kopf lag ein mit Sand gefüllter Strumpf – offensichtlich die Waffe, mit der sie niedergeschlagen worden war. Miss Trollope, dieses törichte Geschöpf, stand an der Tür und jammerte zum Steinerweichen. Mit dem Schrei ›Meine Frau, meine Frau!‹ stürzte Mr Sanders an ihre Seite. Ich hinderte ihn daran, sie zu berühren; denn ich war überzeugt, dass er der Täter war, und glaubte, er wolle vielleicht etwas fortnehmen und verstecken.
    ›Es darf nichts angerührt werden‹, erklärte ich. ›Reißen Sie sich zusammen, Mr Sanders. Miss Trollope, bitte gehen Sie nach unten und holen Sie den Geschäftsführer.‹
    Ich selbst verharrte kniend bei der Leiche, da ich nicht die Absicht hatte, Sanders mit ihr allein zu lassen. Allerdings muss ich zugeben, dass der Mann ein wunderbarer Schauspieler war. Er schien bestürzt, verwirrt und über alle Maßen verängstigt.
    Sehr bald erschien der Geschäftsführer. Er inspizierte in aller Eile den ganzen Raum, dann drängte er uns alle hinaus, schloss die Tür ab und nahm den Schlüssel mit, als er ging, um die Polizei anzurufen. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis sie kam (später erfuhren wir, dass die Leitung nicht in Ordnung gewesen war). Der Geschäftsführer musste jemanden zur Post schicken, und das Kurhotel liegt ziemlich weit von der Stadt entfernt, fast am Rande des Moores. Inzwischen fiel Mrs Carpenter uns allen sehr auf die Nerven. Sie war so zufrieden, dass ihre Prophezeiung sich so schnell erfüllt hatte. Sanders lief stöhnend und händeringend in den Garten hinaus, und in seinen Zügen malte sich tiefster Kummer ab.
    Endlich kam die Polizei. Mit dem Geschäftsführer und Mr Sanders gingen sie nach oben, und später ließen sie mich holen. Als ich kam, saß der Inspektor an einem Tisch und schrieb. Er sah intelligent aus und war mir sehr sympathisch.
    ›Miss Jane Marple?‹, fragte er.
    ›Ja.‹
    ›Wie ich höre, gnädige Frau, waren Sie zugegen, als die Leiche gefunden wurde.‹
    Ich bestätigte das und schilderte genau, was vorgefallen war. Ich glaube, der arme Mann war sichtlich erleichtert, dass er jemanden gefunden hatte, der seine Fragen zusammenhängend beantworten konnte, nachdem er sich vorher mit Sanders und Emily Trollope abgequält hatte. Wie ich hörte, war Emily Trollope ja vollständig aus der Fassung geraten – was auch nicht anders zu erwarten war von diesem törichten Geschöpf! Meine liebe Mutter hat mir immer eingeschärft, dass eine Dame sich in der Öffentlichkeit stets zusammennehmen müsse, wie sehr sie sich auch in ihren eigenen vier Wänden gehen lassen mochte.«
    »Ein bewundernswerter Grundsatz«, bemerkte Sir Henry mit ernster Miene.
    »Als ich mit meiner Schilderung zu Ende war, sagte der Inspektor zu mir: ›Vielen Dank, gnädige Frau. Nun muss ich Sie leider bemühen, sich die Leiche noch einmal anzusehen. Hat sie genauso gelegen, als Sie das Zimmer betraten? Ist sie von niemandem berührt worden?‹
    Ich erklärte ihm, dass ich Mr Sanders daran gehindert hätte, und der Inspektor nickte beifällig.
    ›Der Herr scheint furchtbar erregt zu sein‹, bemerkte er.
    ›Das scheint er wohl – ja‹, erwiderte ich.
    Ich glaube nicht, dass ich das Wort ›scheint‹ besonders betont habe. Dennoch warf der Inspektor mir einen

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