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Der Doktor und das liebe Vieh

Der Doktor und das liebe Vieh

Titel: Der Doktor und das liebe Vieh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herriot
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mir noch ein paarmal nachschenken, während wir uns unterhielten. Die Zeit verging wie im Flug. Schon tauchte die Akazie aus dem grauen Licht vor dem Fenster auf, eine Amsel sang ein paar Probetöne, und Farnon goß bedauernd die letzten Tropfen aus der Flasche in sein Glas. Er gähnte und sah auf seine Uhr. »Schon fünf. Wer hätte das gedacht? Aber ich freue mich, daß wir Ihren ersten Fall mit ein paar Drinks gefeiert haben. Es war ein richtiger Fall, stimmt’s?«

Kapitel 5
     
    Zwei und eine halbe Stunde Schlaf waren ziemlich wenig, aber ich zwang mich, um halb acht aufzustehen und gegen acht rasiert und gewaschen unten zu sein. Wider Erwarten frühstückte ich allein. Mrs. Hall servierte mir mit unbewegter Miene eine Portion Rührei und berichtete, mein Chef sei schon vor einiger Zeit losgefahren, um die Autopsie an Lord Hultons Pferd vorzunehmen.
    Ich war noch mit dem letzten Stück Toast beschäftigt, als Farnon ins Zimmer gestürmt kam. Er sah frisch und munter aus und war in bester Laune.
    »Noch was drin in der Kaffeekanne? Ich trinke eine Tasse mit Ihnen.« Er ließ sich krachend auf einen Stuhl fallen. »Also Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen. Die Autopsie hat eine klassische Darmverschlingung ergeben. Da war nichts mehr zu machen. Ich bin froh, daß Sie den armen Kerl kurzerhand umgelegt haben.«
    »Sind Sie meinem Freund Soames begegnet?«
    »O ja, der war natürlich da. Er versuchte ein paar boshafte Bemerkungen über Sie anzubringen, aber er gab es sehr bald auf, als ich ihm erklärte, daß er uns viel zu spät gerufen habe und daß Lord Hulton nicht gerade begeistert sein werde, wenn er hört, wie sein Pferd gelitten hat. Daran kaute er noch, als ich ging.«
    Diese Nachricht trug wesentlich dazu bei, meine Stimmung zu heben. Ich ging zum Schreibtisch und holte den Terminkalender. »Hier sind die für heute vorgemerkten Besuche. Welche soll ich übernehmen?«
    Farnon kritzelte einige Namen auf ein Stück Papier und reichte mir die Liste. »So«, sagte er, »das sind ein paar hübsche unkomplizierte Fälle zum Einarbeiten.«
    Ich war schon an der Tür, als er mich zurückrief. »Oh, ich wollte Sie noch um einen Gefallen bitten. Mein jüngerer Bruder kommt heute von Edinburgh herübergetrampt. Er ist auf dem Veterinärscollege, und gestern war Semesterschluß. Wenn er in der Nähe von Darrowby ist, wird er vermutlich anrufen. Würden Sie dann hinfahren und ihn abholen?«
    »Natürlich. Gern.«
    »Er heißt übrigens Tristan.«
    »Tristan?«
    »Ja. Ich hätte es Ihnen gleich sagen sollen, denn bestimmt haben Sie sich auch über meinen komischen Namen gewundert. Es war mein Vater, der das wollte. Ein großer Wagnerfreund. Die Musik beherrschte nahezu sein Leben – vor allem die von Wagner.«
    »Für Wagner habe ich auch eine kleine Schwäche.«
    »Na ja, Sie brauchten ihn eben nicht morgens, mittags und abends zu hören wie wir. Und dann mit einem Namen wie Siegfried durchs Leben gehen zu müssen. Allerdings, es hätte noch schlimmer sein können – Wotan zum Beispiel.«
    Der erwartete Anruf kam spät am Nachmittag. Die Stimme am anderen Ende klang unheimlich vertraut.
    »Hier spricht Tristan Farnon.«
    »Donnerwetter, der Stimme nach könnte man Sie für Ihren Bruder halten.«
    Ein angenehmes Lachen antwortete mir. »Das sagt jeder... Ach ja, das ist sehr nett von Ihnen. Ich wäre froh, wenn Sie mich abholten. Ich bin im Holly Tree Café an der Great North Road.«
    Die Stimme ließ mich eine jüngere Ausgabe meines Chefs erwarten, aber die kleine Gestalt mit dem Jungengesicht, die auf einem Rucksack hockte, hätte Farnon nicht unähnlicher sein können. Er stand auf, strich sich das dunkle Haar aus der Stirn und hielt mir mit einem charmanten Lächeln die Hand hin.
    »Mußten Sie viel laufen?« fragte ich.
    »Ja, eine ganz schöne Strecke, aber ich brauchte Bewegung. Wir hatten gestern abend eine wilde Party zum Semesterschluß.« Er öffnete die Wagentür und warf seinen Rucksack nach hinten. Als ich den Motor einschaltete, machte er es sich auf dem Beifahrersitz bequem, als wäre es ein luxuriöser Lehnstuhl, zog ein Paket Woodbines heraus, zündete sich mit liebevoller Konzentration eine Zigarette an und inhalierte genießerisch den Rauch. Dann zog er einen Daily Mirror aus der Seitentasche und schlug ihn mit einem Seufzer tiefer Zufriedenheit auf.
    Ich bog von der Autostraße nach Westen ab, und das Donnern des Verkehrs hinter uns wurde schnell leiser. Ich sah zu Tristan hinüber. »Sie

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