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Der Domino-Killer

Der Domino-Killer

Titel: Der Domino-Killer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Pepper
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zurück.
    Gewalt kann Trauer nicht verschwinden lassen.
    Ich mahnte mich, in die Zukunft zu schauen, ohne meine Vergangenheit ganz aufzugeben, mich aber auch nicht von ihr fesseln zu lassen.
    Ich hörte, wie Mac mich angefleht hatte, als ich in der Herrentoilette des Convention Centers die Chance gehabt hatte, Martin Price zu töten: « Nein, Karin .»
    Ich konnte Price winseln hören: «Bitte. Tu’s nicht.» Weil er am Leben hing.
    Wieder fühlte ich, wie ich damals den Menschen in ihm erkannt hatte. Wie mich das davon abhielt, es zu tun. Ich hatte ihn leben lassen. Nur um dann hier zu enden. Die Familie meines Bruders in Angst und Schrecken, Alan tot und Susanna … und Mac …
    Ich widerstand und widerstand und widerstand meiner Rachsucht. Deshalb war ich nicht hergekommen. Und es stimmte: Christa zu töten, würde nichts ändern.
    Ich zog die Tür auf. Dahinter befand sich eine schmale Kammer, dunkel, mit einer ungewöhnlich hohen Decke. Ein Feldbett stand darin, das Laken darauf zusammengeknüllt, die Matratze darunter dünn und fleckig. Außerdem eine streng riechende Toilette. Ein Regal mit einem wilden Durcheinander von Sexspielzeug, Handschellen und Ketten. Und an der Wand hingen nebeneinandergeklebt verschiedene Fotos: Aufnahmen von den Morden. Gesichter, die ich kannte … die ich liebte.
    Mein Blick suchte hektisch den Raum ab. Wo war Susanna? Gab es Spuren von ihr? Selbst wenn es an diesem grässlichen Ort sein musste, der aus einem Albtraum zu stammen schien … bitte, lass sie mich finden .
    In einer Ecke des Raums: ein Doppelseil, wie man es von Flaschenzügen kennt.
    Hoch oben an der Decke eine große Hängematte, schwer ausgebeult von ihrer Last. Etwas glitzerte im Dunkeln.
    Unter der Matratze eine Pfütze, die immer größer zu werden schien.
    Ein Tropfen fiel von oben in die Pfütze. Und noch einer. Und ein weiterer.
    Ich tastete nach dem Lichtschalter und fand ihn neben der Tür.
    Hatte Angst vor dem Licht.
    Ausgestreckt in der Hängematte – die mit zahnartigen Eisendornen gespickt war – lag Mac mit geöffneten Augen, Arme und Beine von sich gestreckt und blutete überall am Körper aus zahlreichen Wunden. Weil seine Kleidung vollkommen blutdurchtränkt war, konnte man nicht feststellen, wo seine Verletzungen genau waren.
    Mir blieb keine Zeit mehr zu begreifen, was mit ihm geschehen war, weil uns beide plötzlich Dunkelheit umhüllte und die Tür sich gegen meinen Rücken drückte – um mich hier einzuschließen.
    «Nein!»
    Ich warf mich gegen die Tür, drückte meinen gebeugten Ellbogen in den kleinen offenen Spalt. Kämpfte . Der kleine Ausschnitt, der von ihrem Gesicht zu erkennen war, verriet, dass es vor Anstrengung verzogen war, doch ich war mindestens ebenso entschlossen wie sie. Irgendwie hatte ich es plötzlich geschafft, die Pistole in den Spalt zu zwängen. Und irgendwie …
    Ich selbst hörte mein Brüllen nicht. Spürte nicht, wie ich abdrückte. Nahm den Knall der Waffe nicht wahr. Verpasste ihren Aufschrei. Sah nicht, wie sie zu Boden ging, und brachte auch das Blut, das aus ihrem Kopf strömte, nicht mit der Tatsache in Verbindung, das ich sie gerade erschossen hatte.
    Das Einzige, was mir bewusst war, war Mac, der dort oben wie im Flug verharrt hing und blutete, reglos wie ein Schatten und – da war ich ganz sicher – mausetot. Und dass ich Susanna finden musste – an etwas anderes konnte ich nicht denken.

KAPITEL 21
    Ich rannte die beiden Treppenfluchten nach oben.
    Draußen das knirschende Geräusch von Autos. Ich hörte, wie sie parkten. Hörte Türen zuschlagen. Stimmen.
    Das obere Stockwerk des Hauses bestand aus einem Flur, von dem zwei Türen abgingen, beide waren geschlossen. Ich öffnete die linke, tastete nach dem Lichtschalter, Staub tanzte im Schein der Lampe. Ein Doppelbett, mit einem Patchwork-Quilt bedeckt, den man fein säuberlich bis zu den Kissen hochgezogen hatte. Eines der Kissen sah so aus, als ob darauf noch kürzlich jemand geschlafen hätte. Auf dem unteren Ende des Betts lag der blaue Bademantel einer Frau. Eine Haarbürste, ein Handy und ein schwarzes Adressbuch auf einer Kommode mit angeschlagenem Spiegel. Das Schlafzimmer der Eltern.
    Ich ging wieder in den Flur, drehte mich um und öffnete die andere Tür ins zweite Schlafzimmer. Abgesehen von der verblichenen gelben Tapete, sah es aus, als wäre das Zimmer vor nicht allzu langer Zeit neu eingerichtet worden. Ein Bücherregal voller Bilderbücher. Eine bunte Stofftiersammlung in einem

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