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Der Doge, sein Henker und Ich

Der Doge, sein Henker und Ich

Titel: Der Doge, sein Henker und Ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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würden.«
    »Nein, um Himmels willen. Wo denken Sie hin? Unsere Aktion ist geheim, keiner meiner Kollegen weiß, daß ich zu Ihnen gefahren bin. Wir können in aller Ruhe abwarten.«
    »Ruhe ist gut«, sagte Renate.
    Torri drehte ihr sein Gesicht zu. »Haben Sie etwa Angst?«
    »Ja, das habe ich, Signore. Ich habe Furcht vor der unmittelbaren Zukunft.«
    »Weshalb?«
    »Wenn Sie diesen Henker gesehen hätten…«
    »Entschuldigung. Ich hatte vergessen, daß Sie ja eine Zeugin sind. Signorina Collins erwähnte es kurz am Telefon. Was ist Ihnen denn genau widerfahren?«
    Jane Collins gefiel es nicht, daß sie hier die Zeit vertrödelten. »Sollen wir nicht lieber fahren? Wir können das Problem doch auf dem Weg zum Ziel besprechen.«
    Torri nickte ihr zu. »Ja, Sie haben recht, Signorina. Das werden wir auch. Kommen Sie.« Er stand bereits auf, und die beiden Frauen erhoben sich ebenfalls.
    Der Wirt und die Gäste schauten den dreien erleichtert nach, als sie das Lokal verließen.
    Draußen wehte ein kühler Wind durch die Gassen. Er brachte den Geruch von Fäulnis mit. Die Kanäle stanken. Torri schnupperte. »Wenn das Wasser so riecht, dauert es nicht mehr lange, bis wir Regen bekommen. Wahrscheinlich schon morgen.«
    »Dann hoffte ich, alles hinter mir zu haben.«
    Der Commissario schaute Jane an. »Ja, das werden Sie bestimmt, Signorina Collins.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Nur so, kommen Sie. Mein Boot liegt ziemlich weit von hier. Wir werden uns dem Piazza San Marco von der Wasserseite her nähern müssen.«
    Fünf Minuten später standen sie an der Anlegestelle. Das Boot des Kommissars war klein, aber sehr flach gebaut, also auch für höhere Geschwindigkeiten. Am Heck befand sich eine schmale Sitzbank. Dort ließen sich die beiden Frauen nieder. Sie starrten auf den Rücken des Beamten, der bereits nach dem Schlüssel griff.
    »Was haben Sie für ein Gefühl, Jane?«
    Die blonde Engländerin hob die Schultern. »Ich kann es nicht genau sagen. Vielleicht ein gemischtes.«
    »Wieso?«
    Janes Antwort ging im Röhren des Motors unter, als der Kommissar startete und so hart anfuhr, daß der Bug aus dem Wasser stieg und beide Frauen hart gegen die Lehne gedrückt wurden…
    ***
    Da stand er also!
    Auf mich übergroß wirkend, weil er sich auf einer höher gelegenen Stufe aufhielt.
    Line unheimliche Gestalt, ein Relikt aus einer finsteren Vergangenheit, über die man in Venedig lieber schwieg.
    Er starrte mich an, ich schaute ihn an.
    Wir beide wußten, daß wir Todfeinde waren, und ich dachte auch daran, daß ich ihm selbst mit geweihten Silberkugeln nicht beikommen konnte. Sie waren an seinem Körper einfach abgeprallt und als deformierte Geschosse vor seinen Füßen liegengeblieben.
    Er hatte eine wachsame Haltung angenommen. Wie ein Aufpasser, der dafür Sorge tragen sollte, daß niemand es wagte, auch nur einen Fuß auf die Stufen der Treppe zu setzen. Falls sich doch jemand erdreistete, würde der Henker dafür sorgen, daß er starb.
    Er hatte sein Schwert bereits gezogen. Ich mußte ehrlich eingestehen, daß ich mich vor der Klinge fürchtete. Nicht weil er mich damit hätte umbringen können, mir kam es auf das Wie an, denn ich wurde den Eindruck nicht los, daß gerade diese Klinge für die magische Verwandlung des Menschen in einen bleiernen Kcirper sorgte. Das gefiel mir nicht.
    Wenn es zu einem Kampf kam, mußte ich zusehen, daß mich die Klinge nicht erwischte.
    Ich war zwar froh, daß er mich noch nicht angriff, andererseits hätte ich mich gern bewegt, denn das Stehen tat meinem unterkühlten Körper nicht gut. Auch in dieser verdammten Kellerhalle gab es keine wärmende Quelle.
    Den Lichtstrahl hatte ich punktgenau auf das Gesicht des Henkers konzentriert. Zum erstenmal erkannte ich es deutlich und beschrieb es für mich als eine böse Fratze.
    Das Gesicht erinnerte an eine Landkarte. Es war zerfurcht von Rissen und Spalten. Als Quer-und Längsstreifen trafen sie sich, zogen sich auch über den breiten Nasenrücken hinweg, spalteten die Lippen, und ich stellte fest, daß es sich bei dieser Schauergestalt um Blutstreifen handelte.
    Den Kopf schützte der graue Helm. Die Kleidung lag eng am Körper. Sie war dort zerrissen, wo meine Kugeln die Gestalt getroffen hatten. Weshalb er diesen Helm trug, wußte ich nicht. Aber er sah sehr stabil aus und würde auch harten Treffern widerstehen können. Wir hatten uns nur angestarrt. Nichts regte sich im Gesicht des Henkers. Selbst seine Pupillen erinnerten mich

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