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Der Drachenbeinthron

Der Drachenbeinthron

Titel: Der Drachenbeinthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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windenden, schnappenden Tiere, stieß mit dem Messer zu, riss es hoch, stieß nochmals zu. Simon, der um das Leben seiner beiden Gefährten fürchtete, riss das Röhrchen vom Boden, wo Binabik es fallen gelassen hatte, und hastete näher. Er sah gerade noch wie der Troll sich aufrichtete, Qantaqa an ihrem dicken, grauen Rückenfell packte und zog. Die beiden Tiere lösten sich voneinander. Beide waren voller Blut. Qantaqa stand langsam auf; sie zog ein Bein nach. Der weiße Hund lag still.
    Binabik kauerte sich nieder, legte der Wölfin den Arm um den Hals und presste seine Stirn an ihre. Simon, sonderbar gerührt, ging an ihnen vorüber auf den Baum zu.
    Die erste Überraschung war, dass dort oben in den Ästen der Weißesche nicht eine Person saß, sondern zwei: ein Junge mit weit geöffneten Augen, auf dem Schoß eine kleinere, stumme Gestalt. Die zweite Überraschung war, dass Simon den Größeren kannte.
    » Du bist es!« Er starrte voller Erstaunen auf das schmutzverkrustete, blutige Gesicht. »Mal … Malachias!«
    Der Knabe sagte nichts, sondern schaute mit einem gequälten Blick zu ihm hinunter, wobei er die kleine Gestalt auf seinem Schoß sanft hin- und herwiegte. Für einen Moment war alles still und fast regungslos, als hätte jemand sogar die Nachmittagssonne über den Bäumen in ihrem Lauf angehalten. Dann zerschmetterte das Gellen eines Horns die Stille.
    »Schnell!«, rief Simon zu Malachias hinauf. »Herunter! Du musst herunterkommen!« Hinter ihm erschien Binabik mit der humpelnden Qantaqa.
    »Jägerhorn, kein Zweifel«, war alles, was er sagte. Malachias, als begreife er endlich, fing an, über den langen Ast auf den Stamm zuzurutschen, wobei er seine kleine Begleiterin sorgsam festhielt. Als er die Gabelung erreicht hatte, zögerte er einen Moment, dann reichte er Simon das schlaffe Bündel hinunter. Es war ein kleines, schwarzhaariges Mädchen, nicht älter als zehn Jahre. Sie bewegte sich nicht; die Augen in dem viel zu bleichen Gesicht waren geschlossen. Als Simon sie auffing, fühlte er etwas Klebriges auf der Vorderseite ihres groben Kleides. Gleich darauf ließ sich auch Malachias vom Ast gleiten, fiel die letzten paar Fuß hinunter, stolperte, kam aber sogleich wieder auf die Füße.
    »Was jetzt?«, fragte Simon und versuchte, das kleine Mädchen an seiner Brust zurechtzusetzen. Irgendwo am Rand der hinter ihnen liegenden Schlucht ertönte wieder das Echo des Horns und jetzt auch das erregte Kläffen weiterer Hunde.
    »Wir können nicht gegen Männer und Hunde kämpfen«, bemerkte der Troll, dessen müdem Gesicht seine Erschöpfung deutlich anzusehen war. »Wir können auch nicht schneller rennen als Pferde. Wir müssen uns verstecken.«
    »Wie?«, fragte Simon. »Die Hunde werden uns riechen.«
    Binabik beugte sich vor und nahm Qantaqas verletzte Pfote in diekleine Hand. Er bog sie vor und zurück. Die Wölfin wehrte sich einen Moment und saß dann schnaufend da, bis der kleine Mann seine Untersuchungen beendet hatte.
    »Schmerzhaft ist es, aber nicht gebrochen«, erklärte er Simon, um sich dann an die Wölfin zu wenden. Malachias hob den Blick von Simons Last und starrte den Troll an. »Chok, Qantaqa«, sagte Binabik, »ummu chok Geloë!«
    Die Wölfin brummte tief in der Brust und sprang dann sofort in nordwestlicher Richtung davon, weg von dem Lärm, der hinter ihnen immer lauter wurde. Sekunden später war sie, das blutige Vorderbein schonend, unter den Bäumen verschwunden.
    »Ich hoffe«, erläuterte Binabik, »dass das Durcheinander von Gerüchen hier«, er deutete auf den Baum, dann auf den davor liegenden riesigen Hund, »sie verwirrt und der Geruch, dem sie dann folgen, der von Qantaqa ist. Ich denke, dass sie meine tapfere Freundin nicht fangen können, selbst wenn sie lahmt – zu schlau ist sie.«
    Simon sah sich um. »Wie ist es mit dort drüben?«, fragte er und deutete auf einen Spalt im Berghang, dessen eine Seite von einem großen, melierten Stein gebildet wurde, der abgebrochen und hingestürzt war, als hätte ein riesiger Keil eine rechteckige Scheibe vom Bergmassiv abgespalten.
    »Nur dass wir nicht wissen, welche Richtung sie einschlagen werden«, erwiderte Binabik. »Wenn sie hier den Berg hinunterkommen, haben wir Glück. Wenn sie weiter hinten absteigen, werden sie genau an diesem Loch vorbeireiten. Das ist zu unsicher.«
    Simon fiel das Denken schwer. Der Lärm der herannahenden Hunde war furchterregend. Hatte Binabik recht? Würde man sie auf der ganzen

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