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Der Drachenbeinthron

Der Drachenbeinthron

Titel: Der Drachenbeinthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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denn schließlich die Entscheidung getroffen, dieses dumme Mädchen von ihrem Baum zu retten?
    »Wenn wir doch ohnehin zu dem Wie-heißt-er-doch-gleich hinüber müssen, warum dann der Aufwand?«, fragte er. »Gehen wir doch einfach los.«
    Der Troll warf ihm einen scharfen Blick zu, nickte jedoch schließlich mit dem Kopf. »Na schön. Ich denke, meiner Freundin Qantaqa wird es auch guttun, wenn sie sich ein wenig die Beine vertritt.« Und zu Marya: »Wölfe sind keine Seeleute, weißt du.«
    Marya starrte Binabik an, als wäre er noch wunderlicher als Simon. Dann brach sie in schallendes Gelächter aus. »Sehr wahr!«, meinte sie und lachte weiter.Das Kanu war tatsächlich federleicht, aber trotzdem nicht einfach durch die Äste und Ranken zu befördern, die ständig daran hängenblieben. Damit sowohl Binabik als auch das Mädchen mittragen konnten, mussten sie das umgekehrte Boot so tief halten, dass das scharfe Heckende ständig gegen Simons Brustbein schlug. Außerdem konnte er beim Gehen die eigenen Füße nicht sehen, was zur Folge hatte, dass er immer wieder im Unterholz stolperte. Durch das Geflecht aus Zweigen und Blättern über ihnen ergoss sich der Regen. Simon, der keine Hand frei hatte, konnte sich nicht einmal die Tropfen abwischen. Das Wasser lief ihm in die Augen. Er war nicht in bester Stimmung.
    »Wie weit ist es eigentlich, Binabik?«, fragte er endlich. »Dieses verdammte Boot wird mir irgendwann die Brust in Stücke schlagen.«
    »Nicht weit, ist meine Hoffnung«, rief der Troll, dessen Stimme unter der Hülle aus gespannter Baumrinde unheimlich widerhallte. »Geloë hat gesagt, der Zufluss und der Aelfwent flössen eine lange Strecke nebeneinanderher und seien nicht mehr als eine Viertelstunde getrennt. Wir sollten bald da sein.«
    »Bald sollte es wirklich so weit sein«, bemerkte Simon grimmig. Marya vor ihm gab einen Laut von sich, von dem Simon sicher war, dass er ihrem Abscheu vor irgendetwas Ausdruck gab. Seinetwegen vielleicht? Er zog ein ungemein finsteres Gesicht, und das rote Haar lag ihm nass und strähnig auf der Stirn.
    Endlich vernahmen sie durch das sanfte Trommeln von Regentropfen auf Laub und Boot ein anderes Geräusch, ein atmendes Rauschen, das Simon an einen Raum voll murmelnder Menschen denken ließ. Qantaqa sprang krachend durch das Unterholz voraus.
    »Ha!«, ächzte Binabik und ließ sein Bootsende sinken. »Seht ihr? Wir haben ihn gefunden. T’si Suhyasei! «
    »Ich dachte, er hieße Aelfwent.« Marya rieb sich die Stelle ihrer Schulter, auf der das Boot gelegen hatte. »Oder sagen das die Trolle immer, wenn sie auf einen Fluss stoßen?«
    Binabik lächelte. »Nein. Es ist ein Sithiname. Schließlich ist das in gewisser Weise ein Sithifluss, denn sie fuhren mit ihren Booten darauf, als Da’ai Chikiza ihre Stadt war. Du solltest das wissen, denn Aelfwent heißt in der alten Sprache von Erkynland ›Sithifluss‹.«
    »Und was bedeutet dann … das, was du gesagt hast?«, fragte Marya.
    »T’si Suhyasei?« Binabik dachte nach. »Das kann man schwer übersetzen. Es heißt ungefähr ›ihr Blut ist kalt‹.«
    »Ihr?«, fragte Simon und kratzte sich mit einem Stock den Lehm von den Stiefeln. »Und wer ist dieses Mal ›ihr‹?«
    »Der Wald«, erwiderte Binabik. »Bei den Sithi ist er weiblich. Kommt jetzt. Ihr könnt euch gleich den Schlamm im Wasser abwaschen.«
    Sie trugen das Boot die Uferböschung hinunter. Dazu mussten sie es durch ein Dickicht aus Katzenschwänzen stoßen, was viele geknickte Stiele zur Folge hatte. Endlich lag der Fluss vor ihnen – eine breite, gesunde Wasserfläche, erheblich größer als der Seezufluss und mit einer sichtlich stärkeren Strömung. Sie mussten das Boot in eine kleine, vom Flusslauf ausgewaschene Furche hinunterlassen; Simon, der Größte von ihnen, stand knietief im seichten Wasser, um das Boot in Empfang zu nehmen. Seine Stiefel wurden dabei allerdings wirklich sauber. Er hielt das tanzende Fahrzeug fest, während Marya und der Troll zuerst die misstrauische Qantaqa über den Rand hoben – ohne dass die Wölfin ihnen dabei behilflich gewesen wäre – und dann selber einstiegen. Simon kletterte als letzter an Bord und nahm seinen Platz im Heck ein.
    »Deine Stellung«, ermahnte Binabik ihn ernst, »bringt eine große Verantwortung mit sich. Bei einer so starken Strömung werden wir nicht viel zu paddeln haben, aber du musst steuern; und rufe, wenn Felsen kommen, damit wir mithelfen können, uns von ihnen

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