Der Dolchstoss
den Platz überqueren müßt.« Wenn sie nicht jeden Morgen auf ihn warten müßtcn, meinte sie damit Ihrer Meinung nach war Trunkenheit bei weitem nicht die einzige Entschuldigung, die er dafür finden könnte, den ganzen Tag im Bett zu bleiben.
»Außerdem«, fügte Elayne hinzu, »könnt Ihr uns so im Auge behalten.« Nynaeve gab einen Laut von sich, der einem Stöhnen nahe kam. Erkannte sie nicht, daß er gelockt werden mußte? Es bedeutete nicht, daß sie ihm tatsächlich erlaubt hätte, sie im Auge zu behalten.
Er schien sie oder Nynaeve jedoch nicht gehört zu haben. Er schaute mit gequältem Blick unmittelbar durch sie hindurch. »Warum mußten sie, verdammt noch mal, jetzt aufhören?« stöhnte er so leise, daß sie ihn kaum hörten. Was, unter dem Licht, meinte er?
»Die Räume wären einem König angemessen, Meister ... Mat. Tylin selbst hat sie ausgewählt, sie liegen unweit ihrer eigenen Räume. Die Königin hat ein sehr persönliches Interesse daran bekundet. Mat, Ihr wollt doch nicht, daß wir Tylin beleidigen, oder?«
Ein Blick in sein Gesicht genügte, daß Elayne eilig die Macht lenkte, um das Fenster zu öffnen und die Waschschüssel auszuschütten. Wenn sie jemals einen Mann erlebt hatte, der im Begriff stand, seinen Magen zu entleeren, dann sah er sie genau in diesem Augenblick an.
»Ich verstehe nicht, warum Ihr solch ein Aufhebens macht.« In Wahrheit wußte sie es vermutlich doch. Einige der Schankmädchen hier ließen sich wahrscheinlich von ihm begrapschen, aber sie bezweifelte, daß es im Palast auch so viele Frauen zulassen würden, wenn überhaupt welche. Er würde seine Nächte auch nicht mehr mit Trinken und Spielen verbringen können. Tylin würde sicherlich kein schlechtes Beispiel für Beslan zulassen. »Wir müssen alle Opfer bringen.« Hier hielt sie mühsam inne und sagte ihm nicht, daß sein Opfer nur klein und lediglich gerechtfertigt war, während ihres gewaltig und ungerechtfertigt war, ungeachtet dessen, was Aviendha behauptete. Nynaeve hatte natürlich gegen jegliches Opfer gewettert.
Er legte den Kopf erneut in die Hände und stieß unterdrückte Laute aus, während seine Schultern bebten. Er lachte! Sie hob die Waschschüssel auf einen Strang Luft und erwog, sie auf ihn zu schleudern. Als er den Blick jedoch wieder hob, wirkte er aus einem unbestimmten Grund zornig. »Opfer?« höhnte er. »Wenn ich Euch auffordern würde, dasselbe Opfer zu bringen, würdet Ihr um Euch schlagen und das Dach über meinem Kopf einstürzen lassen!« War er etwa noch immer betrunken?
Sie beschloß, seinen furchterregenden Blick nicht zu beachten. »Da wir gerade von Eurem Kopf sprechen - wenn ihr Heilung wollt, würde Nynaeve sie Euch gewiß gern gewähren.« Wenn sie jemals ausreichend zornig war, die Macht zu lenken, dann jetzt.
Nynaeve zuckte kurz zusammen und sah sie aus den Augenwinkeln an. »Natürlich«, sagte sie eilig. »Wenn Ihr wollt.« Die Farbe ihrer Wangen bestätigte alle Vermutungen Elaynes über diesen Morgen.
Er höhnte, freundlich wie immer. »Vergeßt meine Kopfschmerzen einfach. Ich komme sehr gut ohne Aes Sedai zurecht.« Und dann, sicher um die Dinge bewußt zu komplizieren, fügte er mit zögernder Stimme hinzu: »Ich danke Euch jedoch für das Angebot.« Es klang fast, als meinte er es ernst!
Elayne hätte beinahe den Mund aufgesperrt. Ihre Kenntnis über Männer war auf Rand und das beschränkt, was Lini und ihre Mutter ihr erzählt hatten. Würde Rand sie genauso verwirren wie Mat Cauthon?
Sie ermahnte sich, daß sie als letztes, bevor sie gingen, ein Versprechen von ihm fordern müßte, daß er unverzüglich zum Palast aufbräche. Nynaeve hatte ihr klargemacht, daß er sein einmal gegebenes Wort hielt, wie widerwillig auch immer, daß er aber, wenn man ihm auch nur eine Lücke ließ, hundert Möglichkeiten fände hindurchzuschlüpfen. Das hatte sie nur zu eifrig betont. Er gab das Versprechen mit freudloser, bedauernder Miene. Oder vielleicht lag es auch nur wieder an seinen Augen. Als sie die Waschschüssel zu seinen Füßen absetzte, wirkte er tatsächlich dankbar. Sie würde kein Mitleid empfinden. Sie würde es nicht tun.
Als sie sich wieder im Gang befanden und die Tür zu Mats Zimmer geschlossen war, reckte Nynaeve eine Faust zur Decke. »Dieser Mann könnte die Geduld eines Steins strapazieren! Ich bin froh, daß er sich selbst um seinen Kopf kümmern will! Hörst du mich?
Froh! Er wird uns Schwierigkeiten machen. Er wird es tun.«
»Ihr beide
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