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Der Doge, sein Henker und Ich

Der Doge, sein Henker und Ich

Titel: Der Doge, sein Henker und Ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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ihrem Innern, als sie ihre Füße auf das glatte und trotz der Dunkelheit hell schimmernde Steinpflaster setzten.
    Der Innenhof war menschenleer. Nach einer schmalen Treppe, die schnell überwunden war, blieben Jane und Renate stehen, um zu staunen. Besonders begeistert zeigte sich die Deutsche. Sic deutete nach vorn. »Da, sehen Sie die Kuppel. Das ist die Basilika. Ihr Turm ragt sogar über die Mauern.«
    Jane erkannte den kugeligen Schatten ebenfalls, aber sie interessierte sich mehr für den Innenhof, denn sie dachte auch an John Sinclair, den sie hier treffen wollten.
    Er war noch nicht da. Jedenfalls hatte er sich nicht gezeigt. Möglichkeiten, sich zu verstecken, gab es genug. Allein die dunklen Flure unter den Arkadengängen waren wie schwarze Inseln. In zwei Etagen zogen sie sich hin, und die über ihnen liegenden Fenster waren ebenfalls besondere Kunstwerke des Glaserhandwerks. Die Mauern dazwischen zeigten Fresken und Figuren. Symbolhafte Gestalten, fast ein Comic aus Stein, denn viele Kunstwerke erzählten regelrechte Geschichten.
    Breite Portale, verzierte Säulen, Aufgänge zu den Seiten trakten, alles stand miteinander in Verbindung, wenn auch jetzt die Schatten der Dunkelheit darüber lagen und die Konturen verwischten.
    In der Mitte des Innenhofes standen zwei Brunnen. Sie sahen aus wie gewaltige Schalen. Man hatte sie auf Podeste gesetzt, zu denen von allen Seiten Treppenstufen hochführten.
    Uber dem Innenhof lag ein fast ehrfurchtvolles Schweigen. Die dicken Mauern schluckten den Lärm von der Piazza San Marco, und sie hielten auch den Wind ab, so daß sich kaum ein Lüftchen rührte. Torri ging vor. Seine Schritte wirkten in der Stille störend. Nach einigen Metern blieb er stehen und drehte sein Gesicht den wartenden Frauen zu. »Wollen Sie nicht kommen?«
    »Wohin?« fragte Jane.
    »Zu mir. Wir werden am Brunnen warten. Dort können wir uns auch hinsetzen.«
    Dagegen hatte Renate etwas einzuwenden. »Ich würde mich am liebsten hier umschauen…«
    »Nein, Sie bleiben bei mir. Wir sind nicht zum Spaß gekommen. Denken Sie an den Henker und den Dogen.«
    Die Deutsche atmete tiefein. »Iis tut mir leid, aber ich bin so überwältigt, daß ich den eigentlichen Grund vergessen habe.«
    Jane Collins hatte sich bewußt zurückgehalten. Einen besonderen Grund gab es nicht für sie. Im Prinzip hatte Torri auch recht, aber Jane gehörte zu den sehr sensiblen Personen, die stark auf ihr Inneres achteten und auf Gefühle hörten.
    Ihr Gefühl sagte ihr, daß einiges nicht stimmte. Äußerlich war dem nichts anzumerken, aber Gefahren konnten überall lauern. Vor allen Dingen in den dunklen Arkardengängen, wo man kaum die Hand vor Augen sehen konnte.
    Commissario Torri ging weiter. Die Frauen schauten auf seinen durchgereckten Rücken. Der Mann schien keine Furcht zu kennen. Er bewegte sich locker und sicher.
    Sie folgten ihm. Mit Renate konnte Jane über ihre inneren Befürchtungen kaum sprechen. Die Frau war von der Umgebung einfach zu sehr gefangen. Es mußte für sie das Höchste sein, sich auf so historischem Boden zu bewegen.
    Torri schritt auf den ersten Brunnen zu. Drei breite Stufen führten zu dem schalenähnlichen Gefäß hoch. Er lehnte sich an die äußere Kante des Brunnens und schaute den Frauen entgegen.
    »Man hat in die Brunnen schon Blumen eingepflanzt«, sagte die Deutsche.
    »Dazu eignen sie sich auch eher.«
    Torri nickte ihnen zu. »So«, sagte er, »jetzt bleibt uns nichts anderes übrig, als zu warten.« Er schaute auf seine Uhr. »Haben Sie mit John Sinclair eine Zeit ausgemacht?«
    »Nein, das war nicht möglich. Uberlegen Sie mal, John Sinclair hat einen anderen, wesentlich schwierigeren Weg genommen als wir. Er wird zumindest die doppelte Zeit gebrauchen.«
    »Falls er kommt«, schränkte Torri ein.
    Jane krauste die Stirn. »Wie meinen Sie das?«
    Der Commissario lachte kratzig auf. »Der Doge und sein Henker sind verdammt gefährlich.«
    Jane überlegte einen Moment. »Sie sprechen von den beiden, als würden sie Ihnen bekannt sein.«
    »Vielleicht.«
    »Dann waren Sie auch Zeuge?« fragte Renate.
    Sie bekam die Antwort nicht sofort. Torri verließ seinen Platz und schritt die breiten Stufen hinab. Vor der letzten drehte er sich um. Er stand auf dem Fleck wie eine Statue, die Arme fest gegen den Körper gedrückt.
    »Ja, ich war ein Zeuge. Ich habe sie gesehen, und ich bin sicher, daß sie auch kommen werden.«
    »Und Sie leben?«
    Über das dunkle Gesicht huschte ein kaltes

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