Der Dolchstoss
zur Mittagszeit in den Händen wahrer Aes Sedai befinden, darauf wette ich.«
»Habt Ihr mich nicht verstanden?« fauchte Nynaeve. »Ich...!«
Herrin Anan hielt nicht einmal inne. »Ihr werdet nicht nur die nächsten Jahre mit Wehklagen verbringen, sondern werdet es auch vor all jenen tun, denen Ihr erzählt habt, daß Ihr Aes Sedai wärt. Seid versichert, daß sie Euch zwingen werden zu gestehen. Sie werden Euch von innen nach außen kehren. Ich sollte Euch weitere Fehler machen lassen oder zum Palast hinüber laufen, sobald Ihr mich freilaßt. Der einzige Grund, warum ich es nicht tue, ist, daß sie genauso an Lord Mat ein Exempel statuieren würden wie an Euch, wenn sie auch nur vermuten, daß er Euch geholfen hat, und wie ich bereits sagte, mag ich den jungen Mann.«
»Ich sage Euch...« Nynaeve versuchte es erneut, aber die Besitzerin des Wirtshauses ließ ihr noch immer keine Gelegenheit, zu Wort zu kommen. Wie ein Paket verschnürt, war die Frau dennoch wie ein einen Berg hinabrollender Felsblock. Sie war wie ein ganzer Bergrutsch, der alles einebnete, was auch immer ihm in den Weg geriet.
»Es nützt nichts, wenn Ihr versucht, die Lügen aufrechtzuerhalten, Nynaeve. Ihr seht aus wie, oh, ungefähr einundzwanzig, also könntet Ihr gut zehn Jahre älter sein, wenn Ihr die verzögerte Alterung bereits erreicht hättet. Ihr könntet sogar die Stola schon vier oder fünf Jahre tragen - wenn nicht eines wäre.« Sie wandte den Kopf, den einzigen Körperteil, den sie bewegen konnte, zu Elayne. »Ihr, Kind, seid nicht alt genug, um schon der verzögerten Alterung zu unterliegen, und keine so junge Frau wie Ihr hat jemals die Stola getragen. In der Geschichte der Burg niemals. Wenn Ihr jemals in der Burg wart, wette ich, daß Ihr Weiß trugt und jedes Mal zusammenschrakt, wenn die Herrin der Novizinnen in Eure Richtung blickte. Ihr habt Euch den Ring von irgend einem Goldschmied anfertigen lassen - einige sind ausreichend töricht, wie ich hörte -, oder vielleicht hat Nynaeve ihn für Euch gestohlen. Wie dem auch sei, da Ihr keine Schwester sein könnt, kann sie ebenfalls keine Schwester sein. Keine Aes Sedai würde mit einer Frau reisen, die diesen Status nur vorgibt.«
Elayne runzelte die Stirn und merkte nicht, daß sie auf ihrer Unterlippe kaute. Langsam. Ganz langsam. Woher hatte eine Wirtin in Ebou Dar solche Kenntnisse? Vielleicht war Setalle Anan als Mädchen zur Burg gegangen, obwohl sie nicht lange dort geblieben wäre, da sie offensichtlich nicht die Macht lenken konnte. Elayne hätte es erkannt, selbst wenn ihre Fähigkeit genauso gering war wie die ihrer Mutter, und Morgase Trakand hatte nur eine solch geringe Fähigkeit besessen, daß sie wahrscheinlich innerhalb von sechs Wochen fortgeschickt worden wäre, wenn sie nicht die Tochter-Erbin gewesen wäre.
»Laß sie los, Nynaeve«, sagte Elayne lächelnd. Sie war der Frau bereits wohler gesonnen. Es mußte schrecklich gewesen sein, diese Reise nach Tar Valon zu unternehmen, nur um wieder fortgeschickt zu werden. Es gab keinen Grund, warum die Frau ihnen glauben mußte - etwas daran gefiel ihr nicht, aber sie konnte es nicht benennen -, überhaupt keinen Grund, aber wenn sie die Reise nach Tar Valon unternommen hatte, würde sie vielleicht tatsächlich über den Mol-Hara-Platz gehen. Merilille, oder jede andere Schwester, konnte ihr den Kopf zurechtrücken.
»Sie loslassen?« keuchte Nynaeve. »Elayne!«
»Laß sie los. Herrin Anan, ich erkenne, daß die einzige Möglichkeit, Euch zu überzeugen...«
»Der Amyrlin-Sitz und drei Sitzende könnten mich nicht überzeugen, Kind.« Licht, ließ sie jemals jemanden einen Satz beenden? »Nun, ich habe keine Zeit für weitere Spiele. Ich kann Euch beiden helfen. Ich kenne jedenfalls jene, die dazu in der Lage sind, einige Frauen, die abgeirrt sind. Ihr habt es Lord Mat zu verdanken, daß ich bereit bin, Euch zu ihnen zu bringen, aber ich muß es wissen. Wart Ihr beide jemals in der Burg, oder seid Ihr Wilde? Und wenn Ihr dort wart - wurdet Ihr fortgeschickt, oder seid Ihr davongelaufen? Die Wahrheit. Sie behandeln jeden Fall anders.«
Elayne zuckte die Achseln. Sie hatten erledigt, weshalb sie hergekommen waren. Sie war nicht bereit, noch mehr Zeit zu verschwenden, sondern wollte mit dem weitermachen, was als nächstes getan werden mußte. »Wenn Ihr Euch nicht überzeugen lassen wollt, dann war das alles. Nynaeve? Es ist Zeit zu gehen.«
Die Stränge um die Wirtin schwanden und das Schimmern um
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