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Der Doppelgänger

Der Doppelgänger

Titel: Der Doppelgänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij , Fedor Michajlovic Dostoevskij
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selbst), und es wäre ein alter Lappen als Herrn Goljadkins Nachfolger herausgekommen, ein gemeiner, schmutziger, alter Lappen; aber das wäre kein gewöhnlicher alter Lappen gewesen, sondern ein alter Lappen mit Ehrgefühl, ein alter Lappen mit Begeisterung und Empfindsamkeit, wenn auch mit stummem Ehrgefühl und mit stummer Empfindsamkeit; und wenn auch diese Empfindsamkeit tief in den schmutzigen Falten dieses alten Lappens verborgen gewesen wäre, vorhanden wäre sie doch gewesen.
    Die Stunden dauerten unglaublich lange; endlich schlug es vier. Gleich darauf standen alle auf und begaben sich, dem Vorgange ihres Vorgesetzten folgend, zu sich nach Hause. Herr Goljadkin mischte sich unter den Schwarm; seine Augen waren wachsam und ließen denjenigen, auf den er es abgesehen hatte, nicht aus der Acht. Endlich sah unser Held, daß sein Freund zu den Kanzleidienern hinlief, die die Mäntel austeilten, und nach seiner häßlichen Gewohnheit in Erwartung des seinigen um sie herumschwänzelte. Dies war der entscheidende Augenblick. Herr Goljadkin drängte sich, so gut es ging, durch den Schwarm hindurch und bemühte sich, um nicht zurückzubleiben, ebenfalls um seinen Mantel. Aber demFreunde des Herrn Goljadkin wurde der seinige zuerst gereicht, weil er es auch hier fertig brachte, in seiner Weise sich einzuschmeicheln, den Liebenswürdigen zu spielen, verbindlich zu flüstern und sich unwürdig zu benehmen.
    Nachdem Herr Goljadkin der jüngere seinen Mantel umgeworfen hatte, sah er Herrn Goljadkin den älteren ironisch an, mit der unverhohlenen, dreisten Absicht, ihn zu ärgern; dann blickte er mit der ihm eigenen Frechheit rings um sich, trippelte zu guter Letzt noch einmal bei den andern Beamten umher, wahrscheinlich um einen vorteilhaften Eindruck zu hinterlassen, sagte dem einen ein freundliches Wort, flüsterte einem andern etwas zu, widmete einem dritten eine Respektsbezeigung, spendierte einem vierten ein Lächeln, gab einem fünften die Hand und schlüpfte vergnügt die Treppe hinunter. Herr Goljadkin der ältere eilte hinter ihm her, holte ihn zu seiner größten Freude noch auf der letzten Stufe ein und faßte ihn am Mantelkragen. Herr Goljadkin der jüngere schien ein wenig zu erschrecken und blickte betroffen rings um sich.
    »Wie soll ich das auffassen?« flüsterte er endlich Herrn Goljadkin mit schwacher Stimme zu.
    »Mein Herr, wenn Sie überhaupt ein anständiger Mensch sind, so hoffe ich, Sie werden sich an unsere gestrigen freundschaftlichen Beziehungen erinnern,« sagte unser Held.
    »Ah, ja! Nun also: haben Sie gut geschlafen?«
    Die Wut benahm Herrn Goljadkin dem älteren für einen Augenblick die Sprache.»Ich habe allerdings gut geschlafen ... Aber erlauben Sie mir, Ihnen zu sagen, mein Herr, daß Ihr Spiel gründlich verdorben ist ...«
    »Wer sagt das? Das sagen meine Feinde,« antwortete kurz derjenige, der sich Herr Goljadkin nannte, und befreite sich bei diesen Worten unerwartet aus den schwachen Händen des wirklichen Herrn Goljadkin. Nachdem er sich befreit hatte, eilte er hinaus, blickte um sich, sah eine Droschke, lief zu ihr hin, setzte sich hinein und war im nächsten Augenblicke den Augen Herrn Goljadkins des älteren entschwunden. Verzweifelt und von allen verlassen schaute der Titularrat sich nach allen Seiten um; aber es war keine andere Droschke da. Er machte den Versuch zu laufen; aber die Beine versagten ihm den Dienst. Mit niedergeschlagener Miene und offenem Munde, sich kraftlos zusammenkrümmend, lehnte er sich wie vernichtet an einen Laternenpfahl und blieb so einige Minuten lang auf dem Trottoir stehen. Man konnte glauben, daß es mit Herrn Goljadkin völlig aus sei.

9. Kapitel
     
    Alles, sogar die Natur selbst, schien sich gegen Herrn Goljadkin verschworen zu haben; aber er stand noch auf seinen Füßen und war noch nicht besiegt; er fühlte, daß er nicht besiegt war. Er war bereit, weiter zu kämpfen. Als er nach der ersten Betäubung wieder zur Besinnung kam, rieb er sich mit einem solchen Gefühl der Energie die Hände, daß man schon bei seinem bloßen Anblick zu dem Schlusse kommen konnte, er werde nicht nachgeben.Übrigens war die Gefahr ihm nahe auf den Leib gerückt und offensichtlich geworden; auch dies fühlte Herr Goljadkin; aber wie sollte er ihr begegnen, dieser Gefahr? Das war die Frage. Für einen Augenblick schoß Herrn Goljadkin sogar folgender Gedanke durch den Kopf: »Wie wär's, wenn ich die ganze Sache laufen ließe und einfach verzichtete? Was wäre

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