Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Drachenbeinthron

Der Drachenbeinthron

Titel: Der Drachenbeinthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
Vom Netzwerk:
Simon, wen er vor sich hatte: Er kannte Baron Heahferth als einen ständigen Gast an Elias’ Hof und Kumpan von Graf Fengbald. Der zweite Sprecher lenkte sein graues Ross in die Lücke, durch die Simon und Binabik hindurchstarrten. Erregte weiße Hunde umwimmelten die Pferdehufe.
    Der Mann, der Ingen hieß, war ganz in Schwarz gekleidet, Waffenrock, Hosen und Hemd im selben tristen, stumpfen Ton. Auf denersten Blick hielt man ihn für weißbärtig; dann aber zeigte sich, dass der kurz gestutzte Bart in dem harten Gesicht von so lichtem Gelb war, dass er fast farblos wirkte – so farblos wie die Augen, fahle bleiche Flecken im dunklen Antlitz. Sie mochten blau sein.
    Simon starrte auf die von der schwarzen Kapuze umrahmten kalten Züge, auf den kraftvollen, muskulösen Körper und spürte eine Furcht, die anders war als alles, was er an diesem Tag voller Gefahren erlebt hatte. Wer war dieser Mann? Er sah aus wie ein Rimmersmann, und sein Name war einer aus Rimmersgard; aber er sprach eigenartig, mit einem langsamen, fremd klingenden Akzent, den Simon noch nie gehört hatte.
    »Mein Land endet am Rand des Waldes«, erklärte Heahferth jetzt und trieb sein widerspenstiges Reittier wieder an seinen Platz zurück. Ein halbes Dutzend Männer in leichter Rüstung war nacheinander auf die Lichtung geritten und saß nun wartend auf den Pferden. »Und dort, wo mein Land aufhörte«, fuhr Heahferth fort, »war auch meine Geduld zu Ende. Das alles ist ein schlechter Witz. Überall liegen tote Hunde herum wie Spreu …«
    »Und zwei Gefangene sind entkommen«, schloss Ingen.
    »Gefangene!«, spottete Heahferth. »Ein Junge und ein kleines Mädchen! Glaubt Ihr, das seien die Verräter, hinter denen Elias so eifrig her ist? Glaubt ihr, ein solches Pärchen hätte das fertiggebracht?« Und er deutete mit dem Kopf zum Kadaver des großen Hundes hinüber.
    »Die Hunde haben irgendetwas gejagt.« Ingen Jegger starrte auf den toten Kampfhund hinunter. »Schaut selbst. Seht Euch die Wunden an. Es waren weder Bär noch Wolf, die das getan haben. Es war unsere Beute, und noch ist sie flüchtig. Und nun, dank Eurer Dummheit, sind auch unsere Gefangenen auf der Flucht.«
    »Wie könnt ihr es wagen?«, fuhr Baron Heahferth ihn mit erhobener Stimme an. »Wie könnt Ihr es wagen?! Mit einem Wort könnte ich Euch von Pfeilen starren lassen wie einen stachligen Igel.«
    Ingen sah langsam vom Leichnam des Hundes auf. »Aber das werdet Ihr nicht«, versetzte er gelassen. Heahferths Pferd scheute und bäumte sich auf. Als der Baron es wieder gebändigt hatte, tauschten die beiden Männer einen langen Blick.
    »Oh … also gut«, sagte Heahferth. Seine Stimme klang ganz anders, als er jetzt von dem Schwarzgekleideten wegsah und in den Wald hineinblickte. »Aber was nun?«
    »Die Hunde haben eine Spur«, erklärte Ingen. »Wir werden tun, was wir müssen. Folgt mir.« Er hob das Horn, das an seiner Seite hing, und stieß einmal hinein. Die Hunde, die sich am Rand der Lichtung zusammengedrängt hatten, gaben Laut und rannten dorthin, wo Qantaqa verschwunden war; wortlos ritt Ingen Jegger auf seinem grauen Ross hinterher. Baron Heahferth winkte fluchend seinen Männern und folgte. Keine hundert Herzschläge, und der Wald unter dem Felsen war wieder leer und still. Trotzdem ließ Binabik alle noch eine Weile still liegen, bevor er ihnen erlaubte, herunterzuklettern.
    Unten am Boden untersuchte er rasch das kleine Mädchen, öffnete ihr mit behutsamem, stämmigem Finger die Augen und beugte sich über sie, um ihrem Atem zu lauschen.
    »Sehr schlecht geht es ihr, der Kleinen. Wie ist ihr Name, Malachias?«
    »Leleth«, erwiderte der Junge und betrachtete das blasse Gesicht. »Meine Schwester.«
    »Unsere einzige Hoffnung ist, sie schnell in Geloës Haus zu bringen«, sagte Binabik. »Und dass Qantaqa diese Männer in die Irre führt, damit wir lebendig dorthin kommen.«
    »Was machst du eigentlich hier, Malachias?«, wollte Simon jetzt wissen. »Und wie bist du Heahferth entkommen?«
    Der Junge gab keine Antwort, und als Simon die Frage wiederholte, wandte er den Kopf ab.
    »Diese Fragen sind für später«, erklärte Binabik und stand auf. »Schnelligkeit brauchen wir jetzt. Kannst du dieses Mädchenkind tragen, Simon?«
    »Ich denke schon.«
    »Also los!«
    Sie bahnten sich einen Weg in nordwestlicher Richtung durch den dichten Forst. Die sinkende Sonne stach durch die Äste. Simon fragte den Troll nach dem Mann namens Ingen und seiner merkwürdigen

Weitere Kostenlose Bücher